Geheimbünde sind mächtig
„Die Geschichte der Welt ist die Geschichte der Kriege zwischen Geheimbünden.“ Dieses Zitat aus dem Klassiker aller Weltverschwörungsromane „Illuminatus“ von Robert A. Wilson ist zwar eine extreme Zuspitzung und der Roman darüber hinaus komplett fiktional – doch sollte man daraus nicht fälschlicherweise die Tatsache ableiten, dass Geheimbünde keinerlei Einfluss auf die Weltgeschichte haben. Im Gegenteil: Immer wieder agierten Geheimgesellschaften als Strippenzieher der Weltgeschichte – mal mehr und mal weniger offensichtlich, aber meist äußerst effizient.
Haben Freimaurer die USA gegründet?
Vor allen anderen Staaten gelten die USA als Nation der Freimaurer – und das zu Recht. Ein Blick in die Gründungszeit der Vereinigten Staaten genügt, um diesen Mythos zu bestätigen: Nicht nur George Washington, Anführer der Kontinentalarmee im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und erster US-Präsident, war Freimaurer. Auch Politiker wie Benjamin Franklin und Andrew Jackson, welche die USA nach der Unabhängigkeit maßgeblich prägten, gehörten der Geheimgesellschaft an. Und 50 von 56 Unterzeichnern der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung – quasi die Gründungsurkunde der USA – waren ebenfalls Mitglieder von Freimaurerlogen.
Ideale aus der Zeit der Aufklärung
Die enge Verbindung zwischen einer der ersten neuzeitlichen Demokratien der Welt und dem Freimaurertum sollte aber nicht verwundern: Die Freimaurerei sieht sich selbst als gelebten Humanismus im Geiste der Aufklärung – Ideale, welche auch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung maßgeblich geprägt haben.
Die Tempelritter: Europas heimliche Herrscher?
Gegründet nach dem ersten Kreuzzug um das Jahr 1120 herum, sollte der Orden der Tempelritter ursprünglich dazu dienen, Pilger auf ihrem Weg in die heilige Stadt Jerusalem zu begleiten und vor Räubern zu schützen. Schnell wurde aus den kämpfenden Mönchen eine militärische Eliteeinheit, die bei den folgenden Kreuzzügen für die christlichen Eroberer stritt. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurde der Orden zunehmend mit Ländereien beschenkt – und auch die finanziellen Geschäfte der Templer nahmen immer mehr zu. Spätestens zu Beginn des 13. Jahrhunderts war aus den einstigen „Mönchsrittern“ eine eigenständige Macht in Europa geworden, die als Bank für Könige und Hochadel fungierte und über 900 Burgen und um die 9.000 Besitzungen ihr Eigen nannte. Die Templer bildeten zudem das größte stehende Heer in Europa und unterstanden direkt dem Papst, womit sie eine latente Gefahr für alle europäischen Herrscher darstellten.
Der Niedergang des Ordens
Die Gründe für die Zerschlagung des Ordens sind vor diesem Hintergrund naheliegend: Wurden die Tempelritter offiziell der Ketzerei und Sodomie bezichtigt, so standen hinter der Anklage in Wirklichkeit finanzielle und machtpolitische Interessen. Der französische König Phillip IV. – selbst bei den Tempelrittern hoch verschuldet – setzte den damals in Frankreich residierenden Papst Clemens V. unter Druck, um eine Zerschlagung des Ordens zu erreichen. Im Jahr 1312 löste der Papst den Templerorden dann auf, sämtliche Güter gingen auf die Johanniter über.
Stecken die Illuminaten hinter der französischen Revolution?
Sie ist wohl die bekannteste Revolte der Welt: die Französische Revolution von 1789. Der gängigen Lehrmeinung nach wurde sie vor allem durch die Unterdrückung niederer Bevölkerungsschichten, durch Missernten und dem diesbezüglich mangelnden Krisenmanagement des Königs sowie durch die Verbreitung der Ideale der Aufklärung ausgelöst. Es gibt aber noch eine andere Theorie – diese besagt, dass der Geheimbund der Illuminaten für den Volksaufstand in Frankreich verantwortlich war.
War der Geheimbund gar nicht so geheim?
