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Winzige Wegelagerer: Wie gefährlich sind Zecken wirklich?

Foto: Envato / perutskyy

Winzige Wegelagerer: Wie gefährlich sind Zecken wirklich?

Zecken lösen bei vielen Menschen Panik vor Krankheiten aus. Aber wie gefährlich sind Zecken wirklich? Wann ist eine Impfung sinnvoll?

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Wer im Frühjahr und Sommer in der Natur unterwegs ist, sollte Arme und Beine stets bedecken, denn sonst droht ein Zeckenstich – und der kann weitreichende Konsequenzen haben. Denn viele der Tiere tragen Erreger in sich, die Krankheiten wie Borreliose oder die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis, kurz FSME, auslösen können. Letztere kann sogar zu einer Hirnhautentzündung führen. Doch wie können wir uns vor Zecken schützen? Und lassen sich die kleinen Blutsauger tatsächlich vom Baum fallen?

Blutsaugende Überlebenskünstler

Vor allem von April bis Oktober lauern Zecken in Büschen und im Gras. Bis zu zwei Jahre lang können sie ohne Nahrung ausharren, bis ein Opfer vorbeikommt. Die winzigen Krabbler haben acht Beine und gehören zu den Spinnentieren. Es gibt mehrere hundert verschiedene Zeckenarten.

Die in Deutschland mit Abstand häufigste Zeckenart ist der Gemeine Holzbock. Diese Art ist blind und taub, kann aber hervorragend riechen. Die Nase des Gemeinen Holzbocks sitzt in einem Grübchen an den Vorderbeinen. Das sogenannte Hallersche Organ reagiert auf das Kohlendioxid im menschlichen Atem sowie auf Buttersäure in unserem Schweiß.

Zecken fallen nicht von den Bäumen

Dass Zecken sich von Bäumen fallen lassen, ist ein Märchen – in Wirklichkeit schaffen es die Krabbeltiere nur etwa auf Hüfthöhe und bevorzugen daher Büsche und Gräser. Im richtigen Moment lässt sich die Zecke dort einfach abstreifen wie eine Klette. Mit ihren Klauen klettert sie am Opfer hoch. Sie sucht dort nach warmen und feuchten Stellen unter der Kleidung, an denen die Haut dünn ist: Kniekehlen, Leisten und Achseln.

Hat sie die richtige Stelle gefunden, sticht die Zecke zu: Zwei kleine Messer schneiden sich in die Haut und ein Saugrohr wird mit Widerhaken fest in der Wunde verankert. Dann beginnt sie mit der Blutmahlzeit. Damit sie dabei ungestört bleibt, spritzt sie ihren Speichel in die Wunde. Dieser enthält ein örtliches Betäubungsmittel, damit das Opfer nichts spürt. Doch für uns Menschen hat der Zeckenspeichel einen Nebeneffekt – er kann auch Krankheiten übertragen. In unseren Breitengraden können das Borreliose und FSME sein.

Die Klimaerwärmung kommt Zecken zugute

Zecken lieben es warm und feucht. Deshalb prognostizieren Forscher, dass sich die Tiere infolge der Klimaerwärmung in Europa weiter ausbreiten werden. Zecken werden etwa drei bis fünf Jahre alt und brauchen in ihrem ganzen Leben nur drei Blutmahlzeiten.

Zecken paaren sich, während das Weibchen Blut saugt

Zecken-Weibchen sind blutrünstiger als Zecken-Männchen: Die ausgewachsene weibliche Zecke saugt ein bis zwei Wochen lang. Währenddessen findet die Begattung durch das Männchen statt.

Sobald das Zeckenweibchen prall mit Blut gefüllt ist, fällt es von seinem Wirt ab. Nun hat es das 200-Fache seines eigenen Körpergewichts. Diese Energie braucht es, um bis zu 3000 Eier zu legen, den sogenannten Zeckenkaviar. Daraus schlüpfen im Frühjahr winzige, kaum sichtbare Larven.

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Winzige Wegelagerer: Wie gefährlich sind Zecken wirklich?

Blut als Lebenselixier

Als Opfer bevorzugen Zeckenlarven kleine Säugetiere wie Mäuse, Ratten oder Kaninchen. Nach der ersten Blutmahlzeit entwickelt sich die Larve weiter zur größeren Nymphe. Diese befällt Rehwild und gelangt dadurch auch in die Nähe des Menschen. Sie ist nur stecknadelkopfgroß und nur bei genauem Hinschauen zu erkennen. Deshalb können sich viele von einer Nymphe gebissenen Menschen nicht daran erinnern.

