Der Terrorismus, der Konflikt in der Ukraine, der Drogenkrieg in Mexiko: Es gibt viele Krisen, die von den Geheimdiensten analysiert werden. Und dann gibt es Abteilungen, die jahrelang nur die Wassertemperatur im Pazifik beobachten. Seit einem Jahr schlagen diese Abteilungen nun Alarm: El Niño ist im Anmarsch …
Vergleichbar mit Hiroshima-Atombomben?
Im Grunde handelt es sich bei El Niño um eine warme Wasserströmung, die alle paar Jahre auf Südamerika zu treibt. Dieses warme Wasser verdrängt das nährstoffreiche, kalte Wasser. Das hat massive Auswirkungen auch über dem Wasser: El Niño bringt rund drei Viertel aller Wettermuster der Erde durcheinander. 1997 und 1998, beim bisher stärksten El Niño seit den Wetteraufzeichnungen, setzte diese Strömung so viel Energie frei wie eine Million Hiroshima-Atombomben.
Doch was die Analysten am meisten fürchten, sind die Folgen, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind: Bürgerkriege. Jeder fünfte bewaffnete Konflikt ist ein direktes Resultat von El Niño. So brach in den El-Niño-Jahren 1963, 1976 und 1983 im Sudan jedes Mal ein Bürgerkrieg aus. „Klimaverschlechterungen verstärken Spannungen bei großer Armut und bei sozialer Ungerechtigkeit“, sagt der Geoforscher Solomon Hsiang von der Columbia University in New York.
35 Millionen Menschen von El Niño betroffen
Von einem El Niño sprechen Wissenschaftler, wenn die Temperatur der Wassermassen vor Südamerika drei Monate lang 0,5 Grad Celsius über dem Durchschnitt liegt. 1997/98 waren es 2,4 Grad Celsius darüber. Heute, im Winter 2015/16, ist das Meer an einigen Stellen sogar sechs Grad Celsius wärmer als sonst. Die Auswirkungen sind bereits zu sehen: In Indonesien brennen wegen Wassermangel die Regenwälder seit Wochen.
Ende Oktober brach der stärkste je gemessene Hurrikan über Mexiko herein. Und Australien erlebte die drittschlimmste Dürre seit Beginn der dortigen Wetteraufzeichnungen. „Wenn dieser El Niño seine volle Stärke erreicht, sind unzählige Überschwemmungen und Erdrutsche sowie jede Menge Chaos zu erwarten“, prophezeit der NASA-Klimatologe Bill Patzert. Insgesamt werden weltweit rund 35 Millionen Menschen von El Niño betroffen sein.