19. Jahrhundert
Keine christlich-mythologische Frauengestalt wirkte in der Kunst des 19. Jahrhunderts stärker als Salome. Für die einen verkörperte sie weibliche Grausamkeit (sie soll den Kopf Johannes des Täufers als Belohnung für einen Tanz gefordert haben), für die anderen perfekte Schönheit und Erotik. Die Enkelin Herodes des Großen und Königin von Kleinarmenien (im nördlichen Anatolien) war – glaubt man dem Geschichtsschreiber Flavius Josephus - die „schönste Frau der damaligen Zeit“. Nach ihr benannt ist der „Salome-Komplex“, eine psychische Störung, die Menschen glauben lässt, nur liebenswert zu sein, wenn sie stets perfekt aussehen. Was die reale Damenwelt angeht, waren weiterhin Korsetts, opulente Kleider und ebensolche Frisuren sowie zeitintensives Make-up angesagt. Für das starke Geschlecht galt es mittlerweile allerdings wieder als unmännlich, sich allzu modisch zu kleiden oder zu schminken.
Anfang des 20. Jahrhunderts
Betont weibliche Formen mit schmaler Taille, voluminöse Locken: Was das Gibson Girl 1910 verkörperte, findet man in der heutigen Promi-Welt bei Sängerin Beyoncé Knowles wieder. Der Name ist keine Anspielung auf die Gitarrenform der 1902 gegründeten Marke Gibson, sondern auf den Illustrator Charles Dana Gibson, der gern diesen Frauenkörper-Typus zeichnete. Um den beliebten Körperbau, der an eine „8“ erinnert, zu betonen, trugen Damen Korsetts.
Barock
„Rubens-Figur“: Die schmeichelhafte Formulierung für Körperfülle nimmt Bezug auf den Barock-Maler Peter Paul Rubens, der bekannt war für seine Vorliebe für opulente weibliche Rundungen. Keine andere Epoche scheint in Bezug auf Schönheitsideale weiter entfernt von den modernen Magermodels als der Barock (ab 1575 bis ins 18. Jahrhundert): Den Eindruck zumindest bekommt der Betrachter beim Anblick von Rubens-Gemälden. Doch der Schein trügt, denn im wahren Leben versuchten Frauen, sich gewaltsam in eine schlanke Form zu pressen – ein Korsett sollte das Ideal von der künstlichen Wespentaille gewaltsam erzielen.
Das alte Ägypten
Die ägyptische Königin Kleopatra gilt bis heute als Inbegriff der attraktiven Frau. Dafür soll sie auch einiges getan haben. Zu den Beauty- und Wellness-Treatments zählten 51 v. Chr. das Baden in Eselsmilch sowie Kosmetik zum Schutz vor Sonne und Sand. Der Make-up-Trend der Zeit: grüne und schwarze Farbe zum Betonen der Augen. Mit ihrem Charisma soll Kleopatra sogar von ihrem einzigen kleinen Schönheitsfehler abgelenkt haben: ihrer großen Nase.
Die alten Römer
Ganz Rom war zur Blütezeit der alten Römer eine Art Wellness-Tempel. Zumindest für die Römer, die es sich leisten konnten. Diese ließen sich in Thermen und Bädern von Sklaven verwöhnen, die für das gepflegte Äußere der Besucher zu sorgen hatten. Auch Make-up gab es schon damals. Das bezeugt unter anderem Neros Frau Poppäa (links im Bild). In ihrem Grab fand man Lippenstift aus Zinnober, Wimperntusche aus gebranntem Kork und grüne Schminke aus Malachit.
