Das erste Metaverse-Konzept konzentrierte sich auf Chatten und Online-Gaming
Bereits die frühsten Konzepte beschrieben das Metaverse als stark sozial geprägtes Medium. Den Grundstein für unsere heutige Metaverse-Vision legte der 1992 erschienene Roman „Snow Crash“ von Neal Stephenson. Hier wird das Metaverse vor allem als sozialer Treffpunkt für Avatare mit vielfältigen virtuellen Locations wie Flaniermeilen und Clubs dargestellt.
Der Autor des Science-Fiction-Kultromans hat sich dabei vermutlich von den frühen Internetforen und Chatrooms inspirieren lassen – und deren Konzepte in eine 3D-Welt übertragen. Auch Kämpfe zwischen Avataren, die an heutige Online-Actionspiele erinnern, sind Teil der Romanhandlung.
Können wir die Zukunft im Netz bereits heute erleben?
Einige Plattformen bieten bereits jetzt einen Vorgeschmack darauf, wie unser zukünftiges Zusammenleben in der Online-Welt aussehen könnte. Die Angebote sind vielfältig – wenn auch noch sehr fragmentiert.
Online-Zeitvertreib wird zum Karrieresprungbrett: virtuelle Bildung im Metaverse
Mit der rasanten Entwicklung der Computertechnologie wurde Anfang der 90er Jahre auch die Bildung digital. Edutainment-Software für den heimischen Computer traf den Zeitgeist und erzielte zum Teil beachtliche Verkaufserfolge. Allerdings war die Darstellung der Lerninhalte aufgrund der limitierten Technologie noch primitiv und eingeschränkt. Erst Ende der Nullerjahre wurde Hardware, die rudimentäre Darstellungen von frei erkundbaren 3D-Landschaften ermöglichte, für die breite Masse der Computernutzer bezahlbar.
Zu den Vorreitern bei der Darstellung von Lerninhalten in einer offenen 3D-Welt gehört die Online-Plattform „Second Life“. Nach Angaben der Betreiber waren dort im Jahr 2010 knapp 100 Bildungsangebote online.
In den folgenden Jahren wurden weitere 3D-Plattformen wie „VictoryXR“, „Engage“ und „Vorbela“ speziell für virtuelle Bildung auf den Markt gebracht. Keine davon konnte sich jedoch durchsetzen und auch das für technische Laien schwer zugängliche „Second Life“ verlor zunehmend an Popularität.
Diese Lücke scheint der Facebook-Konzern Meta Group nun schließen zu wollen. Das Projekt „Meta Immersive Learning“ will immersives Lernen durch Virtual Reality und Augmented Reality ermöglichen. Voraussetzung dafür ist allerdings die „Meta Quest“, die konzerneigene VR-Brille.
„Ready Player One” hat digitale Bildung bereits weit vorausgedacht
Der Kultroman „Ready Player One” von Ernest Cline gilt als ebenso prägend für das Metaverse als Online-Medium der Zukunft wie „Snow Crash“. Virtuelle Bildung ist dabei ein zentraler Aspekt der in naher Zukunft spielenden Handlung.
Wade Watts, der Protagonist des Romans, besucht seit Jahren eine virtuelle High School im OASIS-Metaverse. Alles in allem sieht er als ehemaliges Mobbingopfer nur Vorteile in dem virtuellen Bildungsort, in dem er praktisch vollständige Anonymität genießen kann. Kurz darauf erfährt der Leser, dass das Schulsystem in den USA mittlerweile vor dem Zusammenbruch steht und durch eine komplette Verlagerung aller Bildungseinrichtungen nach OASIS gerettet werden könnte.
Virtuelle Veranstaltungen im Metaverse: ist hier das Potenzial am größten?
Die Möglichkeiten zur Gestaltung interaktiver 3D-Welten sind inzwischen praktisch unbegrenzt. Die Kombination aus beeindruckender Optik mit zeitgemäßer Kommunikationstechnologie verleiht fortschrittlichen 3D-Plattformen schier endloses Potenzial für interaktive virtuelle Events und Ausstellungen.
