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Der ideale Schlafrhythmus

Foto: Pixabay / cuncon

Der ideale Schlafrhythmus

Fußballer Cristiano Ronaldo schwört darauf. Einen Schlafrhythmus, der aus mehreren auf den Tag verteilten Power Naps besteht. Der Durchschnittsdeutsche hingegen macht die Augen für 7,5 Stunden in der Nacht zu. Schlafforscher erklären, welche Methode sich für wen ideal eignet und wie viel Schlaf wir wirklich benötigen.

Im Durchschnitt schlafen die Deutschen zwischen sieben bis acht Stunden pro Tag. Das bedeutet nicht im Gegenzug, dass dies für jeden der ideale Schlafrhythmus ist. Den meisten reicht das, manche kommen auch mit etwas weniger Schlaf aus, manche benötigen etwas mehr.

Die Schlafmediziner Dr. Alfred Wiater und Univ.-Prof. Dr. med. Christoph Schöbel erklären im Interview mit Welt der Wunder: „Das hängt davon ab, wie hoch der individuelle Schlafbedarf ist und ob der Schlaf durch sozialen Jetlag verkürzt wird.“ Sozialer Jetlag entsteht, wenn der Arbeitsrhythmus oder das Freizeitverhalten die innere Uhr durch zu wenig Schlaf beeinflussen. Was macht den idealen Schlafrhythmus aus?

Durchschlafen oder mehrere kleine Power Naps?

Immer wieder ist von alternativen Schlafmethoden zu lesen. Der britische Schlafforscher Nick Littlehales betreut Fußball-Star Cristiano Ronaldo seit vielen Jahren. Der Zeitschrift „Independent“ erzählte er, der Profisportler schläft nicht sieben bis acht Stunden am Stück, wie “normale” Menschen.

Stattdessen legt er über den Tag verteilt immer wieder kurze Pausen ein, um die Augen zu schließen: Fünfmal pro Tag schläft er für 90 Minuten in der Embryonalstellung auf frischen Laken. Eineinhalb Stunden vor seinen Schläfchen schaut Ronaldo nicht mehr auf Bildschirme wie den Fernseher oder PC-Monitor. Für den Sportler der ideale Schlafrhythmus.

Für „Normalos” sehen die Schlafforscher mit dieser Methode jedoch schwarz. „Der gesündeste Schlaf ist der, der unserem biologischen Schlaf-Wach-Rhythmus entspricht, mit einer längeren nächtlichen Wachphase“, erklären sie. „Das Schlafmuster von Ronaldo ist polyphasisch. Das hilft ihm, unabhängiger von unterschiedlichen Zeitzonen zu schlafen, um dann im Spieleinsatz fit zu sein.

Die Methode ist für den Durchschnittsmenschen allerdings nicht zu empfehlen.“ Hinzu kommt: Wer hat schon die Zeit, sich während eines achtstündigen Arbeitstags immer wieder aufs Ohr zu legen?

Schlafrhythmus: Lohnen sich Power Naps?

Was sich jedoch lohnen kann, sind kurze Nickerchen, sogenannte Power Naps. Als Extraportion Schlaf zwischendurch fördern sie die Regeneration und auch die geistige Leistungsfähigkeit, erklären Wiater und Schöbel. „Sie sollen aber nicht länger als 20 Minuten dauern“, empfehlen die beiden.

Wir können auch von Ronaldo übernehmen, nicht mit Licht zu schlafen und vor dem zu Bett gehen auf helle Lichtquellen wie den Fernseher zu verzichten. „Unser sogenanntes Schlafhormon Melatonin wird im Dunkeln ausgeschüttet. Deshalb sollte man künstliche Lichtquellen während des Schlafens meiden“, sagen die Experten.

