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Das Metaverse als Hoffnung für den Einzelhandel?

Foto: Envato / YuriArcursPeopleimages

Das Metaverse als Hoffnung für den Einzelhandel?

Das klassische Onlineshopping zeigt momentan sowohl für Käufer als auch für Verkäufer immer mehr Schwachstellen. Doch auch hier hat das Metaverse das Potenzial, die Branche neu zu definieren.

Keine fünf Minuten im Internet mehr ohne Tracking

Inzwischen stellt sich bei jedem Besuch im Internet das Gefühl ein, als würden wir durchleuchtet. Die vielfältigen Tracking-Verfahren verfolgen uns auf jeder Website, registrieren jeden Link, den wir anklicken, und jede Unterseite, auf der wir uns länger aufhalten.

Das Ziel: Internetnutzerinnen und -nutzer sollen ausschließlich relevante Werbung sehen, die ihrem Kaufverhalten entspricht. Denn nur auf diese Weise können sie optimal zum Kauf motiviert werden – zumindest in der Theorie.

Dennoch kennen die meisten Unternehmen die Bedürfnisse und Vorlieben ihrer Kundinnen und Kunden kaum. Und erhält man eine Bestellung aus einem Onlineshop an, stellt sich oftmals heraus, dass sie nicht den Erwartungen entspricht. Doch wie kommt es trotz modernster Technik dazu?

Der Kunde als großer Unbekannter im klassischen E-Commerce

Große Unternehmen sammeln heute täglich Terabytes an Kundendaten. Doch das Sammeln und Anhäufen von Daten ist für den Einzelhandel nur die halbe Miete. Viel wichtiger ist es, aus den Daten Rückschlüsse auf die tatsächlichen Kundenbedürfnisse zu ziehen, um aus Kunden Stammkunden zu machen.

Doch das gelingt derzeit nur den wenigsten Unternehmen. Vielmehr ist ein Großteil der gesammelten Kundendaten so spezifisch, dass sie allein kaum Rückschlüsse auf Kundenbedürfnisse zulassen.

Sehr wenige Werbebanner liefern uns wertvolle Empfehlungen

Das Ergebnis sind die bekannten Werbebanner in verschiedenen Werbenetzwerken, die meist nichts mit unseren Präferenzen zu tun haben. Ein weiterer Nachteil: Kaufen wir tatsächlich eines der beworbenen Produkte oder eine der beworbenen Dienstleistungen, erhalten wir in vielen Fällen weiterhin Werbung dafür.

Hinzu kommt, dass die meisten Kundendaten heute in großen, autarken Datenbanken gespeichert sind. Dort verstauben sie oft ungenutzt. Viel sinnvoller wäre es daher, die Daten mehrerer Shops miteinander zu verknüpfen, um sich ein detailliertes Bild der Käuferinnen und Käufer machen zu können.

So würden dann aussagekräftige Kundenprofile entstehen, die zielgenaue Empfehlungen für Produkte und Dienstleistungen ermöglichen.

Die Empfehlungen im Onlineshopping sind trotz hoher Datensammelwut ungenau

Zwei Beispiele: Ein Winzer erfährt derzeit bei einer Bestellung in seinem Onlineshop nur, welchen Wein ein Kunde zu bevorzugen scheint. Zusätzlich wäre es für ihn eine große Hilfe die Information zu erhalten, zu welchen Gerichten der Kunde seinen Lieblingswein genießt, um passende Empfehlungen auszusprechen. Gleiches gilt für einen Möbelhersteller, der davon profitieren könnte, wenn er wüsste, wie seine Kunden bevorzugt ihre Wohnung dekorieren.

Die Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Shops könnte das Ende irrelevanter Werbebanner sein

Wäre es möglich, relevante Daten aus mehreren Shops zu kombinieren, würde sich ein gänzlich anderes Bild ergeben:

Ein besonders guter Kunde des Winzers trinkt am liebsten Chianti, bevorzugt beim Abendessen zum Rinderbraten. Darüber hinaus genießt der Kunde bevorzugt Kartoffelgerichte und grünes Gemüse. Hat der Winzer Zugriff auf diese Informationen, kann er die besten Weine empfehlen, die zu Rinderbraten, Kartoffelgerichten und grünem Gemüse passen.