Nach der dritten Blutmahlzeit entwickelt sich die Nymphe zum geschlechtsreifen Tier und der Zyklus beginnt von neuem. Doch bei ihrer Wanderung von Wirt zu Wirt schnappt die Zecke überall Keime auf – und hier lauert die eigentliche Gefahr für uns Menschen.

Gefahr durch Borreliose

Laut Robert Koch-Institut sind je nach Region bis zu 35 Prozent der Zecken mit Borrelien, den Erregern der Borreliose, infiziert. Diese schraubenartigen Bakterien bohren sich tief ins Gewebe und können so mitunter der körpereigenen Immunabwehr entkommen.

Im Frühstadium kommt es häufig zu einem typischen roten Fleck, der sich rund um den Stich kreisförmig ausbreitet: dem „Erythema migrans“, auf Deutsch Wanderröte genannt. Das zweite Stadium zeichnet sich unter anderem durch eine Nervenentzündung mit brennenden Schmerzen, Taubheitsgefühlen und Lähmung aus. Besonders Kinder können auch eine Hirnhautentzündung entwickeln. 

Fortgeschrittene Borreliose betrifft die Gelenke und die Haut – und es kann noch schlimmer kommen

Nach Monaten und Jahren folgt das Spätstadium. Die Gelenke der Betroffenen entzünden sich, ähnlich wie bei Rheuma. Schmerzen, Schwellungen und zunehmende Steifheit der Gelenke sind die Folge. Seltener kommt es auch zu einer chronischen Entzündung des Gehirns, des Rückenmarks oder der Haut. Vor allem an Armen und Beinen kommt es dann zu Hautveränderungen. Die Haut wird dunkelrot und schwillt an. Später wird sie dünn wie Papier – Ärzte sprechen von Pergamenthaut.

Gegen Borreliose hilft die Behandlung mit Antibiotika. Dabei gilt die Regel: je früher, desto besser. Daher sollte jeder bei Verdacht rasch einen Arzt aufsuchen. Pro Jahr erkranken hierzulande bis zu 100.000 Menschen an der tückischen Krankheit. Geschehen kann das in ganz Deutschland – doch vor allem im Osten des Landes ist die Gefahr einer Infektion erhöht.

FSME-Viren befallen das Nervensystem

Seltener als Borreliose ist eine zweite Erkrankung, die vom gemeinen Holzbock übertragen werden kann: die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME). Erreger sind nicht Bakterien, sondern Viren. In Risikogebieten tragen zwei bis fünf Prozent der Zecken diese Viren in sich. Doch selbst wenn die Erreger auf den Menschen übertragen wurden, machen sie nicht immer krank.

Ungefähr ein Drittel der Patienten bekommt etwa zehn Tage nach dem Zeckenstich eine Art Sommergrippe mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. In 70 bis 90 Prozent der Fälle wird das Immunsystem des Körpers leicht damit fertig. Gelegentlich gewinnen die Viren jedoch die Oberhand und befallen das Nervensystem.

Die Folge: eine Hirnhautentzündung oder sogar eine Entzündung des gesamten Gehirns. Das Alarmsymptom ist ein zweiter Fieberanstieg, nachdem die scheinbare Sommergrippe bereits überwunden wurde. Dabei können innerhalb weniger Stunden bestimmte Nervenzellen absterben, sodass der Betroffene manchmal dauerhaft gelähmt bleibt. Im Extremfall versagt die Atemmuskulatur und der Patient kann sterben.

FSME: Panikmache fehl am Platz

2021 wurden insgesamt 418 FSME-Fälle in Deutschland gemeldet, so die offiziellen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI). Zum Vergleich: Der Straßenverkehr fordert mit einer halben Million Verletzten und mehr als 3000 Toten pro Jahr um ein Vielfaches mehr Opfer.

FSME kommt zudem nicht überall in Deutschland vor. Als Risikogebiet gelten Gegenden, in denen innerhalb von fünf Jahren mehr als ein FSME-Fall pro 100.000 Einwohner aufgetreten ist. Hierzu zählen vor allem Bayern und Baden-Württemberg zudem Südhessen, das südöstliche Thüringen und Sachsen.