Drei Argumente bringen Verfechter der Theorie an, um die Verstrickung der Illuminaten in die Französische Revolution zu belegen: Die bedeutendsten Führer der Französischen Revolution gehörten fast alle dem Geheimbund der Freimaurer an. In Frankreich existierte zur Zeit der Revolution eine kleine Geheimgesellschaft mit dem Namen „Les Illuminés“ („Die Erleuchteten“), die den Illuminaten angeblich nicht nur dem Namen nach nahestanden. Der Journalist und Verleger Johann Joachim Christoph Bode (Bild), seines Zeichens einflussreicher deutscher Freimaurer und Illuminat, weilte kurz vor Beginn der Revolution in Frankreich.
Revolte der Historiker
Viele Historiker wehren sich allerdings seit langem gegen die These der von den Illuminaten initiierten Revolution in Frankreich. Wenngleich der ursprünglich aus Bayern stammende Geheimbund für eine radikale Durchsetzung der Ideale der Aufklärung stand und in den 1780er Jahren zeitweise relativ großen Einfluss im deutschsprachigen Raum besaß, so war er ihrer Meinung nach dennoch weit davon entfernt, derart große gesellschaftliche Veränderungen zu initiieren. Der abschließende Beweis für oder gegen eine Einflussnahme des bayerischen Geheimordens steht aber nach wie vor aus.
Steuert ein Geheimbund die Regierungsgeschäfte der USA?
Als im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft 2004 enthüllt wurde, dass sowohl der republikanische Kandidat George W. Bush (links) als auch sein demokratischer Widersacher John Kerry (rechts) während ihrer Studienzeit an der US-Universität Yale Mitglied des gleichen Geheimbundes waren, war die öffentliche Irritation groß: Was genau steckt hinter dieser ominösen Geheimgesellschaft, die sich den martialischen Namen „Skull and Bones“ (Schädel und Knochen) verpasst hat? Und was bedeutet es für die USA, wenn vermeintlich gegnerische Politiker aus ein und demselben elitären Zirkel stammen?
Skulls and Bones: Nazi-Schergen?
Zwar sind viele Dinge rund um Skull and Bones unklar – von möglichen Verbindungen zu Nazi-Deutschland während des zweiten Weltkriegs über die Rolle der CIA in der Geheimorganisation bis hin zu okkulten, satanistischen Ritualen –, aber allein der Fakt, dass drei gewählte US-Präsidenten sowie etliche Präsidentschaftskandidaten, Senatoren und Minister der USA Mitglied von Skull and Bones waren, lässt den Geheimbund in einem unheimlichen Licht erscheinen: Welche Interessen verfolgt die Organisation? Wie beeinflusst sie ihre Mitglieder? Solange diese Fragen unbeantwortet sind, bleibt zumindest der Beigeschmack, dass manche US-Politiker nicht unbedingt primär den Interessen ihrer Wähler verpflichtet sind.
Sicherte Opus Dei den Machterhalt der spanischen Faschisten?
Das faschistische Regime in Spanien stand am Ende der 1950er Jahre vor dem Aus; die Autarkiepolitik des Systems, die Spanien möglichst unabhängig von anderen Nationen machen sollte, führte das Land an den wirtschaftlichen Abgrund. Die Rettung kam von Seiten der Katholiken – allerdings nicht in offizieller Form durch den Vatikan, sondern durch die Laienorganisation Opus Dei. Die verschwiegene Gruppe gilt bis heute als stark rechtskonservativ, ihr werden unter anderem Verbindungen zum ehemaligen chinesischen Diktator Pinochet nachgesagt. In Spanien engagierte sich die Gruppe für eine Art konservativer Modernisierung: Das Land sollte wirtschaftlich in Schwung gebracht werden, ohne aber das System des Franquismus ideologisch in Frage zu stellen. Dazu sollten einflussreiche Posten ins Francos Regime mit Opus-Dei-Anhängern besetzt werden.
Das „spanische Wirtschaftswunder“
Der Plan war erfolgreich: Das „spanische Wirtschaftswunder“ der 1960er Jahre geht im Wesentlichen auf den wirtschaftsliberalen Einfluss des Opus Dei zurück. Und der Einfluss der Organisation wuchs bis in die 1970er Jahre immer weiter, zum Höhepunkt ihrer Macht waren elf von 18 Ministern der spanischen Regierung Anhänger oder zumindest Sympathisanten der konservativen Katholiken. Erst der Tod ihres Protektors Carrero Blanco (Bild) im Jahr 1973 nahm der Organisation ihre Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die spanische Politik im weitestgehend.
Hat ein Geheimbund Italiens Rechtsruck gesteuert?