Ähnlich wie im Bereich der virtuellen Bildung gilt auch “Second Life” hier als Vorreiter. Für am meisten Medienwirbel sorgte ein angebliches virtuelles Konzert der Band U2. Dieser entpuppte sich jedoch als Auftritt einer Gruppe von Fans mit den Bandmitgliedern nachempfundenen Avataren. Allerdings gelang es „Second Life“ nicht, in diesem Bereich ein Mainstream-Publikum anzusprechen. Dasselbe gilt bisher für Lösungen anderer Firmen wie „Veertly“ und „hopin“.
Reisen im Metaverse: Hier ist viel Aufbruchstimmung zu spüren
Steigende Kosten und die immer häufiger auftretenden globalen Krisen machen Tourismus zu einem vermehrt riskanteren Geschäft. Tourismus im Metaverse ist daher der logische nächste Schritt.
Inzwischen gibt es erste Unternehmen aus der Tourismusbranche, die im Metaverse präsent sind. Dazu gehört die japanische Fluggesellschaft ANA mit ihrer Metaverse-Plattform „ANA GranWhale“. Hier können Reisende eine virtuelle Welt erforschen, die auf dem Reiseziel und dem gebuchten Reisepaket basiert.
Quelle: YouTube / @ananeo7193
Berufliche Zusammenarbeit im Metaverse: Hier zeigt sich die meiste Bewegung
Virtuelle Team-Meetings liegen momentan voll im Trend – und auch große Player wie Meta und Microsoft arbeiten daran, immer neue Möglichkeiten für digitale Geschäftstermine zu schaffen. Von einer 360-Grad-Ansicht in virtuellen Meeting-Räumen bis zu voller Bewegungsfreiheit in simulierten Landschaften ist das Angebot breitgefächert und vielfältig.
Allerdings ist das Konzept virtueller Zusammenarbeit mit virtuellen Team-Meetings noch längst nicht ausgereizt. Auch das Nachbilden kompletter, von Avataren bevölkerter Bürogebäude wäre möglich, um im Homeoffice ein virtuelles Büro-Feeling aufkommen zu lassen. Auch virtuelle Arbeitsplätze in inspirierenden virtuellen Landschaften sind denkbar – vom Schreibtisch im Grünen bis zum Wolkenkratzer in New York.
Die Zukunft des Metaverse ist dezentral
Die eben genannten zukunftsweisenden Features existieren jedoch noch isoliert auf einzelnen Plattformen – und widersprechen damit noch dem zukünftigen Metaverse-Konzept, das Experten für die Zukunft vorhersagen. Das Metaverse wird nicht nur das Internet ablösen, indem es dessen Funktionen in eine intuitiv erkundbare 3D-Umgebung überführt. Zudem wird es der Online-Welt eine neue, dezentrale Struktur verleihen.
Statt autarker, voneinander isolierter Plattformen wird das Metaverse unterschiedlichste Angebote und Dienste in eine nahtlose Online-Welt integrieren. Diese wird sich in ihrer Gestaltung an einem realen Vorbild orientieren – etwa einem Planeten oder einer Stadt. Experten mutmaßen, dass auch die größten Tech-Player ihre Dienste in diese dezentrale Struktur integrieren werden.
Wir können also davon ausgehen, dass in naher Zukunft die oben genannten Plattformen und Dienste wie Second Life, GranWhale und Co. zusammenwachsen. Zunächst werden sich Plattformen formieren, die auf mehrere Funktionen gleichzeitig ausgelegt sind – wie etwa Decentraland, Roblox und das MILC Metaverse. Eine flexible, dezentrale Struktur wird der nächste Schritt sein.
Die Gegenbewegung zum „Multiplayer“ – Metaverse-Systeme als Offline-Erfahrungen?
Die Forschung über die Auswirkungen von tagelangen Online-Sitzungen steckt noch in den Kinderschuhen. Dennoch schwören viele Menschen auf Methoden wie Digital Detox und Online-Fasten für regelmäßige Auszeiten aus der oft hektischen Online-Welt.
Rod Humble, ehemaliger CEO des „Second Life“-Entwicklers Linden Labs, sieht die Zukunft des Metaverse daher als Offline-Konstrukt – eben weil solche Lebenssimulationen eine sehr private Angelegenheit sind. Andere Konzepte – wie das populäre „Animal Crossing“ von Nintendo – lassen dem Spieler die Wahl, ob er sein digitales Leben in Eigenregie führen oder online mit anderen Avataren in Kontakt treten möchte. Welches Konzept sich in Zukunft durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.
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