Folterärzte wie der Nazi-Mediziner Josef Mengele überschreiten im Namen des Fortschritts und des persönlichen Ruhms immer wieder Grenzen: Für neue Behandlungsmethoden, die einmal Menschen retten sollen, nehmen sie den Tod von Tausenden anderen in Kauf.
Seit der Steinzeit experimentieren Ärzte an geöffneten Körpern, träufeln Gifte und Gegengifte in Wunden und verabreichen ihren Opfern hochgefährliche Mixturen. Manche der sogenannten Heiler arbeiteten dabei im Eigeninteresse, die schlimmsten Versuche fanden aber direkt oder indirekt im Auftrag von Behörden und Regierungen statt.
1943: Auschwitz, Polen
Zwei Jahre lang führt Josef Mengele als Arzt im KZ Auschwitz grausame Experimente an Häftlingen durch: Der SS-Mann malträtiert seine Opfer, entfernt Organe und Körperteile von Lebenden, um sie bei anderen Menschen zu implantieren. Tausende Menschen sterben bei seinen Versuchen, die er peinlich genau dokumentiert.
1646: Guatemala
„Ihnen Penicillin zu geben, hätte die Studie behindert.“ John Charles Cutler infiziert 1946 im Auftrag der Regierung 1500 Gefängnisinsassen in Guatemala mit Syphilis. Bei den Versuchen verletzt er seine Opfer und träufelt Erreger in ihre Wunden. Mindestens 83 Infizierte sterben an der damals unheilbaren Krankheit. Bis 1972 forscht er an 399 Afroamerikanern. Er beobachtet ihren Krankheitsverlauf – behandelt sie jedoch nicht.
1953: USA
Wie entlarvt man einen Spion? Diese Frage beschäftigt CIA-Direktor Allen Dulles (Mitte), seit sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Verhältnis zur Sowjetunion stetig verschlechtert. Im Jahr 1953 gibt er den Befehl zu einem geheimen Forschungsprojekt mit dem Codenamen MK ULTRA. Wissenschaftler sollen ein Wahrheitsserum entwickeln, das feindliche Agenten zum Sprechen bringt. Über 20 Jahre injizieren sie Tausenden ahnungslosen Probanden Drogen, einige sterben. Doch der Erfolg bleibt aus.
1955: Edgewood, USA
„Ich dachte, die Regierung würde mir nie etwas antun, doch ich lag falsch“, sagt Tim Josephs. Er ist einer von 100.000 US-Soldaten, die sich freiwillig für „medizinische Experimente“ meldeten. Dahinter steckte in Wahrheit aber die Erprobung von Chemiewaffen. Bis 1975 dauern die Versuche an, einige Opfer leiden bis heute an den Folgen.
1960: Algerien
In den 1960er-Jahren testet Frankreich in Algerien seine ersten Atombomben. Rund 300 Soldaten, meist Wehrpflichtige, schicken die Offiziere bereits kurz nach der Explosion auf das Testfeld. Das Ziel: herausfinden, ob die Strahlung die Kampfkraft der Truppen schwächt. Schon bald erkranken daraufhin zahllose Soldaten an Krebs.
1961: weltweit
Ende der 1950er-Jahre kommt es zu einer Welle von missgebildeten Babys. 10.000 Fälle werden weltweit bekannt – 4000 davon in Deutschland. Verursacht durch das als sehr sicher geltende Beruhigungsmittel Contergan, das gerade bei Schwangeren sehr beliebt ist. In der Folge werden die Hürden für neue Medikamente radikal nach oben gesetzt.
1965: Stanford, USA
Mehrere US-Psychologen spielen mit Freiwilligen den Gefängnisalltag nach. Doch die Situation eskaliert, zwischen „Wärtern“ und „Insassen“ häufen sich Fälle von Sadismus. Einige Teilnehmer brechen vor Stress zusammen. Das Stanford-Prison-Experiment muss vorzeitig beendet werden, es gilt aber bis heute als Meilenstein der Sozialforschung.