Italien gehörte nach dem zweiten Weltkrieg zwar zu den westlich orientierten Staaten Europas und trat dem Verteidigungsbündnis NATO bei; gleichzeitig konnten aber die italienischen Kommunisten durch ihre von Moskau unabhängige Politik des Eurokommunismus über lange Jahre große Wahlerfolge feiern. Dass dies nicht im Interesse der NATO war, scheint naheliegend – als aber im Laufe der 1980er und 1990er Jahre enthüllt wurde, wie das westliche Verteidigungsbündnis in Kooperation mit dem italienischen Militärgeheimdienst SISMI und der CIA darauf reagierte, machte sich Entsetzen breit: Durch die Unterstützung von Neofaschisten und der Geheimloge Propaganda Due (P2). Diese verübten zwischen den 1960er und 1980er Jahren terroristische Attentate und Morde, die durch gezielte Falschinformation italienischen Linksextremisten wie den Roten Brigaden (BR) angehängt wurden. Auf diesem Weg sollte der italienischen Linken der Rückhalt in der Bevölkerung entzogen und ein politischer Rechtsruck initiiert werden.
Kontrolle über die Masse
Die Geheimloge P2 – eine ehemalige Freimaurerloge, die aber in den 1970er Jahren verstoßen wurde – spielte eine zentrale Rolle bei der Verschwörung. Sie heuerte Attentäter an, finanzierte und bewaffnete diese und war darüber hinaus durch einige Mitglieder sogar direkt an Anschlägen und Morden beteiligt. Es erscheint irrwitzig, dass staatliche und überstaatliche Organisationen wie SISMI, NATO und CIA mit radikalen Neofaschisten wie der Ordine Nuovo und einer kriminellen Geheimorganisation wie der P2 zusammenarbeiten, um Angst und Misstrauen in der Bevölkerung zu streuen – aber genau das geschah im Italien des Kalten Krieges. Im Nachhinein wurde dafür ein Begriff entwickelt, der bis heute für Destabilisierung und Verunsicherung von Bevölkerungsteilen, Regionen oder ganzen Ländern durch staatliche Organe verwendet wird: „Strategie der Spannung“. Das Bild zeigt die Verwüstung durch den „False-Flag“-Bombenanschlag in Bologna 1980, ausgeübt von den Neofaschisten des Ordine Nuovo.
Hat die Mafia Kennedy zum Präsidenten gemacht?
Als John F. Kennedy im Jahr 1960 als 35. Präsident der USA vereidigt wurde, kam dies für viele Wahlbeobachter einer Sensation gleich. Kennedy hatte den lange Zeit als Favoriten gehandelten Republikaner Richard Nixon mit lediglich rund 115.000 Stimmen Vorsprung besiegt. Einer der entscheidenden Staaten für Kennedys Wahlsieg war Illinois; hier brachte Chicago die entscheidenden Stimmen für den Demokraten. Dass gerade die Stadt, die damals als eine der Mafiahochburgen der USA galt, wahlentscheidend war, scheint kein Zufall gewesen zu sein: Die Mafia hatte hier traditionell große Nähe zu den Gewerkschaften, die wiederumstarken Einfluss auf die Wahlentscheidungen ihrer Mitglieder nehmen konnten. Nach der Wahl wurden auch tatsächlich zahlreiche Unregelmäßigkeiten aufgedeckt; für den Nachweis einer Wahlmanipulation reichten die Indizien aber nicht. Dennoch hat Kennedys Präsidentschaft dadurch den Makel bekommen, von der Mafia erkauft worden zu sein – der Gegenbeweis wurde niemals erbracht.
Machte das Freimaurertum Preußen zur europäischen Großmacht?
Der Aufstieg Preußens vom Bauernstaat zur Großmacht vollzog sich in einem atemberaubenden Tempo: War das Land noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts finanziell angeschlagen und international weitgehend unbedeutend, so hatte der Hohenzollernstaat noch vor Ende des gleichen Jahrhunderts den Status einer europäischen Großmacht inne. Maßgeblichen Einfluss auf diese Entwicklung hatte vor allem der preußische König Friedrich II. Was vielen Menschen nicht bekannt ist: Friedrich II. – später auch „Friedrich der Große“ genannt – war bekennender Freimaurer und spielte eine entscheidende Rolle für die Verbreitung der Freimaurerei: Er trat als Schutzherr der in Deutschland noch jungen Geheimgesellschaft auf und förderte unermüdlich die Gründung neuer Logen und Großlogen in seinem Königreich.
