Fast in allen Wüsten der Welt ist es zu hören, in der Sahara, der Wüste Gobi, der Namib, selbst in Gebieten mit großen Dünen taucht das Geräusch auf. Oft dauert es minutenlang an. Seine Lautstärke beträgt bis zu hundert Dezibel – das entspricht fast dem Lärmpegel eines Presslufthammers.
Laut Überlieferung haben bereits im 13. Jahrhundert Menschen den mysteriösen Klang bemerkt. Man grübelte: Lebten vielleicht Geister in der Wüste? Dämonen? Überirdische Wesen? Tatsächlich gab es lange keine Erklärung für das Naturphänomen. Klar war nur: Es fand völlig unabhängig von den herrschenden Windverhältnissen statt.
Lawinen sind der Auslöser
Erst vor wenigen Jahren haben französische Wissenschaftler des Labors für Physikalische Statistik in Paris das Rätsel gelöst. Sie bestätigten, was vor ihnen viele vermutet hatten – dass Sandlawinen die mysteriösen Klänge auslösen.
Jede Lawine besteht aus bis zu fünfhundert Schichten, die jeweils etwa zehn Zentimeter dick sind. Nach und nach gleiten diese die Düne hinab. Dabei bildet sich unter jeder einzelnen Schicht ein Luftpolster. Doch durch das Gewicht der Lawine wird die gestaute Luft wieder zurück nach außen gedrückt.
Dadurch entstehen Schwingungen. Zusammen erzeugen die fünfhundert Lagen pro Lawine einen hörbaren Klang. Den Forschern gelang es sogar, das Geräusch künstlich im Labor erzeugen. Mit Hilfe einer speziellen Versuchsanordnung konnten sie den Sand zum Klingen bringen. Unklar ist allerdings bis heute, warum die Sandkörnchen synchron abrutschen – denn erst das erzeugt den eigenartig-bizarren Klang, der sich vom Grollen normaler Lawinen unterscheidet.
Wann singt der Sand nicht überall?
Und warum singt nicht jede Düne? Zum einen ist die Tonfrequenz von der Größe der Sandkörner abhängig. Und offenbar spielt auch die Beschaffenheit der Dünen eine Rolle: US-amerikanische Forscher fanden heraus, dass hohe Dünen, die steil abfallen und zudem aus sehr trockenem Sand bestehen, die besten Töne erzeugen.
Schon kleinste Mengen Nässe verhindern, dass der Sand zu singen beginnt. So ist also großes Glück notwendig, um ein solches Natur-Konzert einmal erleben zu können.