Toiletten gab es bereits bei den Griechen und Römern. Doch erst vor knapp 200 Jahren ging in England das erste WC in Betrieb. Welt der Wunder zeigt den Weg des „Geschäfts“ – von der Kloschüssel durch die Abwasser-Kanäle bis zur Kläranlage.
Toiletten sind für uns heute selbstverständlich. Einfach den Spülknopf betätigen, und schwupp, spült Wasser jeden Dreck weg. Doch bis zur Erfindung des WCs – des Water Closet – war es ein langer Weg. Bevor das erste WC der Welt 1810 in England in Betrieb ging, mussten die Menschen sich ihrer Fäkalien an anderen Örtchen entledigen. Was nicht nur zu bestialischem Gestank, sondern auch zu schlimmen Seuchen führte.
Die Geschichte der Toilette
Die Griechen zählten zu den ersten Völkern der Antike, die vor etwa 2.500 Jahren Toiletten und Abwassersysteme erbauten. Auch die Römer errichteten schon Latrinen. Schwämmchen, Wolle oder Stofffetzen dienten zum Abwischen. Vorbehalten waren diese Klosetts allerdings den Reichen – der Pöbel musste sich im Freien entleeren und reinigte sich anschließend mit Laub oder Sand. „Gethront“ wurde damals nicht alleine. Während man in geselliger Runde die Notdurft verrichtete, wurden wichtige Geschäfte besprochen. Daher stammt wahrscheinlich auch der Ausdruck „ein Geschäft machen“.
Gestank und Seuchen durch Fäkalien auf den Straßen
Nach dem Untergang der antiken Hochkulturen gab es in ganz Europa weder Toiletten noch Abwassersysteme. Im Mittelalter und der Renaissance hatten die Menschen keine andere Möglichkeit, als sich im Freien zu entledigen oder den Inhalt ihrer Nachttöpfe auf die Straße zu kippen. In den Städten stank es dementsprechend bestialisch und die hygienische Situation war katastrophal. Der Bürgermeister von London ließ im 15. Jahrhundert die erste öffentliche Toilette errichten. Fast 130 Menschen fanden hier gleichzeitig Platz. So genannte „Grubenräumer“ schaufelten die flüssigen und festen Exkremente anschließend auf Felder, in Senkgruben, Bäche und Flüsse. Die Cholera griff vor allem unter den Armen, die das völlig verdreckte Flusswasser tranken, um sich. Tausende von Menschen starben. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde den Wissenschaftlern klar, dass man den Seuchen nur Einhalt gebieten kann, indem man Trink- und Abwasser strikt voneinander trennt.
Wo gab es wohl den ersten Lokus? Die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, denn sowohl in einem Palast in Pakistan als auch in der Region Mesopotamien fand man Überreste eines Kanalsystems. Archäologen datieren das Alter der Toilette daher auf etwa 5.000 Jahre.
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Die Redewendung „ein Geschäft machen“ benutzen wir heute noch. Sie findet ihren Ursprung bei den Römern, die stets wichtige Gespräche auf der Toilette führten. Öffentliche Latrinen besaßen keine Trennwände und boten circa 25 Menschen Platz, Großlatrinen hatten sogar Kapazität für bis zu 80 Personen. Der erste Abwasserkanal, die „Cloaca Maxima“ wurde bereits im 6. Jahrhundert vor Chr. in Rom angelegt.
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Das Mittelalter war für die Hygiene ein dunkles Zeitalter: Die Bürger entleerten ihre Nachttöpfe einfach auf der Straße, in Burgen gab es sogenannte Abtritterker. Hier diente ein Loch dazu, dass die Hinterlassenschaften direkt ins Freie fielen. Wohlhabende Menschen beschäftigten deshalb Vorläufer, die sie vor Tretmienen warnten.
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Ähnlich unhygienisch ging es am pompösen Hof von Versailles zu: Von den 2.000 Zimmer diente nur ein einziger Raum als Toilette. Sonnenkönig Ludwig der XIV. (14.) verrichtete seine Notdurft ungeniert auf seinem Leibstuhl.
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1596 installierte der englische Dichter Sir John Harrington in seinem Haus in Kent ein Wasserklosett mit Spülkasten. Damit beeindruckte er sogar das Königshaus: Elisabeth I. adaptierte es für ihr Schloss.
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Auch zwei andere britische
Pioniere halfen dabei, dass die Toilette so wurde, wie wir sie heute kennen: Der Londoner Uhrmacher Alexander Cumming löste die Geruchsproblematik, indem er das s-förmige Abflussrohr erfand. Für einen wichtigen Entwicklungsschritt sorgte auch der Brite Thomas William Twyford, er fertigte 1870 eine Kloschüssel aus Keramik an.
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Für uns gehört es notwendigerweise dazu: das Toilettenpapier. Der Amerikaner Joseph Gayetty war der Erste, der es 1857 kommerziell vertrieb. Die Japaner hingegen schwören auf das Dusch-WC, 1957 kam es auf den Markt. Anders als das Bidet wird es nicht zusätzlich zum Klo benötigt, sondern verbindet die Toiletten- und die Waschfunktion miteinander.
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Am 19. November ist Welttoilettentag. Klingt nach einem lustigen Gedenktag, allerdings hat er einen ernsten Hintergrund: Er soll darauf aufmerksam machen, dass etwa ein Drittel der Weltbevölkerung über keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen verfügen.
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Was viele nicht wissen: Durchschnittlich drei Jahre seines Lebens verbringt jeder Mensch auf dem 00. Diese Bezeichnung kommt übrigens aus dem 19. Jahrhundert, da sich Sanitäranlagen in Hotels in der Nähe von Aufzügen und Treppenhäusern befanden, wurde dort mit der Zählung der Zimmernummern begonnen.
