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Stilles Örtchen: Wie der Mensch auf die Kloschüssel kam

Foto: iStock / maria esau

Stilles Örtchen: Wie der Mensch auf die Kloschüssel kam

Toiletten gab es bereits bei den Griechen und Römern. Doch erst vor knapp 200 Jahren ging in England das erste WC in Betrieb. Welt der Wunder zeigt den Weg des „Geschäfts“ – von der Kloschüssel durch die Abwasser-Kanäle bis zur Kläranlage.
Toiletten gab es bereits bei den Griechen und Römern. Doch erst vor knapp 200 Jahren ging in England das erste WC in Betrieb. Welt der Wunder zeigt den Weg des „Geschäfts“ – von der Kloschüssel durch die Abwasser-Kanäle bis zur Kläranlage.
Toiletten sind für uns heute selbstverständlich. Einfach den Spülknopf betätigen, und schwupp, spült Wasser jeden Dreck weg. Doch bis zur Erfindung des WCs – des Water Closet – war es ein langer Weg. Bevor das erste WC der Welt 1810 in England in Betrieb ging, mussten die Menschen sich ihrer Fäkalien an anderen Örtchen entledigen. Was nicht nur zu bestialischem Gestank, sondern auch zu schlimmen Seuchen führte.

Die Geschichte der Toilette

Die Griechen zählten zu den ersten Völkern der Antike, die vor etwa 2.500 Jahren Toiletten und Abwassersysteme erbauten. Auch die Römer errichteten schon Latrinen. Schwämmchen, Wolle oder Stofffetzen dienten zum Abwischen. Vorbehalten waren diese Klosetts allerdings den Reichen – der Pöbel musste sich im Freien entleeren und reinigte sich anschließend mit Laub oder Sand. „Gethront“ wurde damals nicht alleine. Während man in geselliger Runde die Notdurft verrichtete, wurden wichtige Geschäfte besprochen. Daher stammt wahrscheinlich auch der Ausdruck „ein Geschäft machen“.

Gestank und Seuchen durch Fäkalien auf den Straßen

Nach dem Untergang der antiken Hochkulturen gab es in ganz Europa weder Toiletten noch Abwassersysteme. Im Mittelalter und der Renaissance hatten die Menschen keine andere Möglichkeit, als sich im Freien zu entledigen oder den Inhalt ihrer Nachttöpfe auf die Straße zu kippen. In den Städten stank es dementsprechend bestialisch und die hygienische Situation war katastrophal. Der Bürgermeister von London ließ im 15. Jahrhundert die erste öffentliche Toilette errichten. Fast 130 Menschen fanden hier gleichzeitig Platz. So genannte „Grubenräumer“ schaufelten die flüssigen und festen Exkremente anschließend auf Felder, in Senkgruben, Bäche und Flüsse. Die Cholera griff vor allem unter den Armen, die das völlig verdreckte Flusswasser tranken, um sich. Tausende von Menschen starben. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde den Wissenschaftlern klar, dass man den Seuchen nur Einhalt gebieten kann, indem man Trink- und Abwasser strikt voneinander trennt.

WC und Kanalisation gehören zusammen

Die Idee für ein Wasserklosett hatte der Neffe der englischen Königin Elizabeth I. erstmals 1594. Als er die Konstruktion in einem Buch jedoch vorstellte, wurde er nur ausgelacht. Pläne für ein Abwassersystem gab es seit 1775. Das S-förmige Rohr, das die WCs auch heute noch haben, entwickelte der Engländer Alexander Cummings. Im Jahr 1810 war es dann so weit: Das erste WC der Welt ging in England in Betrieb und die ersten Abwassersysteme entstanden. Die Fäkalien wurden über Rohre direkt in die Flüsse geleitet, was diese bald sterben ließ. Kläranlagen lösten dieses Problem Ende des 19. Jahrhunderts.

Von der Kloschüssel in die Kläranlage

Heute verfügt fast jeder Haushalt in Europa über eine eigene Toilette. Die Wasserklosetts sind an städtische Kanalsysteme angeschlossen. Ein ganzer Trupp von Kanalarbeitern hält die Kanäle der Stadtwerke instand. In der bayerischen Landeshauptstadt München zum Beispiel umfasst das Kanalnetz, das über 35.000 Einstiegsschächte zu erreichen ist, rund 2.300 Kilometer – das entspricht in etwa der zweieinhalbfachen Strecke von Hamburg nach München.

Reinigung mit Schaufel, Hunt und Schleuse

Damit die zig Tonnen von Fäkalien, die Millionen von Menschen in einer modernen Großstadt heute fabrizieren, täglich auf Knopfdruck im Wasserklosett weggespült werden können, müssen die Abwasserkanäle ständig gereinigt werden. Dreck und Geröll lagern sich am Boden des Kanals ab. Um den Unrat zu entfernen, steht den Kanalern ein spezielles Reinigungsgerät zur Verfügung: der Hunt. Der fahrbare Spülschild bewegt sich durch den Wasserdruck vorwärts und schabt den Dreck aus der Röhre. Ein Wasserstrahl schießt gleichzeitig durch eine kleine Öffnung im Schild und löst das Geröll zusätzlich. Wenn sich zu viel Unrat auf dem Kanalboden gesammelt hat, bleibt der Hunt stecken. Dann müssen die Arbeiter zur Schaufel greifen. Eine einfache und effektive Methode, mit der die Kanäle auch gereinigt werden können, sind die Schleusen. Da sich das Wasser hinter den Schleusen staut, schießt es bei deren Öffnung mit gewaltigem Druck durch den Kanal und reißt Dreck und Geröll mit.

Kläranlagen bereiten das Abwasser auf

Nach seinem Weg durch die unzähligen Kanäle landet das Abwasser schließlich im Klärwerk. In einer modernen Kläranlage, wie beispielsweise Gut Großlappen in München, werden täglich 300 Millionen Liter Schmutzwasser gereinigt. Durch eine große Schraube werden die festen Bestandteile, die die Kanalarbeiter mit Hunt, Schaufel und Wasserdruck zuvor aus den Rohren geschwemmt haben, vom Abwasser getrennt. Das Abwasser wird gefiltert und in Klärbecken geleitet, in denen es etwa 17 Stunden lang verbleibt. Hier beginnt die biologische Reinigung: In zwei Stufen vernichten gefräßige Bakterien, die dem Abwasser zugesetzt werden, die restlichen Schmutzpartikel. Der Klärschlamm, der nach der zweiten biologischen Reinigung übrig bleibt, wird in einem Spezialofen bei über 850 Grad Celsius verbrannt. Pro Tag fallen in Gut Großlappen etwa zwölf Tonnen getrockneter Exkremente an, die die Münchner Bürger produziert haben.
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