Randolf Menzel ist einer der renommiertesten Neurobiologen Deutschlands. Seit Jahren erforscht er die Intelligenz der Bienen. Der Wissenschaftler ist inzwischen überzeugt: „Die Biene weiß, wer sie ist. Sie hat ein Bewusstsein und lernt unheimlich schnell.“
Wo liegt die ergiebigste Blumenwiese? Welche Blütenmuster bieten besonders große Nektarvorräte? Wie viele Bäume muss ich passieren, um zum Ziel zu gelangen? Tatsächlich zeigten Tests, dass die wirbellosen Tiere bewusst Entscheidungen treffen, die gesammelten Informationen im Schlaf abspeichern – und sogar rechnen können.
Bienen können den Stand der Sonne lesen
Bienen orientieren sich sozusagen mit ihrem Sonnenkompass. Wenn eine Biene ihren Stock verlässt, merkt sie sich den Stand der Sonne und das Verhältnis zu ihrer Flugrichtung. Mit diesem Wissen und unter Berücksichtigung der sich ändernden Positionen finden Bienen wieder nach Hause. Dabei nutzen sie außerdem ihren ausgeprägten Zeitsinn. Sie kennen den Zusammenhang von Tageszeit und dem Stand der Sonne, sodass sie immer wieder nach Hause finden.
Bienen merken sich ihre Umgebung ähnlich wie wir Menschen
Bienen verinnerlichen bei ihren ersten Ausflügen zudem ihre Umgebung. Sie merken sich die Bodenstruktur und markante Stellen der Landschaft. Auch das hilft ihnen bei der Orientierung. Zusätzlich erstellen sie eine kognitive Karte ihrer Umwelt, wie Menschen und andere Säugetiere.
Bienen speichern ihr Wissen im Schlaf ab
Ihre Ruhephasen nutzen Bienen, um die gesammelten Sinneseindrücke des Tages abzuspeichern. Dabei verharren sie auf den Waben, lassen Kopf und Fühler sinken, knicken die Beine ein und verlangsamen den Herzschlag. Wie wir Menschen, wenn wir im Schlaf Informationen verarbeiten. Nur mit dem Unterschied eben, dass das Gehirn einer Biene nur einen Kubikmillimeter groß ist. Bienen haben weniger als eine Million Neuronen im Gehirn – Menschen dagegen ganze 86 Milliarden.
Bienen können rechnen
Forschende an der RMIT University in Melbourne haben Bienen sogar mathematische Fähigkeiten nachgewiesen. 20 Arbeiterbienen wurden in einem Labyrinth aus Entscheidungskammern trainiert. Sie sollten Quadrate in unterschiedlichen Farben mit bestimmten Rechenvorgängen in Verbindung zu bringen.
Waren am Eingang einer Entscheidungskammer mehrere gelbe Quadrate angebracht, hatten die Bienen die Aufgabe, jeweils ein Quadrat davon abzuziehen. Befanden sich dort dagegen blaue Quadrate, mussten die Bienen eine Einheit addieren. Die Anzahl der bunten Quadrate reicht dabei von Eins bis Fünf.
Die Bienen mussten darauf eine Entscheidung treffen und einen von zwei Ausgängen wählen. Befand sich am Eingang der Entscheidungskammer ein einziges gelbes Quadrat, war ein leeres Blatt die richtige Antwort. Wählte die Biene den Ausgang mit der korrekten Anzahl von Quadraten, erhielt sie zur Belohnung Zuckerwasser.
Nach 100 Versuchen lag die Trefferquote der Bienen bei 60 bis 70 Prozent. Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen: Das kann kein Zufall sein. Die Bienen seien demnach nicht nach dem Zufallsprinzip vorgegangen. Damit hätten die Tierchen ein besseres Gespür für Zahlen als Kleinkinder. Diese entwickeln erst im Alter von ungefähr vier Jahren ein Gefühl für Zahlen und Mengen.