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Das Gesetz des Nein-sagens: Worte können Waffe und Schutzschild sein

Foto: Envato / Farknot

Das Gesetz des Neinsagens: Worte können Waffe und Schutzschild sein

Kein Wort kommt uns schwerer über die Lippen als NEIN. Richtig eingesetzt, schafft es uns jedoch wichtige Freiräume oder schaltet Widersacher in Gesprächen aus.

Nein. Es sind diese vier Buchstaben, die am 27. Oktober 1962 den Ausbruch des Dritten Weltkriegs verhindern, als Kriegsschiffe der U.S. Navy ein unidentifiziertes U-Boot attackieren. Denn was die Navy-Offiziere nicht ahnen: Bei dem U-Boot handelt es sich um die sowjetische B-59, die mit mehreren Atomsprengköpfen bewaffnet ist. Zwei der drei Sowjet-Offiziere an Bord stimmen dafür, die Massenvernichtungswaffen gegen die angreifenden Navy-Schiffe einzusetzen. Kommandant Wassili Archipow jedoch stimmt dagegen. Er gibt den Befehl zum Auftauchen und kann dadurch die Situation entschärfen.

Dabei sind sich Experten einig, dass es in diesem Augenblick eigentlich zur Katastrophe hätte kommen müssen, denn nichts fällt uns schwerer, als in Extremsituationen gegen das Kollektiv zu entscheiden. Der Mensch ist ein soziales Wesen und als solches besonders empfänglich für Gruppendynamiken. Dies wirkt sich auch auf unsere Sprache aus. „Für unsere Vorfahren war es überlebenswichtig, sich mit ihrer Gruppe zu verstehen“, erklärt die Verhaltensforscherin Julie Coultas von der University of Sussex. „Zustimmung ist dabei eines der wichtigsten Werkzeuge, um Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu signalisieren.“

Ja und Nein sind nicht nur Wörter

Der Widerspruch in Form einer Verneinung ist dementsprechend ein extrem riskantes Verhalten, da es im Ernstfall zum Ausschluss aus der Gruppe führen kann. Auch heute noch spüren wir diese Schranken in unserem Sozialverhalten: Die meisten Menschen haben Angst, jemandem einen Gefallen auszuschlagen oder eine Verabredung abzusagen. „Wir müssen lernen, dass ein Nein uns oftmals mehr Türen öffnet, als dass es sie schließt“, sagt Katharine O’Brien vom Baylor College of Medicine in Houston.

Sie untersucht die Gesetze sozialer Konformität und machte dabei eine erstaunliche Entdeckung: O’Brien animierte Teilnehmer einer Studie dazu, in ihrem Alltag häufiger Nein zu sagen. Schon nach wenigen Wochen veränderte sich die Selbstwahrnehmung der Probanden. „Sie entwickelten ein gesteigertes Selbstwertgefühl, fühlten sich eher ernst genommen und hatten das Gefühl, ihr Leben selbst zu bestimmen“, erklärt O’Brien. Darüber hinaus stellten die Teilnehmer der Studie fest, dass ihre Befürchtungen, aufgrund eines Neins aus ihrer sozialen Gruppe ausgeschlossen zu werden, unbegründet waren.

Wie lernt man, Nein zu sagen?

Ein einfaches Nein kann unterschiedlichste Funktionen erfüllen. Es kann eine Verteidigungsstrategie gegen soziale Belastungen und zugleich Ausdruck von Stärke sein. Die Aussage „Nein, das möchte ich nicht“ vermittelt einen Standpunkt, der vom Gegenüber ernst genommen werden muss und in den allermeisten Fällen die eigene Mitbestimmung garantiert. O’Brien empfiehlt: „Halten Sie sich bei jeder Entscheidung vor Augen, was Sie Ihrem besten Freund oder Ihrer besten Freundin raten würden. Wenn Sie ein Nein empfehlen würden, ist das auch die bestmögliche Antwort für Sie selbst.“

In einer 2014 veröffentlichten Studie erklärt Katharine O’Brien unterschiedliche Strategien, die ihren Probanden das Nein­sagen erleichterten:

  1. 1. Zwei Wochen lang alle Gefallen aufschreiben, um die man gebeten wird. 
  2. Selbst so handeln, wie man es dem besten Freund empfehlen würde.
  3. Vor jeder Antwort überlegen, ob einem ein Ja wirklich weiterhelfen würde, oder ob man dadurch ausgenutzt wird.
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