App-Nutzung vor dem Schlafen vermeiden

Schlecht für den Schlaf ist es in jedem Fall, sich noch im Bett durch die sozialen Netzwerke zu klicken. Das wirkt sich negativ auf die sogenannte REM-Phase aus. REM steht für Rapid Eye Movement, zu Deutsch schnelle Augenbewegung. Das bezeichnet eine der essenziellsten Phasen während des Schlafens, in der das Gehirn die Geschehnisse des Tages sortiert und verarbeitet. Im Schnitt macht sie 20 bis 25 Prozent der Schlafenszeit aus. Durch App-Nutzung vor dem Schlafen verkürzt sich diese Phase jedoch extrem. Wie sehr Apps, die Sie nutzen, sich auf Ihren Schlaf auswirken, zeigt eine Studie.

Jeder Mensch hat andere Schlafbedürfnisse

Die innere Uhr bestimmt, ob wir Lang- oder Kurzschläfer:innen sind. Wie viel Schlaf wir brauchen, hängt zudem vom sogenannten Schlafdruck ab. „Wenn wir länger wach waren, erhöht sich der Schlafdruck und wir schlafen anschließend länger“, sagen die Schlafmediziner. Wer wann wie viel schlafen sollte, dafür gibt es keine Empfehlung. Denn das ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Die Experten erklären, dass es Früh-, Neutral- und Spättypen gibt.

„Welcher Chronotyp wir sind, ist konstitutionell festgelegt. Unser Chronotyp bestimmt, ob wir abends eher müde und morgens eher ausgeschlafen, oder abends später müde und morgens später ausgeschlafen sind.

Spättypen kommen in unserer Gesellschaft übrigens häufiger vor als die Neutral- und als die Frühtypen.“ Spättypen haben in der Regel einen Nachteil und leiden unter einem chronischen Schlafdefizit, „weil sie morgens früher aufstehen müssen, um zur Schule oder zur Arbeit zu kommen, obwohl sie ihrem Schlafbedürfnis entsprechend länger schlafen müssten“.

Wiater und Schöbel bezeichnen dieses Phänomen als „sozialen Jetlag“. Frauen benötigen zudem im Schnitt 20 Minuten mehr Schlaf pro Tag als Männer. „Die Lebenswirklichkeit sieht allerdings anders aus“, geben die Wissenschaftler zu bedenken, denn junge Frauen hätten häufiger Schlafstörungen als junge Männer. Das gleiche gelte in den Wechseljahren.

Schlafmangel innerhalb von 48 Stunden nachholen

Immerhin: Wer unter der Woche auf seine notwendige Portion Schlaf verzichten muss, kann sie nachholen. „Schlafmangel kann man innerhalb von 48 Stunden gut ausgleichen. Der unter der Woche entstandene Schlafmangel lässt sich am Wochenende nachholen. Die entsprechende Studie besagt, dass die Lebenszeit nicht verkürzt wird, wenn man das Schlafdefizit der Wochentage am darauffolgenden Wochenende kompensiert“, sagen die Experten.

Schlaf nachholen funktioniert durchaus, anders sieht es mit Vorschlafen aus. Die Schlafmediziner sagen: „Wenn wir ausgeschlafen sind, bringt es nichts, noch länger zu schlafen. Allerdings: Wenn man abends lange wach bleiben möchte, kann man sich nachmittags kurz hinlegen, um den bis dahin entstandenen Schlafdruck abzubauen.“

Dr. Alfred Wiater

Dr. Alfred Wiater arbeitet als Kinder- und Jugendarzt und Schlafmediziner. Er ist ehemaliger Vorsitzender und jetziger Vorstandreferent der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Zuvor war er Chefarzt und Ärztlicher Direktor des Krankenhaus Porz am Rhein in Köln.

Prof. Dr. med. Christoph Schöbel

Uni.-Prof. Dr. med. Christoph Schöbel ist Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums und Professor für Schlaf- und Telemedizin. Er ist bei der Universitätsmedizin Essen, der Ruhrlandklinik und dem Westdeutschen Lungenzentrum am Universitätsklinikum Essen GmbH tätig. Die beiden Mediziner haben im Jahr 2021 das gemeinsame Buch „Ticken Sie richtig?: Wie Sie zu Ihrem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus finden“ (Scorpio Verlag) veröffentlicht.

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