Winterschlaf, Winterruhe und Kältestarre: Besuchen Sie Igel, Hamster, Eichhörnchen und Co. in ihrem Winterquatier.
Bitte nicht stören: Haselmäuse verbringen den Winterschlaf komplett in ihren Nestern. So sparen sie Energie und verbrauchen kaum Futter.
Während sie im Sommer am liebsten kletternd auf Bäumen unterwegs sind, verbringen die mit den Siebenschläfern verwandten Haselmäuse ihren Winterschlaf in frostgeschützten Erdhöhlen oder Baumstümpfen. Ihre Körpertemperatur reduzieren sie deutlich. In dem mit Blättern, Gräsern, Moos und Zweigen ausgepolsterten Nest haben es die Jungtiere kuschelig warm. Ab und an wählen Haselmäuse auch vom Menschen aufgehängte Vogelnistkästen als Winterquartier.
Zusammengerollt im Winterquartier: So kuschelig und gemütlich haben es Igel in ihrem Laubhaufen. Wenn die Tage kürzer und die Nächte kälter werden, ist auch das Nahrungsangebot von Tag zu Tag knapper. Für Igel ist dann die Zeit zum Winterschlaf gekommen. Die kleinen Stacheltiere rollen sich in ihrem Unterschlupf zusammen – und verabschieden sich bis zum nächsten Frühjahr. Gesunde Igel, die schwerer sind als 500 Gramm, haben gute Chancen, den Winter zu überstehen. Deshalb: Nicht wecken, unbedingt in Ruhe lassen!
Der Herbst ist die Schlemmer-Jahreszeit für Winterschläfer wie die Igel. Geschäftig und ruhelos sind sie jetzt unterwegs. Sie fressen sich üppige Speckpolster an, bevor sie sich ein Winterquartier suchen. Über den langen, kalten Winter hinweg zehren sie dann von den körpereigenen Reserven. Für ihren Winterschlaf brauchen die Igel einen geschützten Unterschlupf. Besonders beliebt: ein kuschelig warmer Laubhaufen.
Der Organismus des Igels fährt im Winter alle lebenswichtigen Funktionen auf ein Minimum zurück. Körpertemperatur, Herzschlag und Atemfrequenz sinken rapide ab. Wochen- und monatelang verharrt der Igel in der gleichen zusammengerollten Stellung, wie eine kleine Stachelkugel. Etwa 30 Prozent seines Körpergewichts verliert er im Winterschlaf. Im Frühling heißt es dann wieder: Tüchtig fressen und zu Kräften kommen!
Murmeltiere sind äußerst gesellig und leben das ganze Jahr über im Familienverband. Während des Bergsommers tollen sie gemeinsam über blühende Almwiesen, in den Wintermonaten halten die Alpenbewohner einen so genannten „sozialen“ Winterschlaf: Eng aneinandergeschmiegt ruhen Eltern und Jungtiere – bis zu zwanzig Individuen in einem Bau. Wenn draußen Minustemperaturen herrschen, wärmen sie sich gegenseitig. Bis zu neun Monate kann der Murmeltier-Winterschlaf dauern. Durch die geteilte Körperwärme steigen die Chancen der Jungtiere beträchtlich, auch besonders harte und lange Winter zu überstehen.
Wenn es um den Winterschlaf geht, macht der Siebenschläfer richtig ernst – und erweist seinem Namen alle Ehre. Von September bis Ende April oder Anfang Mai dauert seine Winterschlafphase – und damit sogar deutlich länger als sieben Monate. Im Herbst erreicht der zur Gattung der Bilche oder Schlafmäuse gehörende Siebenschläfer sein Maximalgewicht von bis zu 300 Gramm, dann kann er sich in aller Ruhe zurückziehen. Für den Fall, dass sich ein Siebenschläfer bei Ihnen unter dem Dach einnistet, gilt: Lassen Sie ihn einfach weiterschlafen!
