Nicht alle berühmten Todesfälle der Geschichte sind gelöst. Doch mit modernen Analysen können Ermittler heute Fälle zum Abschluss bringen, die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten in den Akten schlummern. Zusammen mit Forensikern bringt Welt der Wunder diese ungelösten Fälle noch einmal auf den Seziertisch. Wer tötete Dag Hammarskjöld?
Flammen schlagen durch das Unterholz. Überall liegen Wrackteile. Es sind die Überreste eines Flugzeugs des Typs DC6. An Bord: Dag Hammarskjöld. Der schwedische UN-Generalsekretär findet
in der Nacht zum 18. September 1961 in einem Waldstück nahe Ndola im heutigen Sambia den Tod. Weshalb die Maschine abstürzt, kann nie ganz geklärt werden. Nach einer von der UNO eingeleiteten Untersuchung heißt es explizit, ein Komplott könne nicht ausgeschlossen werden.
Warum aber sollte jemand Hammarskjölds Tod wollen? Der Schwede hat sich ganz der Friedensmission verschrieben, den Schutz der Hilflosen macht er zu seinem größten Anliegen – und er ist äußerst erfolgreich. Selbst in aussichtslos erscheinenden Situationen kann Hammarskjöld Frieden schaffen, dafür bekommt er postum den Friedensnobelpreis verliehen.
Kampf in Afrika
An jenem 18. September macht er sich auf den Weg nach Afrika – in die ehemalige belgische Kolonie Kongo. Dort kämpfen nach der Ermordung des Ministerpräsidenten Patrice Lumumba Rebellen aus dem Süden des Landes und die Regierung unter Lumumbas Nachfolger Adoula um die Vorherrschaft in der Provinz Katanga. Es geht um Rohstoffe, Macht und Einfluss – und um das Schicksal eines ganzen Kontinents. Der Kongo gilt bis zum Ausbruch des Konflikts als Vorreiterstaat für ein demokratisches Afrika.
Doch Belgier, Amerikaner und Briten unterstützen im Geheimen die Rebellen und wollen von der Instabilität profitieren. Die Regierung dagegen hat die Sowjetunion an ihrer Seite. Der junge kongolesische Staat steckt zwischen den Fronten des Kalten Krieges. Hammarskjöld weiß: Wenn er hier vermitteln kann, hat das Auswirkungen auf den ganzen Kontinent. Allein: Er kommt nie an.
Bis heute werfen die mysteriösen Umstände des Absturzes Fragen auf. Immer wieder tauchen Hinweise auf einen gezielten Abschuss auf.
„Es gibt genügend Augenzeugen, die ein zweites Flugzeug gesehen haben. Dieses Flugzeug ist ein Abfangjäger gewesen“, sagt Mohamed Chande Othman, ehemaliger Oberster Richter Tansanias.
Augenzeugen berichten darin von einem hellen Blitz am Himmel, ehe die Maschine abstürzt und am Boden zerschellt. Andere wollen ein zweites Flugzeug gesehen haben. Und der einzige Überlebende Harold Julien habe gegenüber Ermittlern angegeben, eine Explosion an Bord gehört zu haben. Wenige Tage nach dem Unglück erliegt auch er seinen schweren Verletzungen. Fiel der UN Generalsekretär also einem Komplott zum Opfer? Geheime Dokumente belasten den amerikanischen, den südafrikanischen und den britischen Geheimdienst, doch die Regierungen bestreiten bis heute deren Echtheit.
Offene Fragen: Steckte Südafrikas Apartheid-Regime hinter dem Absturz?
Einige Tage nach dem Absturz reist Hammarskjölds Neffe Knut an die Unglücksstelle. Zwischen den Wrackteilen findet er keine menschlichen Überreste: „Die wurden wohl schnell entfernt.“ 1998 veröffentlichte die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission acht Briefe, nach denen südafrikanische Geheimdienste zusammen mit der CIA und den britischen M15 an der Sabotage der Maschine beteiligt gewesen sein sollen.