Die drei Buchstaben ESG stehen für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (verantwortungsvolle Unternehmensführung). ESG ist seit einigen Jahren allgemein in der Unternehmenswelt und besonders in der Finanzwelt ein Indikator für Nachhaltigkeit. Im Bericht „Who Cares wins“ der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2004 tauchte diese englische Abkürzung zum ersten Mal auf.
Der Grundgedanke: Wenn die drei Kriterien Umwelt, Soziales, verantwortungsvolle Unternehmensführung berücksichtigt werden, hat dies positive Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft.
Environment, Social, Governance (ESG): Nachhaltigkeit im Fokus
Das Ziel von ESG ist es, Nachhaltigkeit im Denken und Handeln von Wirtschaft und Gesellschaft zu verankern. Doch was bedeutet überhaupt Nachhaltigkeit und woher stammt dieser Begriff? Schon 1713 formulierte Carl von Carlowitz in seinem Buch über die Forstwirtschaft, dass im Wald nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie auch dauerhaft wieder nachwachsen kann. Nachhaltigkeit bedeutet also den verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt, mit den Ressourcen auf der Welt.
Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde ab den 1980er-Jahren sehr populär. Eine Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen beschäftigte sich damit, wie umweltschonende Politik aussehen sollte. Im Brundtland-Report von 1987 findet sich die international bekannte und viel zitierte Definition: Nachhaltig ist eine Entwicklung, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“
ESG-Kriterien im Überblick
Environment (Umwelt)
Das E meint die ökologische Nachhaltigkeit – inwieweit verfolgen Firmen Ziele wie Klimaschutz oder werden erneuerbare Energien eingesetzt? Unter anderem sind folgende Punkte hier wichtig:
- Minimierung der Emissionen
- Auswirkungen der hergestellten und verkauften Produkte auf die Umwelt
- Verantwortungsvoller Umgang mit knappen Ressourcen
- Schutz der Biodiversität
- Ökologisches Verhalten von Lieferanten
Social (Soziales)
Unternehmen sollen ethisch-moralisch und verantwortungsbewusst handeln – die Unternehmenskultur soll diese Sozialverantwortung widerspiegeln. Hierzu zählen Punkte wie:
- Menschenrechte
- Keine Kinder- und Zwangsarbeit
- Chancengleichheit von Männern und Frauen
- Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitsrechte
- Hohe Priorität für Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden
Governance (verantwortungsvolle Unternehmensführung)
Unternehmen sollen sich über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit klar sein. Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung wird hier gefordert. Beispielsweise:
- Verhinderung von Korruption
- Compliance (Einhaltung von Gesetzen und Regeln)
- Verpflichtung zu ethisch korrektem Verhalten
- Angemessene Vergütung der Mitarbeitenden
- Diversität im Vorstand und Aufsichtsrat
Die Vorteile von ESG für Unternehmen
Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung – diese ESG-Grundsätze haben gesamtgesellschaftlich einen hohen Stellenwert. Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende schätzen es, wenn sich Firmen daran halten. Somit können Unternehmen durch umweltverträgliches, soziales, ethisch-moralisch einwandfreies Verhalten punkten – und dadurch Kundinnen und Kunden wie Mitarbeitende an das Unternehmen binden.
Die Einhaltung von ESG-Kriterien liegt demnach absolut im Interesse von Unternehmen: Die ureigensten Ziele – dauerhafte Geschäftstätigkeit und Gewinnerzielung – lassen sich durchaus mit solch einer ESG-Ausrichtung verbinden. Ressourcen schonen beziehungsweise einsparen, verbesserte Kontrollmechanismen, erhöhte Wirtschaftlichkeit können erreicht werden.
Zudem werden neue, innovative Produkte und Dienstleistungen entwickelt, auch und gerade unter Einbeziehung der ESG-Grundsätze, um Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren. Kurzfristiges Denken gemäß Shareholder Value ist Vergangenheit; nachhaltiges, soziales, gleichzeitig dennoch profitables Wirtschaften ist angesagt.
Unternehmen, die sich an ESG-Kriterien orientieren, sind oft in zukunftsträchtigen Wachstumsmärkten unterwegs; beispielsweise Umwelttechnik, Energie, Demografie. Zahlreiche Vorstände sehen als die beiden wichtigsten Vorteile von ESG: steigende Umsätze und erhöhte Arbeitgeber-Attraktivität.
Werden zum Beispiel Treibhausemissionen von Rechenzentren reduziert oder die Diversität im Unternehmen gefördert, sind diese Maßnahmen sowohl umweltpolitisch und sozial zu begrüßen. „ESG verbindet sich mit der Geschäftsstrategie auf eine Weise, die gut für den Planeten, gut für die Menschen und gut für die Gewinne ist“, so Gina Mastantuono, CFO bei ServiceNow.
Kontrolle der ESG-Kriterien
An der Börse notierte Firmen sind seit 2017 verpflichtet, Nachhaltigkeitsberichte zu verfassen. Rating-Agenturen kontrollieren, ob ESG-Kriterien eingehalten werden. Das heißt, es kommt alles zu Umwelt, Sozialem und verantwortungsvoller Unternehmensführung auf den Prüfstand. Mithilfe von ESG-Scores lassen sich Länder und Unternehmen weltweit vergleichen.
Es existieren allerdings unterschiedliche Punktesysteme der verschiedenen Rating-Agenturen, was die Vergleichbarkeit erschwert. Problematisch gestaltet sich auch die Einschätzung zu immateriellen Faktoren wie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Im Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) sind deutsche Unternehmen verzeichnet, die Standards zu Nachhaltigkeit berücksichtigen.
ESG und „Greenwashing“
Im Finanzsektor mehren sich in jüngster Zeit die Vorwürfe, dass bestimmte Finanzanlagen nicht ESG-konform sind, sondern nur einen „grünen Anstrich“ bekommen haben. Beispielsweise geriet die Investmentbank Goldman Sachs in den Verdacht des „Greenwashing“. Nachhaltigkeits-Fonds dieser Bank sollen nicht halten, was sie den Anlegerinnen und Anlegern versprechen. „Greenwashing“ soll laut der Finanzaufsicht Bafin stärker beobachtet und es soll auch dagegen vorgegangen werden. „Wir werden Greenwashing nicht tolerieren“, betonte Thorsten Pötzsch (Bafin, Chef der Wertpapieraufsicht).
Für die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft ist das Konzept der ESG grundsätzlich zu begrüßen. Um die Kriterien einzuhalten, sollte für eine bessere Vergleichbarkeit gesorgt werden. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich zu Recht darauf verlassen möchten, ökologisch, sozial und ethisch bewusst Produkte und Services auszuwählen.