Eichhörnchen legen üppige Wintervorräte an: Sie vergraben und verstecken jede Menge Nüsse, Bucheckern, Eicheln und Samen, damit sie in der kalten Zeit genügend Futter zur Verfügung haben. Winterruhe heißt ihre Strategie. In ihrem Kobel verschlafen sie nur einen Teil des Winters. Hin und wieder unterbrechen sie die Ruhephase, um sich nach draußen zu begeben und von ihren Vorräten zu naschen. Positiv auch für die Natur: Aus vielen der vergrabenen Früchte wachsen neue Pflanzen – denn kein Eichhörnchen findet alles wieder, was es im Herbst in seinen diversen Speisekammern versteckt hat.
Auch Fledermäuse überdauern die kalte, insekten- und damit nahrungsarme Jahreszeit schlummernd – am liebsten dicht gedrängt in der Gruppe. Zwanzig bis dreißig Prozent ihres Gewichts legen Fledermäuse vor dem Winterschlaf zu und suchen sich dann einen Ort, an dem die Temperatur nicht unter den Gefrierpunkt fällt: Tiefe Höhlen, verlassene Stollen, hohle Baumstämme, Ritzen und Spalten sind ideale Verstecke für sie. Wie in einen Mantel hüllen sie sich in ihre Flügelhäute und hängen wie leblose Päckchen von der Decke. Ihre Atemfrequenz sinkt drastisch, auch der Herzschlag geht von rund 600 auf zehn Schläge pro Minute zurück.
Braunbären sind besonders anpassungsfähig: Im Zoo, wo es warm ist und täglich Futter gibt, halten sie keine Winterruhe. Doch in den nördlichen Regionen ihrer Heimat ist die Ruhephase überlebenswichtig. Bis zu sieben Monate verbringen sie in ihrer Höhle und schlafen. Ihr Herzschlag und Stoffwechsel verlangsamt sich, sie schalten auf „Energiespar-Modus“. In den gemäßigten Breiten Mitteleuropas verlassen sie ihre Höhle mehrmals während der Wintermonate.
Auch der Stoffwechsel von Schwarzbären läuft während des Winters auf extremer Sparflamme. So ist es möglich, dass sie fünf bis sieben Monate ohne Nahrung und Wasser, ohne Verlust von Knochen- und Muskelmasse überleben. Im Januar bringen Schwarzbären-Weibchen ihre Jungtiere zur Welt. So wachsen die kleinen Bären geschützt in der Höhle heran und können im Frühling gleich zum ersten Ausflug aufbrechen.
Wie auch das Eichhörnchen hält der Dachs keinen Winterschlaf, sondern Winterruhe. Je nachdem, wie kalt es ist, dauert sie nur wenige Tage bis mehrere Monate. In seinem Bau hat der Dachs es warm, gemütlich – und vor allem geräumig: Dachsbaue können einen Durchmesser von dreißig Metern haben. Der Wohnkessel liegt rund fünf Meter tief unter dem Waldboden und ist über eine Vielzahl von Gängen mit der Oberfläche verbunden. Mit Moos, trockenem Laub und Farnkraut polstert der Dachs seine Höhle aus. Oft wird ein Dachsbau über viele Generationen und Jahrzehnte hinweg von einer Familie benutzt und im Lauf der Zeit immer weiter ausgebaut.
Um in seinem Bau komfortabel über den Winter zu kommen, benötigt der Feldhamster mindestens zwei Kilo Nahrungsvorräte. Bis zu fünf Kilo Körner, Hülsenfrüchte, Mais, Kartoffeln, Klee und Rüben bunkert er während der Sommermonate in seinen Vorratskammern. Somit ist auch klar, woher die Redewendung „Vorräte hamstern“ kommt. Die vielen Leckerbissen transportiert er übrigens in seinen Backentaschen von den Feldern hinab ins Erdreich. Während seiner Winterruhe wacht er alle fünf bis zehn Tage auf, um sich an seinen gehamsterten Delikatessen zu laben.
Den Großteil seines Lebens verbringt der Maulwurf ohnehin in den Tunneln seines selbst gegrabenen Gangsystems. Für gewöhnlich verlaufen die Gänge dicht unter der Oberfläche. Bei klirrender Winterkälte, wenn der Boden gefriert, gräbt der Maulwurf noch tiefer als im Sommer. Seine Nestkammer polstert er mit Gras und Laub aus. Winterruhe oder echten Winterschlaf hält er nicht. Doch für die Zeit, in der er nicht effektiv graben kann, legt er Futtervorräte an – bevorzugt Regenwürmer, die er mit einem gezielten Biss lähmt.
