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Seide: Wie Raupen die Naturfaser herstellen und Seide entdeckt wurde

Foto: Pixabay / Paolo Zerbato

Seide: Wie Raupen die Naturfaser herstellen und Seide entdeckt wurde

Die Herstellung von Seide blieb über Jahrtausende das Geheimnis chinesischer Herrscher: Hinter dem schimmernden Faden verbarg sich der Speichel einer Raupe. So wurde die Seide erfunden.

Seide ist hauchzart, exquisit und begehrt – und das schon seit Jahrtausenden. Streng hüteten die Chinesen das Geheimnis ihrer Herstellung: Nur fertige Stoffe durften über die Seidenstraße ins Abendland gelangen. Wer es wagte, die Eier oder Raupen des Seidenspinners außer Landes zu bringen, wurde mit dem Tod bestraft. Zu leicht hätte die Konkurrenz im Abendland das Geheimnis ergründen können, das in dem unauffälligen Insekt steckte.

Seidenherstellung: ein verbotenes Geheimnis

Das Geheimnis des Seidenspinners wurde schon vor Tausenden von Jahren enthüllt. Zahlreiche Legenden ranken sich um die Entdeckung. Nach der bekanntesten war es die chinesische Kaiserin Si-Ling-Chi um 2640 vor Christus, der wir die Seide zu verdanken haben. In ihrem Garten, so heißt es, nahm sie unter einem Maulbeerbaum eine Tasse Tee zu sich, als der Kokon einer Seidenspinnerraupe in ihr Getränk fiel. Beim Versuch, den fremden Gegenstand zu entfernen, hielt Si-Ling-Chi plötzlich ein Knäuel aus schimmernden Fasern in ihren Händen.

Ihr kam die Idee, das feine Gespinst zu Stoff zu verarbeiten. Es war die Geburtsstunde der chinesischen Seidenindustrie. Der Kaiserin zu Ehren heißt die Faser im Chinesischen „si“. Davon leiten sich das englische „silk“, das französische Wort „soie“ und der Begriff „Seide“ im Deutschen ab.

Seide: über 3000 Jahre ein Geheimnis

Erst im sechsten Jahrhundert nach Christus lüftete die westlichen Welt das Geheimnis der Seidenproduktion. Im Jahre 555 sandte der byzantinische Kaiser Justinian zwei Mönche nach China. Sie sollten das Rezept zur eigenen Seidenherstellung herausfinden.

Ihr Wissen erwarben die Mönche während ihres langjährigen Aufenthalts in China. Nun galt es, die notwendigen Utensilien herauszuschmuggeln. In ihren Bambusstöcken – Kennzeichen ihres Pilgerstatus – verbargen die Mönche Raupeneier und Maulbeersamen. Diese List hatte Erfolg: Noch heute stammen sämtliche europäischen Seidenspinnerraupen von der verbotenen Fracht ab, welche die beiden Mönche ins oströmische Reich brachten.

Wie Raupen Seide herstellen

Die reinste Seide produziert die Raupe des Maulbeerspinners „Bombyx mori“. Der begehrte Faden entsteht in einem komplexen Drüsenapparat im Inneren des Raupenkörpers. Das Organ besteht aus zwei paarigen Spinndrüsen und ist ausgestreckt drei Mal so lang wie die Raupe selbst. Im hinteren Teil der Drüsen produziert die Raupe eine eiweißhaltige, hornähnliche Substanz: das Fibroin.

Der Fibroin-Faden wird im mittleren Drüsenbereich von einer klebrigen Masse, dem Seidenbast  beziehungsweise Sericin, umhüllt. In der Spinnpresse am Unterkiefer der Raupe endet der Drüsenapparat. Dort werden die beiden klebrig umhüllten Eiweißfäden nach außen gedrückt. Jeder Seidenfaden besteht also aus zwei Fäden – hauchdünn und zusammengeklebt.

Seide ist ein Material der Superlative

Der Faden kann endlos lang werden und läuft auch sonst außer Konkurrenz: Weich ist er, geschmeidig und knitterfrei. Das Eiweiß macht ihn hautähnlich und damit auch hautverträglich. Seide ist die feinste und elastischste Naturfaser der Welt: Ein Faden von einem Meter Länge kann sich um mehr als 15 Zentimeter dehnen, ohne zu reißen.

Das macht Seide widerstandsfähiger als Stacheldraht. Zudem wirkt Seide temperaturregulierend: Sie kühlt bei Hitze, wärmt bei Kälte und saugt bis zu dreißig Prozent ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit auf, ohne sich nass anzufühlen. Außerdem brechen kleinste Unebenheiten einfallendes Licht wie ein Prisma. Das ist der Grund für ihren schimmernden Glanz.

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