Die alten Römer
Das Schminken war seinerzeit bei allen Gesellschaftsschichten gleichermaßen beliebt. Frisurentrends wechselten schnell, doch eine Regel blieb konstant: Frauen trugen lange Haare. Schon damals etablierte sich auch die Anziehungskraft blonder Haare. „Sowohl bei Männern wie Frauen waren sie ein absolutes Schönheitsideal“, so Ulrich Renz (Autor von „Schönheit – Eine Wissenschaft für sich“). „Vielleicht lag das am Reiz des Besonderen, denn in südländischen Gefilden kamen Blonde seltener vor.“
Die Ära der Leinwand-Legenden
Eine Figur wie eine Sanduhr – das war das Ideal in den Fünfziger Jahren. Das Schönheitsideal wurde zunehmend durch die Leinwand-Heldinnen geprägt. Vor allem die Schauspielerinnen Elizabeth Taylor und Jayne Mansfield verkörpern den kurvenreichen Körperbau ebenso wie Marylin Monroe (Bild). Letztere gilt als Sexsymbol des 20. Jahrhunderts und besaß die bis heute magischen Maße 90-60-90. Um die schmale Taille und die weiblichen Rundungen zu betonen, wurden Einlagen für Hüften und Hintern zum Verkaufsschlager unter den Tricks der Frauen. Das Frauenbild prägte zudem die Erfindung zweier Marken, die das Schönheitsideal bis heute mit bestimmen: die Barbie-Puppe und die Zeitschrift Playboy.
Die Dreißiger Jahre
Kleiner Kopf, ausdrucksstarke Augen, wellige, auf Kinnhöhe geschnittene Haare: Schauspielerin Jean Harlow verkörpert das Schönheitsideal der 1930er Jahre. Ihr Spitzname: „blonde bombshell“ - blonde Sexbombe. Nicht zuletzt dank innovativer BHs wurde die Oberweite zusätzlich betont.
Die Griechen
Der griechische Dichter Homer beschäftigte sich nicht nur mit den Heldentaten des Odysseus, sondern auch mit der weiblichen Schönheit. Die perfekte Damenhaut sollte seiner Meinung nach „weißer als Elfenbein“ sein. Schönheit war in der griechischen Antike ein wichtiger Anspruch an beide Geschlechter. Als bedeutendes Kriterium galt dabei die Ausgewogenheit der Proportionen. Innere Werte und äußerliche Makellosigkeit gingen in den Idealvorstellungen miteinander einher, wie der Grundsatz „Mens sana in corpore sano“ („ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper“) bezeugt.
die_sechziger_jahre
Böse Zungen würden behaupten, diese Dame ist schuld am Magermodel-Trend: Die 41 Kilogramm leichte Twiggy war das Gegenmodell zur drallen Weiblichkeit des vorhergehenden Jahrzehnts. Schmalbrüstig, klein, hager und mit burschikoser Frisur wurde sie dennoch zum Supermodel ihrer Generation. Die Folge für die weibliche Normalbevölkerung: Ein dauerhaft schlechtes Gewissen hinsichtlich der eigenen Körperfülle. Vielleicht kein Zufall, dass genau in dieser Ära das Diät-Unternehmen Weight Watchers gegründet wurde…
die_steinzeit
Ein dicker Bauch, pralle Oberschenkel und Hängebrüste – bei „Germany´s Next Topmodel“ würde diese Dame sicher kein Foto von Heidi Klum bekommen. Ganz anders sahen das die Menschen vor 25.000 Jahren: Die Dame, die in der Kunstwelt als die „Venus von Willendorf“ bekannt ist, demonstriert eindrucksvoll, wie stark die Definition von Schönheit eine Frage der Zeit ist. In der Steinzeit war die Sterblichkeitsrate hoch, entsprechend anziehend wirkte das gebärfreudige Becken und der fruchtbarkeitsversprechende Körperbau der Figur.
