Hygiene und Körperpflege waren für uns Menschen nicht immer selbstverständlich. Im Mittelalter hüteten wir uns vor Wasser und Seife. Als sich die Pest und andere Seuchen verbreiteten, kursierte die Vorstellung, dass Krankheiten überhaupt erst durch Wasser und Seife in den Körper hineingelangen. Doch woher kommt die Seife und wann hat sich unsere Einstellung zu ihr gewandelt?
Seife als angeblicher Krankmacher im Mittelalter
Ob Pest, Cholera oder Typhus: Viele Krankheiten entstehen durch mangelnde Hygiene. Im Mittelalter starben deshalb Millionen Menschen. Schuld daran war der Irrglaube, dass Wasser und Seife krank machen können, der sich hartnäckig hielt. Im 16. und 17. Jahrhundert war es gang und gäbe, sich einzupudern und zu parfümieren. Wasser war weiterhin verpönt. Läuse, Flöhe und Krankheitserreger konnten sich so allerdings besonders gut ausbreiten.
Die Begründung der damaligen Wissenschaft klingt wie gefährliches Halbwissen: Über die Poren in der Haut könne das Wasser in den Körper eindringen und ihn mit Krankheiten infizieren. Zudem stand Wasserdampf im Verruf, der Manneskraft zu schaden. Gemeinhin badeten die Menschen nur, wenn Ärzte es anordneten.
Erst gegen Ende der Barockzeit verbesserten sich die hygienischen Zustände in Europa. Es dauerte allerdings bis zum bürgerlichen 19. Jahrhundert, bis die Seife Bestandteil unserer Körperpflege wurde. Denn so lange dauerte es, bis die Medizin entdeckte, dass Bakterien Krankheiten übertragen können. Und dass bestimmte Stoffe auch Bakterien neutralisieren können.
Die Sumerer gelten als Entdecker der Seife
Dabei begann die Geschichte der Seife bereits vor 4000 Jahren. Erste Hinweise auf eine Seifenrezeptur finden sich bei den Sumerern. Dieses hochentwickelte Volk aus dem heutigen Irak besaß bereits fundierte Kenntnisse in Chemie. Die Sumerer erkannten, dass Pflanzenasche die Wirkung einer Lauge besitzt.
Indem sie diese Lauge mit Ölen vermischten, erfanden die Sumerer die Basis der Seife. Allerdings übersahen sie dabei den reinigenden Effekt. Sie verwendeten Seife lediglich als Heilmittel für Verletzungen. Andere Kulturen wie die Ägypter und Griechen übernahmen diese Rezeptur. Doch erst die Römer bemerkten die säubernde Wirkung der Seife.
Die erste Seife in ihrer heutigen Form stammt aus dem siebten Jahrhundert. Araber verkochten Öl und Lauge miteinander – das Seifensieden war geboren. Schnell breitete sich dieses Wissen in Europa aus. Spanien und Frankreich avancierten zu den führenden Herstellern von Seife. Dann begann das Mittelalter – und die Seife geriet plötzlich in Verruf.
Warum Seife sauber macht
Seife besteht unter anderem aus Tensiden. Das sind Substanzen, die die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten verringern können. Sie befinden sich heute als waschaktive Substanzen in Waschpulver, Spülmittel und Putzmittel.
Tenside haben einen wasserliebenden und einen fettliebenden Anteil. Der fettliebende Anteil der Seife lagert sich gern an Schmutzpartikel an. Da sich die Moleküle aufgrund ihrer gleichartigen elektrischen Ladung gegenseitig abstoßen, lösen sie die Schmutzpartikel. Fließendes Wasser kann den Schmutz dann mühelos wegspülen.
Der Einfluss der Seife auf die Oberflächenspannung von Wasser zeigt sich an der Bildung von Schaum. Daher kann die Seifenlösung auch in kleinste Zwischenräume eindringen und den Schmutz dort lösen.
Seife entfernt auch das Coronavirus von Oberflächen – warum?
Wer die Hände regelmäßig mit Seife wäscht, minimiert auch die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Das liegt an dem Aufbau des Coronavirus. Dieser ist von einer Fetthülle umgeben, die für den Schutz des Virus zuständig ist.
Die Wirksamkeit der Seife gegen Fett zahlt sich auch hier aus. Nach 20 bis 30 Sekunden Kontakt mit Seife ist die Fetthülle des Virus komplett zerstört. Ohne den Schutz seiner Fetthülle kann sich das Virus nicht mehr vermehren und ist somit harmlos. Beim Abspülen mit Seife werden die verbleibenden Virenreste weggespült.
Zu viel Seife kann der Haut schaden
Dermatologen warnen allerdings vor dem übermäßigen Gebrauch von Seife. Schuld daran ist, dass Seife einen pH-Wert von 8 bis 11 besitzt und damit alkalisch ist. Dadurch kann Seife den natürlichen Schutzmantel der Haut schädigen. Dieser weist einen pH-Wert von 4,8 bis 5,3 auf.
Zu häufiges Einseifen kann diesen natürlichen Schutzmantel schädigen und der Haut Fett entziehen. Das sorgt nicht nur für die typischen ausgetrockneten Corona-Hände. Zudem können Schadstoffe und Keime jetzt leichter in die Haut eindringen und zu Entzündungen führen.
Für alle, deren Haut empfindlich auf zu viel Seife reagiert, sind synthetische Detergentien – kurz Sydents – eine Alternative. Diese bestehen aus künstlich hergestellten Tensiden. Um die Haut vor dem Austrocknen zu bewahren, sind sie zusätzlich mit speziellen rückfettenden Substanzen angereichert. Hinweis auf geeignete Sydents geben Angaben wie „pH-hautneutral“ oder ein pH-Wert von 4,1 bis 5,8.