Willie Trottie sitzt in Texas im Todestrakt, heute Nacht steht seine Hinrichtung an. „Ich bin eigentlich ziemlich ruhig. Nur die Medikamente machen mir Angst“, sagt er. „Sie experimentieren mit uns.“ Doch er meint damit nicht nur die Art und Dosis des Giftcocktails, der immer wieder verändert wird und in einigen Fällen stundenlange Todeskrämpfe hervorruft. Die über zwei Millionen Gefängnisinsassen in den USA dienen auch als Versuchsobjekte der Pharmaindustrie: „Viele Gefangene erhalten Medikamente in neutralen Verpackungen. Sie wissen nicht, was sie nehmen“, sagt Susan Hillman, US-Strafvollzugsexpertin. Bis 1972 führte die Gesundheitsbranche sogar 90 Prozent ihrer Studien an Gefängnisinsassen durch.
„Vor allem kannst du die Patientenrechte mit Füßen treten“
Grauzone „Therapiefreiheit“
Aber auch in Deutschland kann es zu solchen Menschenversuchen kommen, wie unlängst an der Uniklinik Gießen, wo über Jahre hinweg Medikamente an Patienten ohne deren Einwilligung getestet wurden. Eines der Opfer starb dabei. „Es gibt da eine Grauzone zwischen einer systematischen Pharmastudie und der experimentellen Anwendung von Medikamenten im sogenannten Heilversuch. In diesem Fall können im Rahmen der Therapiefreiheit Medikamente, die für eine bestimmte Anwendung nicht zugelassen sind, zum Nutzen des Patienten auch ohne dessen Zustimmung verabreicht werden“, so Hannsjörg Seyberth, ehemals Pharmakologe an der Universität Marburg.