Alle zwei Wochen stirbt eine Sprache aus. Doch sprachliche und kulturelle Vielfalt repräsentieren universelle Werte. Ob bestimmte Ureinwohnersprachen auf Papua-Guinea (Bild) oder Minderheitensprachen in Deutschland, wie etwa Nordfriesisch oder Saterfriesisch: Sie stärken die Einheit und den Zusammenhalt einer Gesellschaft.
Heute ist die Hälfte der weltweit rund 7000 gesprochenen Sprachen vom Verschwinden bedroht. Ein Großteil dieser Sprachen wird von weniger als 10.000 Menschen gesprochen. Die Vereinten Nationen haben deshalb auf Anregung der UNESCO hin den 21. Februar zum Internationalen Tag der Muttersprache erklärt. So soll auf die enorme Bedeutung von kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit aufmerksam gemacht werden. Das Bild zeigt die Feierlichkeiten in Dhaka, Bangladesch.
Historisch nimmt der Tag der Muttersprache Bezug auf den 21. Februar 1952: Damals kam es in Dhaka, der Hauptstadt des damaligen Ost-Pakistan, zu einer Demonstration gegen den Beschluss der Regierung, die Sprache Urdu zur Amtssprache zu erheben. Urdu war die Sprache der herrschenden Schichten in Pakistan sowie die Sprache der Muslim-Liga, auf deren Betreiben hin der Staat Pakistan gegründet wurde.
Urdu wurde nur von etwa drei Prozent der Bevölkerung gesprochen. Über 56 Prozent der Gesamtbevölkerung West- und Ost-Pakistans hingegen pflegten Bengali als Muttersprache. In Ost-Bengalen, dem damaligen Ost-Pakistan, lag der Anteil sogar bei 98 Prozent. 1971 erklärte Ost-Bengalen nach neunmonatigem Bürgerkrieg seine Unabhängigkeit von Pakistan. Landessprache im neuen Staat Bangladesch war fortan Bengali.
Sprache stiftet Identität: Heute erinnern zahlreiche Wandmalereien in Dhaka an den Unabhängigkeitskrieg, die Zeremonien am 21. Februar haben Volksfestcharakter.
Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen definiert den Begriff als eine von einer Minderheit in einem Staatsgebiet gebrauchte Sprache, die sich von der Amtssprache unterscheidet – und weder ein Dialekt noch die Sprache von Zuwanderern ist. Auf dem Bild ist ein friesisch-deutsches Straßenschild zu sehen.
Unter die Definition einer Minderheitensprache fallen in Deutschland Sorbisch (Bild: Sorbische Tracht), Nordfriesisch, Saterfriesisch, Dänisch und Romani. In den Regionen, in denen sie gesprochen werden – Sorbisch etwa in der Lausitz und das Friesische in Nordfriesland – haben sie tragende kulturelle und identitätsstiftende Bedeutung für viele Menschen.
Nach Einschätzung der UNESCO sind 2500 Sprachen bedroht. Der Atlas der bedrohten Sprachen listet sie nach Name, Bedrohungsgrad und Region auf.
Sprache ist pures Leben
Wie trist wäre unser Alltag, wenn wir uns nicht mit anderen Menschen austauschen und verständigen könnten? Undenkbar. Kommunikation, Information, Kultur, Klatsch und Tratsch: Ohne die passenden Worte wäre all das nur schwer vorstellbar.
Zum Internationalen Tag der Muttersprache, jedes Jahr am 21. Februar, macht die UNESCO genau darauf aufmerksam – und hebt die enorme Bedeutung kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit hervor. Denn von den rund 6700 Sprachen, die heute weltweit gesprochen werden, sind nach UNESCO-Einschätzung mehr als 2450 vom Verschwinden bedroht.
Warum sterben Sprachen aus?
Neue Medien begünstigen weltweit den Einfluss einzelner Sprachgruppen. Kommunikation und internationaler Austausch werden immer wichtiger in unserer globalisierten Welt. Die tragende Rolle spielen dabei einige wenige Wirtschafts- und Verkehrssprachen, etwa Englisch, Spanisch, Französisch, Russisch oder Chinesisch.
Weltweit werden sie in Schulen unterrichtet und von vielen Millionen Menschen gesprochen. Andere Sprachen hingegen sind bisher nicht einmal urkundlich erwähnt. Und wenn der letzte Sprecher oder Leser einmal gestorben ist, verschwindet mit großer Wahrscheinlichkeit auch seine Sprache.
UNESCO-Atlas der bedrohten Sprachen
Dass Sprachen gefährdet sind, hat vielfältige Gründe: Krieg, Vertreibung und Stigmatisierung gehören ebenso dazu wie Migration und Vermischung der Sprachen. In vielen Ländern werden immer weniger Bücher und Lehrbücher in lokalen Sprachen und Dialekten gedruckt. Dies bedroht die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und bewirkt die soziale Isolierung kleinerer Sprachgemeinschaften.
Dabei steht jede Sprachvariante für eine eigene Sicht der Welt. Dies gilt für Ureinwohnersprachen auf Papua-Neuguinea genauso wie für die Weltsprache Englisch. Nach Einschätzung der UNESCO sind 2450 Sprachen bedroht. Der Atlas der bedrohten Sprachen listet sie nach Name, Bedrohungsgrad und Region auf. Etwa 1500 Sprachen sind akut vom Aussterben bedroht, da Kinder sie nicht mehr als ihre Muttersprache erlernen.
Gefährdete Sprachen in Deutschland
Die Sprachen im UNESCO-Atlas sind nach Name, Bedrohungsgrad und Region aufgelistet. Auch aus Deutschland sind 13 Regional- und Minderheitensprachen als gefährdet gelistet. Nordfriesisch und Saterfriesisch gelten als ernsthaft gefährdet.
Auch Sorbisch, Bairisch oder Alemannisch wird von immer weniger Menschen gesprochen. Das Jütländische, wie es an der deutsch-dänischen Grenze gesprochen wird sowie die Sprache Romani der Sinti und Roma, zählen zu den gefährdeten Minderheitensprachen.