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Kann ein Gerücht einen Präsidenten töten?

Foto: Imago / UIG

Kann ein Gerücht einen Präsidenten töten?

Wegen seiner radikalen Reformen ist John F. Kennedy vielen ein Dorn im Auge. Am 20.11.1963 werden Tausende Steckbriefe in Umlauf gebracht, die ihn zum Verräter erklären. Zwei Tage später ist JFK tot.
Wegen seiner radikalen Reformen ist John F. Kennedy vielen ein Dorn im Auge. Am 20.11.1963 werden Tausende Steckbriefe in Umlauf gebracht, die ihn zum Verräter erklären. Zwei Tage später ist JFK tot.
Abraham Zapru ist der Mann, der am 22. November 1963 in Dallas zufällig in der Nähe der Elm Street steht, zufällig eine seltene Zoomatic Filmkamera mit Farbfilm dabei hat und um 12.30 Uhr zufällig eine 26,6 Sekunden und 486 Einzelbilder lange Aufnahme vom Attentat auf Präsident John F. Kennedy filmt. Der „Zapruder-Film“ wird weltberühmt – dabei ist der Mord auf dem 8-mm-Film gar nicht zu sehen. 
 
Denn auf dem später veröffentlichten Film fehlt Bild 313 – jener Moment, in dem Kennedy von der Kugel getroffen wird. Zapruder ist Freimauer – und sofort entsteht der Verdacht, dass Kennedy das Opfer einer Verschwörung der Geheimgesellschaft ist. Doch die Wahrheit ist: Zapruder lässt zwar Bild 313 entfernen – jedoch aus Pietät. Die dazugehörige Verschwörungstheorie hält sich jedoch bis heute. So wie Tausende andere, auch wenn die meisten längst widerlegt wurden. 

Im Fadenkreuz

Dennoch stirbt Kennedy an einer anderen Art der Verschwörung – einer, an der sich große Teile der amerikanischen Bevölkerung beteiligen. Denn wenn ein Präsident öffentlich lange genug für vogelfrei erklärt wird, findet sich früher oder später ein Wahnsinniger, der auf den vermeintlichen Verräter anlegt und den Abzug drückt. So wie im Fall Kennedy: Anfang der 1960er-Jahre brodelt es in den USA. Präsident Kennedy steht für eine Politik des Wandels. Offen stellt er die Rolle seines Landes im Kalten Krieg infrage, plant, das Einwanderungsgesetz zu reformieren, und setzt sich für die Abschaffung der Rassentrennung ein. Er gerät so ins Fadenkreuz etlicher Radikaler. 
 
Als sich am 1. Oktober 1962 James Meredith als erster Schwarzer an der Universität von Mississippi einschreiben möchte, kommt es zu Ausschreitungen rechts gesinnter Gruppen. Kennedy schickt 30.000 Soldaten und setzt die Immatrikulation von Meredith gewaltsam durch. Für viele Amerikaner ein Verrat. Vor allem in den Südstaaten wird der einstige Hoffnungsträger zunehmend zum Feindbild Nr. 1. Weiße, die sich für die Rechte von Schwarzen einsetzen, gelten als „weiße Verräter“ und werden zu Freiwild erklärt. 
 
Wie Kennedy am 20. November 1963. Zwei Tage vor seinem Tod lässt der Aktivist Robert A. Surrey womöglich im Auftrag des rechten US-Generals Edwin Walker in Dallas 15.000 Steckbriefe verteilen. Titel: „GESUCHT wegen Verrats“ – darüber das Konterfei von JFK. Die erhobenen Anschuldigungen bezichtigen Kennedy aufgrund seiner Politik des Hochverrats – nach US-amerikanischem Rechtsverständnis ein Vergehen, das mit dem Tod bestraft wird. 48 Stunden später wird Kennedy erschossen.
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