Mit großen Schwingen zieht er über den Himmel hinweg, ein kleines Bündel in seinem langen roten Schnabel, das er vorsichtig vor einem Haus absetzt – das Bild, wie der Storch ein Baby bringt, kennt jeder. Es wird von Generation zu Generation weitergetragen, taucht in zahlreichen Erzählungen auf und fand selbst in Filme Eingang: So wird der kleine Elefant Dumbo im gleichnamigen Disney-Zeichentrickfilm vom Klapperstorch gebracht.
In Fabeln heißt der Storch Adebar, vom germanischen „auda“, das bedeutet Glück, und „bera“, gebären. Nur: Woher kommt die Vorstellung, dass ausgerechnet dieser Vogel Kinder bringt?
Der Storch als Glücksbringer
Weißstörche galten schon immer als Symbol für Glück. Noch heute werden auf vielen Häusern, vor allem in Norddeutschland, Wagenräder auf den Dächern angebracht, in der Hoffnung, dass sich ein Storch dort ansiedelt und dem Anwesen glückliche Zeiten beschert.
Da Störche Zugvögel sind und den Winter in Afrika verbringen, wurde ihre Rückkehr im Frühjahr mit neu erwachtem Leben assoziiert. Darüber hinaus waten sie oft durchs Wasser, das als Symbol für Fruchtbarkeit und ungeborenes Leben gilt. Fachleute vermuten, dass sich dahinter auch ein subtiler Verweis auf das Fruchtwasser, das das heranwachsende Kind in der Gebärmutter umgibt, verbergen könnte. Vor diesem Hintergrund bildete sich vermutlich die Vorstellung, dass Störche auch menschliches Leben überbringen – ganz eindeutig konnte das bislang nicht geklärt werden.
Das Kuriose: Es gibt tatsächlich Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Störche und der Geburtenrate belegen. Zwischen 1970 und 1985 sank zum Beispiel in Niedersachsen die Zahl der Neugeborenen – und gleichzeitig ging auch die Storchenpopulation zurück. Ernst zu nehmen sind diese Zahlen allerdings nicht, vielmehr wollten Forscher damit aufzeigen, welche vermeintlichen Zusammenhänge Statistiken suggerieren können. Doch noch heute wird das Ergebnis gern und oft zitiert.
Andere Länder, andere Vorstellungen
Volkskundler glauben inzwischen, dass das Bild des kinderbringenden Klapperstorchs in Deutschland erstmals im 18. Jahrhundert auftauchte. Sexualität war ein gesellschaftliches Tabuthema und wurde in der Öffentlichkeit totgeschwiegen.
Statt sie aufzuklären, wanden sich viele Eltern um das Thema herum und erfanden Geschichten. Und auch in anderen Ländern kennt man andere Vorstellungen: In Frankreich zum Beispiel wird Kindern erzählt, die Babys wüchsen in Kohlköpfen heran, während in Ägypten die Geburtsgöttin Heket als Frosch dargestellt wird.