Mehr Freiheiten unter Friedrich II.
Die Freimaurerei hat Friedrich II. (Bild) demnach viel zu verdanken – doch welche Vorteile zog der Preußenkönig aus der Geheimgesellschaft? Die Antwort: den Einfluss freimaurerischer Ideale auf seine Herrschaft. Als Vertreter des aufgeklärten Absolutismus schaffte Friedrich der Große die Folter ab, schränkte die Pressezensur deutlich ein, legte den Grundstein für ein allgemeines Landrecht und gewährte seinen Untertanen absolute Glaubensfreiheit. Diese Veränderungen verschafften Preußen damals eine innenpolitische Stabilität, von der andere Staaten nur träumen konnten.
Hat die Thule-Gesellschaft die deutsche Revolution verhindert?
Nach der Niederlage des Deutschen Reichs im ersten Weltkrieg rief der sozialistische Politiker und Führer der bayerischen Novemberrevolution von 1918, Kurt Eisner, in Bayern einen Freistaat aus - und wurde zu dessen erstem Ministerpräsident. Doch nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt, am 21. Februar 1919, wurde Eisner von dem deutschnationalen Studenten Anton Graf von Arco auf Valley ermordet. Der Attentäter stammte aus Kreisen der völkisch-antisemitischen Thule-Gesellschaft, die zu dieser Zeit in München aktiv war. Gründer der Geheimgesellschaft war Rudolf von Sebottendorf, Verleger des antisemitischen „Völkischen Beobachters", der 1920 zur Parteizeitung der NSDAP wurde.
Die Münchner Räterepublik
Nach dem Mord an Eisner wurde im April 1919 die kommunistische Münchner Räterepublik ausgerufen. Mitglieder der Thule-Gesellschaft unterwanderten daraufhin zunächst kommunistische Gruppen und Kampfverbände in München und organisierten später einen Volksaufstand gegen die Regierung, der gemeinsam mit dem Einmarsch rechtsradikaler Freikorps in München zur Niederschlagung der Räterepublik in Bayern führte. Die Thule-Gesellschaft war also maßgeblich am Ende der bis dahin einzigen kommunistischen Regierung in Deutschland beteiligt - und hat so auch ein eventuelles „Überschwappen dieser Ideologie auf andere deutsche Teilstaaten verhindert.
Chinas Triaden: Heimliche Herrscher eines zerrissenen Staates?
China war zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Umbruch, verschiedene gesellschaftliche Gruppen und ausländische Mächte rangen um die Herrschaft in dem einst so mächtigen „Reich der Mitte“. Eine zentrale Rolle in diesen – mal offen, mal verdeckt geführten – Konflikten spielten die chinesischen Triaden. Die Geheimbünde waren bereits ab dem 18. Jahrhundert tief in den britischen Opiumhandel mit China verstrickt, verglichen mit ihrem Einfluss im frühen 20. Jahrhundert erscheint das Drogengeschäft aber nur als Nebenkriegsschauplatz.
Die Polizei unter der Fuchtel der Triaden
In einem Land, das zwischen den kolonialen Interessen ausländischer Mächte, einer erstarkenden kommunistischen Bewegung und den chinesischen Nationalisten zu zerreißen drohte, hatten die Triaden ihre jeweiligen Hoheitsgebiete erstaunlich fest im Griff. Die so genannte „Grüne Bande“ des Du Yusheng war beispielsweise maßgeblich an der Niederschlagung eines kommunistischen Aufstandes von 1926/27 in Shanghai beteiligt. Der Kommandeur der nationalchinesischen Kuomintang, Chiang Kai-shek, hatte der Geheimorganisation seine Waffenlager geöffnet, um seine eigenen Truppen aus den Kämpfen herauszuhalten.
Erlösung mit Mao Zedong
In der Folge wuchs der Einfluss der Triaden noch weiter, ein französischer Hauptmann beklagte damals offen die komplette Kontrolle des Geheimbundes über den örtlichen Polizeiapparat. Der Anführer der Grünen Bande, Du Yusheng, war zu der Zeit zum stellvertretenden Gouverneur von Shanghai aufgestiegen und Chef einer eigenen Gewerkschaft. Der Einfluss der Triaden in China wurde erst durch den Sieg der Kommunisten unter Mao Zedong (Bild) im Jahr 1949 beschnitten, als die besiegten Truppen des Chiang Kai-shek sie nicht mehr unterstützen konnten.