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Gaunerzinken: die geheimen Zeichen der Ganoven

Foto: Envato / rawf8

Gaunerzinken: die geheimen Zeichen der Ganoven

Ein unauffälliges Kreidemal am Türstock, eingeritzte Striche am Briefkasten: Was aussieht wie Kritzeleien von Kindern, kann einen ernsten Hintergrund haben. Mit Gaunerzinken hinterlassen Einbrecher, Bettler oder Trickbetrüger Nachrichten für ihre Komplizen.

Nicht nur noble Häuser, teuer aussehende Wohnanlagen oder der Porsche in der Garage zeigen Kriminellen, wo sich ein Einbruch richtig lohnt. Sogenannte Gaunerzinken, kleine unauffällige Markierungen an Eingangstüren, Briefkästen oder Klingelbrettern, verraten ihnen, ob es was zu holen gibt, die Nachbarn wachsam sind oder gar ein Polizist im Haus wohnt.

Auf den ersten Blick fallen die gemalten oder eingeritzten Zeichen kaum auf – oft werden sie für Kinderspielereien gehalten. In den letzten Jahren gab es immer wieder Medienberichte, in denen vor Gaunerzinken gewarnt wurde. Die Polizei rät dazu, die Zinken so schnell wie möglich zu entfernen – sicher ist sicher. Die Kommunikation von Kriminellen, reisenden Händlern oder Bettlern mittels grafischer Zeichen ist aber kein neues Phänomen.

Rauben und Brandschatzen im finsteren Mittelalter

Eine frühe Art Gaunerzinken waren die Mordbrennerzeichen. Im 16. Jahrhundert tauchten sie erstmals in ganz Europa auf. Und ihren unheimlichen Namen trugen nicht von ungefähr. Die Mordbrennerzeichen dienten Mitgliedern von Räuberbanden dazu, sich untereinander zu verständigen. Sie teilten sich dadurch mit, wann und wo ein Hof überfallen werden sollte, ob er danach in Brand gesteckt oder die Bewohner getötet werden sollten.

Die Zeichen wurden aber auch als Wegweiser verwendet, beispielsweise um anzuzeigen, in welche Richtung die Bande weitergezogen ist. In einer alten Sammlung wurden rund 340 Mordbrennerzeichen aufgelistet, die wesentlich detaillierter gestaltet waren als die späteren Gaunerzinken.

Zeichen des fahrenden Volkes

Der Begriff „Zinken“ entwickelte sich im 18. Jahrhundert aus dem Rotwelschen, einem Geheimjargon, mit dem sich vor allem Bettler, Gauner, Diebe und das fahrende Volk verständigten. Er soll sich entweder aus dem lateinischen „signum“, Zeichen, oder dem althochdeutschen „zinko“, Zacke oder Spitze, ableiten. Die Notwendigkeit einer Geheimschrift wuchs mit dem Aufkommen des Bürgertums und dem wachsenden Misstrauen, mit dem es umherziehende Bettler, Gauner, Fahrende, Landstreicher, Hausierer oder Kesselflicker beobachtete.

Überall, wo diese Gruppen sich vorzugsweise aufhielten – an Ortsein- und -ausgängen, auf Wirtshaustoiletten oder an Kirchen- und Klostermauern – hinterließen sie ihre Zinken. Meist informierten sie sich durch die aufgemalten oder eingeritzten Markierungen über kostenlose Mahlzeiten, sichere Schlafplätze, gute Einbruchsgelegenheiten, ertragreiche Bettelplätze oder spezielle Gegebenheiten vor Ort. Aber es gab auch Zinken, die als Wegweiser dienten, Bandenzugehörigkeit anzeigten oder mit deren Hilfe Nachrichten verbreitet wurden.

Moderne Gaunerzinken

Wie man in den Medienberichten sieht, werden auch heute noch Zinken zur Informationsweitergabe verwendet. Zum einen von Einbrechern, Dieben und Betrügern, die sich so mitteilen, wo es sich lohnt, einzubrechen oder welche Risiken dabei zu erwarten sind. Andererseits nutzen auch Bettler oder Landstreicher die Zeichen, um sich gegenseitig Bescheid zu geben, wo sich ein guter Schlafplatz oder mildtätige Menschen finden.

Mit dem Aufkommen des WLAN entstand zusätzlich eine sehr moderne Variante der Gaunerzinken – das War-Chalking. Dabei werden mit Kreidezeichen Drahtlosnetzwerke markiert, meist auf dem Bürgersteig, der Straße oder an Laternenpfählen. So wissen Eingeweihte, wie und wo sie unterwegs kostenlos im Internet surfen können.

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