Darüber hinaus finden sich auch einzelne Risikogebiete in Mittelhessen (Landkreis Marburg-Biedenkopf), im Saarland (Landkreis Saar-Pfalz-Kreis) und in Rheinland-Pfalz (Landkreis Birkenfeld), berichtet das RKI. Als erster Kreis in Niedersachsen wurde jetzt der Landkreis Emsland ebenfalls als kritisch bewertet. Allerdings sind auch in Bundesländern ohne FSME-Risikogebiete vereinzelt FSME-Erkrankungen beobachtet worden. FSME gibt es zudem auch unter anderem in Österreich, Slowenien, der Slowakei, Polen und dem Baltikum.

FSME-Impfung: ja oder nein?

Gegen FSME gibt es kein Medikament aber eine Impfung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt sie für Personen, die a) in Risikogebieten leben beziehungsweise sich länger dort aufhalten und sich dabei b) häufig in Wald und Wiesen aufhalten. Die Impfung wird dreimal innerhalb eines Jahres verabreicht und bietet dann für drei bis fünf Jahre Schutz. Danach muss der Empfänger sie wieder auffrischen. 

Die Impfstoffe hätten fast 100 Prozent Wirkung. Komplikationen seien dagegen mit 1,5 Fällen bei einer Million Impfungen extrem selten, wird der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie PD. Dr. Gerhard Dobler zitiert. Trotzdem seien in Deutschland nur etwa 20 Prozent der Bevölkerung geimpft.

Impfgegner kritisieren allerdings eine unnötige Panikmache der Pharmaindustrie, vor allem bei Kindern – da FSME bei ihnen meist leichter verlaufe. Ein Weiterer Kritikpunkt: Die Risiko-Nutzen-Analysen der Impfung werden von den Pharma-Herstellern selbst vorgenommen und sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Entscheidung pro oder contra Impfung muss also jeder für sich selbst treffen.

Für Berufsgruppen wie Waldarbeiter und Jäger ist die Impfung zweifellos sinnvoll. Wer dagegen nur eine Woche zum Wanderurlaub in den Schwarzwald oder nach Niederbayern fährt, ist wesentlich weniger gefährdet und kann zu alternativen Schutzmaßnahmen greifen.

So schützen Sie sich vor Zecken

  • Nutzen Sie möglichst nur befestigte Wege und meiden Sie das Unterholz, hohes Gras und generell den Hautkontakt zu Pflanzen in Bodennähe.
  • Festes Schuhwerk ist das A und O, wenn Sie in Zeckenwarngebieten unterwegs sind.
  • Tragen Sie nur helle Kleidung, die Ihren Körper so weit wie möglich bedeckt – so lassen sich Zecken später leichter finden. Ziehen Sie Ihre Socken über die Hose.
  • Nach dem Aufenthalt in einem Zeckengebiet sollten Sie sich und alle Begleiter sorgfältig nach Zecken absuchen. Bevorzugte Saugstellen für Zecken sind Kopf und Hals, Achselhöhlen, die Leistengegend und die Kniekehlen.
  • Waschen Sie Ihre Kleidung nach einem Waldspaziergang bei mindestens 60 Grad.
  • Behandeln Sie Ihre Haustiere mit Zeckenschutzmitteln.

Falls Sie von einer Zecke gestochen wurden, gilt: Entfernen Sie den Blutsauger sofort – so kann unter Umständen eine Infektion mit Borrelien verhindert werden. Solche Bakterien werden in der Regel erst übertragen, wenn die Zecke 24 Stunden oder länger am Körper saugen konnte. Bei einer möglichen Infektion mit FSME gilt diese Regel jedoch nicht.

Das ist beim Entfernen einer Zecke wichtig

  • Entfernen Sie den Blutsauger möglichst mit einer speziellen Zeckenpinzette.
  • Greifen Sie die Zecke direkt hinter ihrem Kopf, möglichst nah an der Haut.
  • Entfernen Sie die Zecke vorsichtig und gleichmäßig.
  • Drücken Sie die Zecke nicht – sonst kann sie mehr Krankheitserreger übertragen.
  • Benutzen Sie auf keinen Fall Öl, Klebstoff oder ähnliche Hausmittel. Die Zecke würde dann ersticken und im Todeskampf vermehrt Körperflüssigkeiten in die Bisswunde abgeben.
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