Kältestarre: Das ist die Strategie vieler Insekten und wechselwarmer Tiere, um heil über den Winter zu kommen. Reptilien wie Schildkröten oder Eidechsen und Amphibien wie Lurche, Frösche oder Kröten können ihren Wärmehaushalt nicht selbst aktiv beeinflussen. Wenn ihre Umgebungstemperatur zu weit absinkt, erfrieren sie. Deshalb suchen sie sich einen geschützten Unterschlupf, vergraben sich unter Laub oder im Morast und verbringen den Winter regungslos, in eisiger Starre. Auch einige Fische verfallen in Winterstarre, tief unten am Seegrund, isoliert durch die dicke Eisdecke, die das zugefrorene Gewässer schützt.
Steinadler, Mäusebussard oder Habicht leiden im Winter oft Hunger. Im Unterschied zu den vielen Zugvögeln, die im Herbst Richtung Süden aufbrechen, verbleiben sie in heimischen Gefilden. Doch weil eben jetzt all die Nagetiere, die sonst auf ihrem Speiseplan stehen, in ihren Höhlen schlummern, müssen sie verstärkt nach Beute Ausschau halten. Im Winter sind sie deshalb oft noch viel besser zu beobachten als in anderen Jahreszeiten. Häufig warten die majestätischen Raubvögel in der Nähe von Straßen, gerne auf einem Baum oder sonstigem erhöhten Aussichtspunkt. Denn auch überfahrenes Wild ist ihnen jetzt ein gefundenes Fressen.
Welche Signale dafür sorgen, dass die Tiere im Frühling wieder aufwachen, ist noch nicht vollständig erforscht. Die steigende Umgebungstemperatur spielt wohl zusammen mit Prozessen im Organismus die wichtigste Rolle. Während der Aufwachphase erhöht sich die Körpertemperatur der Winterschläfer, Hormone kurbeln die Energieverbrennung an. Einmal aufgewacht, ist nach vielen Monaten wieder die Zeit gekommen, um einen ersten Ausflug vor die Höhle zu wagen. Draußen hält der Frühling Einzug, die Natur erwacht zu neuem Leben. Auf Almen und Feldern, in Gärten und Wäldern wartet ein neuer Sommer und der Kreislauf des Lebens beginnt von vorne.
Ist das nicht eine verlockende Vorstellung? Zu Hause alles schön gemütlich herrichten, die Speisekammer mit leckeren Vorräten füllen, Heizung aufdrehen – und ab in den Winterschlaf! Während wir Menschen an langen, hellen, warmen Sommertagen eine gesteigerte Aktivität und ein geringeres Schlafbedürfnis zeigen, lassen wir es in der kalten und dunklen Jahreszeit ruhiger angehen. Wie genau diese zeitlichen Rhythmen zustande kommen, erforscht die Chronobiologie.
Schlafen, um zu überleben
Doch auf einen „echten“ Winterschlaf, wie ihn viele heimische Wildtiere halten, ist unser Organismus nicht ausgelegt. Es besteht auch kein Bedarf: Ausreichend Nahrung steht uns ganzjährig zur Verfügung, wir leben in wohltemperierten Häusern und müssen außerdem zur Arbeit oder in die Schule. Für Igel, Murmeltiere, Siebenschläfer und viele andere Tiere ist eine effektive Strategie gegen die extremen Witterungsbedingungen des Winters dagegen überlebenswichtig. Um wohlbehalten durch die kalte Jahreszeit zu kommen, brauchen einige von ihnen teils monatelange Phasen der absoluten Ruhe.
Hamstern im Herbst
Im Herbst heißt es deshalb: Vorräte anlegen oder Speckschicht anfressen. Eine behagliche Höhle oder ein anderer passender Unterschlupf muss jetzt auch hergerichtet werden. Denn ohne Winterschlaf, Winterruhe oder Kältestarre wären manche Tiere nicht überlebensfähig, wenn der Boden hart gefroren und die Natur von einer dicken Schneeschicht bedeckt ist.