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Viele schämen sich, auf öffentlichen Toiletten zu gehen, die Angst davor heißt „Paruresis“. Umgangssprachlich wird sie auch „schüchterne Blase“ genannt. Die genaue Anzahl, wie viele Menschen unter dieser Phobie leiden, ist nicht bekannt – die meisten Betroffenen schweigen darüber. Männer erkranken häufiger an Paruresis, da Urinale weniger Privatsphäre bieten und dadurch das Schamgefühl verstärken.
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Rund um die Toilette gibt es natürlich auch einige Rekorde: Zwölf Meter hoch ist die größte Kloschüssel, sie steht im baden-württembergischen Hornberg und ist das Markenzeichen einer Bademöbel-Firma. Der Schüsselrand dient als Aussichtsplattform und ermöglicht den Blick auf den Schwarzwald.
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14 Millionen Euro kostete die teuerste Toilette der Welt – oder genauer gesagt des Universums. Nicht das Material macht den hohen Wert aus, sondern eine ausgeklügelte Technologie. Die Rede ist von dem WC auf der Internationalen Raumstation (ISS). Das Besondere: Das System kann aus dem Abwasser und Urin Trinkwasser gewinnen.
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Die höchste Toilette Europas steht auf dem Mont Blanc, inmitten der französischen und italienischen Alpen. Seit 2007 thronen zwei Holzhäuschen auf 4.260 Metern, bei rund 30.000 Bergsteigern pro Jahr eine sinnvolle Installation.
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Der Rekord der längsten Klo-Warteschlange ging 2009 nach Brüssel: Dort reihten sich 756 Menschen vor mehreren mobilen Toiletten auf. Die Aktion des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF sollte auf Trinkwassermangel aufmerksam machen. Inzwischen organisieren viele Städten am Weltwassertag eine ähnliche Aktion. Das Motto: „Stell Dich an! Damit 2,5 Milliarden Menschen nicht mehr warten müssen”. Das Bild zeigt die Veranstaltung in Washington.
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WC und Kanalisation gehören zusammen
Die Idee für ein Wasserklosett hatte der Neffe der englischen Königin Elizabeth I. erstmals 1594. Als er die Konstruktion in einem Buch jedoch vorstellte, wurde er nur ausgelacht. Pläne für ein Abwassersystem gab es seit 1775. Das S-förmige Rohr, das die WCs auch heute noch haben, entwickelte der Engländer Alexander Cummings. Im Jahr 1810 war es dann so weit: Das erste WC der Welt ging in England in Betrieb und die ersten Abwassersysteme entstanden. Die Fäkalien wurden über Rohre direkt in die Flüsse geleitet, was diese bald sterben ließ. Kläranlagen lösten dieses Problem Ende des 19. Jahrhunderts.
Von der Kloschüssel in die Kläranlage
Heute verfügt fast jeder Haushalt in Europa über eine eigene Toilette. Die Wasserklosetts sind an städtische Kanalsysteme angeschlossen. Ein ganzer Trupp von Kanalarbeitern hält die Kanäle der Stadtwerke instand. In der bayerischen Landeshauptstadt München zum Beispiel umfasst das Kanalnetz, das über 35.000 Einstiegsschächte zu erreichen ist, rund 2.300 Kilometer – das entspricht in etwa der zweieinhalbfachen Strecke von Hamburg nach München.
Reinigung mit Schaufel, Hunt und Schleuse
Damit die zig Tonnen von Fäkalien, die Millionen von Menschen in einer modernen Großstadt heute fabrizieren, täglich auf Knopfdruck im Wasserklosett weggespült werden können, müssen die Abwasserkanäle ständig gereinigt werden. Dreck und Geröll lagern sich am Boden des Kanals ab. Um den Unrat zu entfernen, steht den Kanalern ein spezielles Reinigungsgerät zur Verfügung: der Hunt. Der fahrbare Spülschild bewegt sich durch den Wasserdruck vorwärts und schabt den Dreck aus der Röhre. Ein Wasserstrahl schießt gleichzeitig durch eine kleine Öffnung im Schild und löst das Geröll zusätzlich. Wenn sich zu viel Unrat auf dem Kanalboden gesammelt hat, bleibt der Hunt stecken. Dann müssen die Arbeiter zur Schaufel greifen. Eine einfache und effektive Methode, mit der die Kanäle auch gereinigt werden können, sind die Schleusen. Da sich das Wasser hinter den Schleusen staut, schießt es bei deren Öffnung mit gewaltigem Druck durch den Kanal und reißt Dreck und Geröll mit.
Kläranlagen bereiten das Abwasser auf
Nach seinem Weg durch die unzähligen Kanäle landet das Abwasser schließlich im Klärwerk. In einer modernen Kläranlage, wie beispielsweise Gut Großlappen in München, werden täglich 300 Millionen Liter Schmutzwasser gereinigt. Durch eine große Schraube werden die festen Bestandteile, die die Kanalarbeiter mit Hunt, Schaufel und Wasserdruck zuvor aus den Rohren geschwemmt haben, vom Abwasser getrennt. Das Abwasser wird gefiltert und in Klärbecken geleitet, in denen es etwa 17 Stunden lang verbleibt. Hier beginnt die biologische Reinigung: In zwei Stufen vernichten gefräßige Bakterien, die dem Abwasser zugesetzt werden, die restlichen Schmutzpartikel. Der Klärschlamm, der nach der zweiten biologischen Reinigung übrig bleibt, wird in einem Spezialofen bei über 850 Grad Celsius verbrannt. Pro Tag fallen in Gut Großlappen etwa zwölf Tonnen getrockneter Exkremente an, die die Münchner Bürger produziert haben.