Der Möbelhersteller würde erfahren, dass sein Kunde nicht nur Möbel aus hellem Holz, sondern auch bunte Dekoartikel und bunte Tapeten mag. So kann er ihm nun zielgerichtet Möbel empfehlen, die zu bunten Dekoartikeln und bunten Tapeten passen.

Diese Beispiele lassen sich problemlos auf weitere Branchen ausweiten. Die Realisierung setzt jedoch eine einheitliche Datenbank für Kundendaten voraus, die wiederum dezentral gespeichert ist, sodass jedes Unternehmen in der Einzelhandelsbranche darauf zugreifen kann.

Dezentrale Speicherung von Kundeninformationen per Blockchain-Technologie

Eine optimale Grundlage für eine dezentrale Kundendatenbank könnte durch eine Blockchain-Lösung gelegt werden. Eine Blockchain ist eine Datenbank, die aus einer ständig erweiterbaren Liste von Datensätzen in einzelnen Blöcken besteht. An diese Kette von Blöcken werden weitere Blöcke angehängt, die neue Daten enthalten. Die Verwaltung und der Zugriff der Blockchain erfolgt dezentral – beides ist theoretisch von jedem internetfähigen Gerät aus möglich.

Auf einer Blockchain können beliebige Informationen gespeichert, verarbeitet, geteilt und verwaltet werden. Dabei gilt das Blockchain-Verfahren als extrem sicher, da jeder Datenblock aufwendig verschlüsselt und mit den vorhergehenden und nachfolgenden Blöcken verbunden ist, was Manipulationen und Fälschungen entgegenwirkt.

Quelle: YouTube / blockchaineurope5548

Auch private Blockchains für sensible Kundendaten sind möglich

Die klassische Definition einer Blockchain ist eine öffentliche Datenbank. Blockchain-Technologie ermöglicht jedoch auch private Blockchains zur Speicherung sensibler Kundendaten. Eine private Blockchain ist nur einem bestimmten Teilnehmerkreis zugänglich.

Der Ersteller der Blockchain oder eine Gruppe von Verantwortlichen legt dabei fest, wer Zugriff erhält, und vergibt passende Berechtigungen. Durch die hohe Sicherheit der Blockchain wird ein Zugriff durch Kriminelle oder andere Unbefugte extrem erschwert. Somit ließe sich eine spezielle Customer-Blockchain erstellen, in denen Einzelhändler Kundendaten aus allen Branchen speichern können.

Lassen sich Kundendaten aus Blockchains löschen?

Gleichzeitig schreibt die klassische Blockchain-Definition vor, dass in die Blockchain aufgenommene Datenblöcke aus Sicherheitsgründen unveränderbar sind und auch nicht gelöscht werden können. Allerdings arbeiten zahlreiche Forscher bereits an Techniken, die das „Recht auf Vergessen“ auch für Blockchain-Systeme ermöglichen. Dies könnte in Zukunft auch das Löschen von Kundendaten auf Anfrage ermöglichen.

Ermöglicht die dezentrale Struktur des Metaverse die Demokratisierung des Einzelhandels?

Eine der entscheidenden Neuerungen des Metaverse als Nachfolger des Internets ist sein dezentraler Aufbau. Das Internet, wie wir es kennen, ist davon geprägt, dass Technologieriesen und Medienunternehmen ihre eigenen Ökosysteme aufgebaut haben. Diese sind klar voneinander abgegrenzt und mit speziellen Mechanismen versehen, um so viele Nutzer wie möglich an sich zu binden.

Das Metaverse als dezentrales Ökosystem sieht dagegen vor, dass auch die Global Player der Welt ihre Dienste in seine 3D-Welt integrieren. Etwa, indem soziale Netzwerke und News-Plattformen ihre Inhalte über virtuelle Bildschirme im Metaverse zugänglich machen, anstatt sie auf abgegrenzte Bereiche zu beschränken. Das Resultat ist eine offenere Struktur mit mehr Freiheiten und Wahlmöglichkeiten für den Nutzer, die auf Integrieren statt Abgrenzen setzt.

