Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Wird Kamala Harris Präsidentin?

Foto: Wikimedia Commons / Gage Skidmore / CC BY-SA 2.0

Wird Kamala Harris Präsidentin?

Lange war sie die zwar talentierte, aber eher blasse Vizepräsidentin unter Joe Biden. Jetzt gilt Kamala Harris als Hoffnungsträgerin der Demokraten für den Wahlsieg. Wer ist die 59-Jährige, die jetzt einen beispiellosen Popularitätsschub genießt – und in rund zwei Wochen Spendengelder von über 300 Millionen US-Dollar einsammeln konnte? Und hat sie eine Chance, Donald Trump zu schlagen?

Kamala Harris für Anfänger: der Werdegang der potenziellen Nachfolgerin von Joe Biden

Kamala Harris ist ehemalige Staatsanwältin und die derzeit 49. Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten. Sie wurde von Joe Biden als seine Nachfolgerin vorgeschlagen, als dieser am 21. Juli 2024 seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit bekannt gab. Harris wurde am 20. Oktober 1964 im kalifornischen Oakland geboren. Ihre Mutter, Shyamala Gopalan, stammte aus Indien und war Krebsforscherin. Ihr Vater, Donald Harris, kommt aus Jamaika und ist Wirtschaftswissenschaftler.

Harris studierte Politikwissenschaft und Wirtschaft an der Howard University in Washington, D.C. Anschließend erhielt sie an der University of California (UC) Hastings College of the Law in San Francisco das Berufsdoktorat „Doctor of Law“. Ein Berufsdoktorat ist ein Doktortitel, der z. B. in den USA und Österreich nach einem erfolgreich abgeschlossenen Diplomstudium verliehen wird und für den keine Promotion nötig ist.

Nach ihrem Abschluss begann Harris ihre Karriere als stellvertretende Staatsanwältin im Bezirk Alameda in Kalifornien. Sie war bis 2010 Bezirksstaatsanwältin von San Francisco. 2010 wurde sie zur Generalstaatsanwältin von Kalifornien gewählt und 2014 wiedergewählt.

2016 wurde Harris als erste indisch-amerikanische und zweite afroamerikanische Frau in den US-Senat berufen. Im Jahr 2020 nominierte Joe Biden als Vizepräsidentschaftskandidatin. Nach dem Sieg der Demokraten bei den Präsidentschaftswahlen im November 2020 wurde Harris am 20. Januar 2021 als erste Frau, erste afroamerikanische und erste asiatisch-amerikanische Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten vereidigt.

Harris war als Vizepräsidentin eher unbeliebt – warum?

Kamala Harris hatte in den letzten Jahren ein Imageproblem und kämpfte mit niedrigen Zustimmungswerten, die noch unter denen von Präsident Biden lagen. Harris’ Verteidiger führten dies auf die Stimmungsmache rechtsgerichteter Medien zurück, die das Image von Harris beschädigten. Aber auch innerhalb ihrer eigenen Partei hatte Harris Schwierigkeiten.

Harris konnte sich in ihren bisherigen Aufgaben als Vizepräsidentin, insbesondere in der Flüchtlingskrise in den USA und bei der Wahlrechtsreform, nicht profilieren. Genauso wenig gelang es ihr, eine klare politische Linie zu etablieren. Auch in Interviews und öffentlichen Auftritten konnte Harris nicht ein sympathisches Image aufbauen oder durch besondere politische Leistungen glänzen. Auch die Tatsache, dass sie sich während ihrer Amtszeit als Generalstaatsanwältin von Kalifornien für den Verbraucherschutz, den Kampf gegen den Klimawandel, die Ehe für alle und die Reform der Strafjustiz einsetzte, diente ihr nicht als Sprungbrett.

Zudem wird kritisiert, dass Präsident Biden sie nicht aktiv in die Regierungsarbeit einband. Dies stand im klaren Gegensatz zu der starken Kooperation zwischen Präsident Obama und Biden als seinem Vizepräsidenten. Insgesamt enttäuschte Harris lange Zeit die hochgesteckten Erwartungen an die erste schwarze Frau im Vizepräsidentenamt. Ein Umbruch deutete sich an, als Harris begann, sich entschieden für das Recht auf Abtreibung einzusetzen.

Warum gilt Harris jetzt dennoch als Hoffnung der Demokraten?

Die Entscheidung von Joe Biden, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren und Harris als seine Nachfolgerin zu nominieren, löste einen regelrechten Hype um Harris als Präsidentschaftskandidatin aus. Dies kam für viele überraschend, ist aber auf die ausgeklügelte Strategie von Harris und ihrem Wahlkampfteam zurückzuführen:

  • Harris ging sofort in die Offensive gegen Trump und bewies damit ihr in ihrer Zeit als Staatsanwältin geschultes Talent für temperamentvolle Rhetorik. Biden hingegen, der seit seiner Kindheit mit einem Stotterproblem zu kämpfen hat, wurde oft für sein mangelndes Kommunikationstalent kritisiert.
  • Darüber hinaus gelingt es Kamala Harris allmählich, ihr politisches Profil zu schärfen, indem sie sich für das Recht der Frauen auf Abtreibung einsetzt – ein Thema, mit dem sich der strenge Katholik Biden bis heute schwer tut.
  • Afroamerikaner gelten als die größte und treueste Anhängerschaft der Demokraten. Joe Biden hat in den letzten Jahren bei ihnen immer mehr an Popularität verloren.
  • Die 59-jährige Harris hat einen besseren Draht zur Jugend und laut dem Super Tuesday Poll den höchsten Zuspruch der Generationen Y und Z.
  • In den sozialen Netzwerken ist Harris sehr aktiv. Inzwischen hat sie auch einen persönlichen TikTok-Account, der aktuell 4,1 Millionen Follower zählt. Damit scheint sie den Nerv der jüngeren Wähler zu treffen – so wird Harris von ihren Fans als Teil der rebellischen, feministischen „Brat“-Bewegung akzeptiert. „Brat“ lässt sich auf Deutsch etwa als „Göre“ übersetzen.

Wird Kamala Harris Präsidentin werden?

Zweifellos hat Harris frischen Wind in den Präsidentschaftswahlkampf gebracht. Joe Biden hatte sowohl bei den Wählern als auch in seiner Partei zunehmend an Rückhalt verloren. Nicht nur wegen seines sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustandes. Zudem hatte er mit seiner eher konservativen und besonnenen Art den öffentlichkeitswirksamen Tiraden seines Konkurrenten Donald Trump oft wenig entgegenzusetzen.

Allerdings kann Hype auch kurzlebig sein – wie im Fall von Donald Trumps kürzlich gewähltem Vize J. D. Vance. Man kann nur hoffen, dass es Harris nicht ähnlich ergeht. Wenn es ihr gelingt, Trumps bekannte aggressive, unberechenbare Art effektiv als viel Show mit wenig Substanz zu entlarven, könnte Kamala Harris durchaus eine langfristige Chance haben. Mit ihrer aktuellen Strategie, Trump und seinen Vize als „weird“ (seltsam, schräg) abzutun, dürfte es allerdings auf lange Sicht nicht getan sein.

Nun wird das erste TV-Duell zwischen Harris und Trump mit Spannung erwartet. Dieses soll Anfang September stattfinden. Über das genaue Datum sowie den Sender (ABC oder den Trump-freundlichen Sender Fox) sind beide Kandidaten jedoch noch uneins.

Welt der Wunder - Die App

Kostenfrei
Ansehen