die_zukunft_der_schönheit
Schön sein und jung wirken – das scheint das Diktat unserer Zeit. Der medizinische Fortschritt gestattet es zunehmend, Attraktivität zu erkaufen. Wird es also bald Alltag sein, sich zugunsten der Makellosigkeit unters Messer zu legen oder wird es irgendwann einen Gegentrend geben, zurück zur Natürlichkeit und Vielfalt? „Was soll noch kommen nach der Intimchirugie? Man könnte sich noch die inneren Organe verschönern lassen“, sagt Ulrich Renz augenzwinkernd. „Es stellt sich also die Frage, ob sich der Megatrend Schönheitswahn fortentwickeln wird oder nicht.“
Generation Supermodel
Twiggy war nur der Anfang: In den Achtziger Jahren waren es nicht mehr die Schauspielerinnen, die das Idealbild von der Traumfrau prägten, sondern die Models. Groß, schlank, fit und dennoch feminin: Von Elle MacPherson (Spitzname „The Body“) über Cindy Crawford bis Claudia Schiffer dominierten überirdisch makellose Körper und Gesichter das öffentliche Bild von Weiblichkeit. Dafür mussten die Damen allerdings etwas tun: Jane Fonda trat mit Aerobic in die Fußstapfen von Turnvater Jahn, zwang ihre Gefolgschaft zu schweißtreibendem Sport – und in grelle, hautenge Klamotten. Ebenso grell: die Kosmetiktrends der Zeit. Der narzisstische Körperkult avancierte zum Mainstream.
heute
Es scheint so, als wäre die Definition von Schönheit heute offener als in der Vergangenheit. Schließlich reicht die Bandbreite von Size Zero-Models bis zu Damen, die stolz auf ihre weiblichen Hintern sind - von Jennifer Lopez bis Kim Kardashian. „Die Zeit von einheitlichen Schönheitsidealen ist in einer globalisierten Welt vorbei“, bestätigt Autor Ulrich Renz. „Die Vielfalt dessen, was als attraktiv empfunden wird, wird größer und bunter.“ Doch lag Schönheit wirklich jemals im Auge des Betrachters? Wurde sie tatsächlich zu unterschiedlichen Epochen jeweils anders definiert? Nein, lautet die Antwort von Ulrich Renz…
mittelalter
Das Mittelalter war eine Hochphase der natürlichen Schönheit. Das lag nicht zuletzt an der zunehmenden Bedeutung des Christentums, denn eine zu intensive Körperpflege und viel Schminke galten als heidnisch oder zu weltlich. Es kam sogar vor, dass die damalige Bevölkerung besonders attraktiven Frauen misstrauten – schließlich erinnerten sie sich an die erste Femme Fatale Eva, die laut Bibel mit der Kunst der Verführung für die Vertreibung aus dem Paradies verantwortlich war.
mittelalter
Gemälde aus der Zeit zeigen eher androgyne Frauentypen, die sowohl männliche als auch weibliche Merkmale aufweisen. Ganz ohne Eitelkeit kam man aber auch im Mittelalter nicht aus. Helle Haut war das angestrebte Schönheitsmerkmal. „Hier spielt ein metaphysisches Konzept mit hinein“, erklärt Autor Ulrich Renz. „Im Mittelalter wurde mit Helligkeit auch Reinheit assoziiert.“ Um diesem Ideal, welches in asiatischen Ländern noch heute Bedeutung hat, zu entsprechen, wurde nicht nur die Sonne gemieden. Auch einen regelmäßigen Aderlass (also die Entnahme großer Blutmengen) ließen die Damen für einen blassen Teint über sich ergehen.
renaissance
Zu breite Hüften, zu kleine Brüste – dieses vernichtende Urteil könnte die Jury einer modernen Misswahl dieser Dame attestieren, doch die Venus von Sandro Botticelli stellt den Archetyp der perfekten Frau der Renaissance (15. und 16. Jahrhundert) dar. Gesäß und Taille durften seinerzeit durchaus voluminös sein, Hauptsache Arme und Beine wirkten grazil. Ebenso wichtig: ein heller, geradezu porzellanartiger Teint. „Wer schön sein will, muss leiden“, galt schon damals: Um das Ideal der hellen Gesichtsfarbe zu erlangen, schreckten Damen – allen Warnungen zum Trotz – nicht vor dem Einsatz von giftigen Inhaltsstoffen wie giftigem Bleiweiß und Quecksilber zurück.