Diese dezentrale Organisation bedeutet auch, dass der Einzelhandel neue Wege einschlagen und auch besser auf Kunden zugehen kann.

So kann E-Commerce im Metaverse in der Praxis aussehen

Virtuelle Boutiquen im Metaverse

Bekleidungsgeschäfte eignen sich ideal für Präsenzen im Metaverse. In einer frei erkundbaren 3D-Welt kann der Kunde jedes Kleidungsstück virtuell aus allen Winkeln betrachten. Dazu kann er es sofort an seinem Avatar in Bewegung sehen und erhält einen Eindruck, wie es getragen aussieht.

Beim Kauf könnte der Nutzer entscheiden, ob die gekaufte Ware in die Customer-Blockchain eingetragen werden soll. Entscheidet er sich dafür, kann er in Zukunft Empfehlungen erhalten, welche Schuhe und Accessoires zu seinem gewählten Kleidungsstück passen.

Maßgeschneiderte Sonderanfertigungen im Metaverse

Wer ein speziell gefertigtes Möbelstück oder ein Musikinstrument in Auftrag gibt, kann in einem Metaverse-Shop seine Entstehung direkt verfolgen und jederzeit Einfluss auf seine Gestaltung nehmen.

Stellt der Käufer der Customer-Blockchain seine Daten zur Verfügung, kann er vom Hersteller in Zukunft gezielte Produktvorschläge erhalten – wie etwa Empfehlungen für Musikzubehör oder etwa Empfehlungen, welche Einzelstücke seine Wohnung weiter verschönern könnten.

Entertainment-Themenwelten im Metaverse

Das Metaverse eignet sich auch für dreidimensionale Themenwelten, die auf Blockbuster-Filmen und Bestseller-Büchern basieren. Wer unentschlossen ist, ob er den neuesten Roman von Dan Brown lesen oder den nächsten Teil der „Mission Impossible“-Reihe sehen möchte, könnte in einer entsprechend gestalteten 3D-Umgebung für ein paar Minuten in die Welt des jeweiligen Franchise eintauchen.

Entscheidet sich der Nutzer, seine Daten an die Customer-Blockchain weiterzugeben, kann er gezielt Film- und Buchempfehlungen erhalten, die seinen Interessen und Vorlieben entsprechen.

Schöne neue E-Commerce-Welt?

Natürlich haben Konzepte für einen demokratischeren E-Commerce im Metaverse auch ihre Schattenseiten. Sollte sich eine Customer-Blockchain durchsetzen, darf es keinen Zwang zum Eintrag von Daten geben. Kundinnen und Kunden müssten jederzeit die Möglichkeit haben, darüber zu entscheiden, welche ihrer Daten gespeichert – oder auch gelöscht werden. Dennoch bleibt immer die Gefahr, dass unseriöse Firmen ohne Zustimmung der Nutzer Daten sammeln.

Zwar ist es bereits heute möglich, die Einwilligung von Website-Besuchern in die Verarbeitung ihrer Daten einzuholen. Allerdings erfolgt die Information darüber derzeit meist in lästigen Cookie-Bannern – oft kombiniert mit seitenlangen Texten voller juristischer Floskeln. Damit sich die E-Commerce-Branche neu erfinden kann, ist somit auch eine einfachere Lösung zur Einholung der Einwilligung der Kunden notwendig.

Datendiebstahl gehört weiterhin zu den größten Gefahren

Der größte Schaden kann weiterhin entstehen, wenn Kundendaten in die falschen Hände geraten. Auch wenn Kundendaten anonymisiert gespeichert werden, können sie tiefe Einblicke in das tägliche Leben des Kunden ermöglichen.

Zudem gelten Blockchain-Lösungen zwar als sehr sicher, aber nicht als unfehlbar. Cyberkriminelle werden weiterhin alles daran setzen, Kundendaten auszuspionieren – etwa indem sie sich durch Täuschung, Manipulation und Social Engineering Zugang verschaffen. Einem solchen Datenmissbrauch könnte durch eine Verschärfung der Datenschutzgesetze für Metaverse-Plattformen ein Riegel vorgeschoben werden.

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