Jeder, der mal in Indien war oder sich mit dem Hinduismus auseinandergesetzt hat, weiß, dass die Kuh eine wichtige Rolle einnimmt. Laut der Mythologie wurde der Gott Krishna zum Schutz vor einer drohenden Ermordung in die Obhut einer Hirtenfamilie gegeben und verbrachte viel Zeit mit den Kühen.
Er wuchs mit ihnen auf und wurde von ihnen ernährt und dadurch erreichte die Kuh den Status einer Mutter. Dies spiegelt auch der Name wider, denn die Kuh hieß schon in den vedischen Schriften (älteste überlieferte religiöse Schriften der Menschheit) „kamadhenu“, was so viel bedeutet wie „Wunschkuh“.
So dürfen bis heute Kühe frei umherstreifen, werden verehrt und dürfen auch nicht geschlachtet werden. Die Verehrung geht sogar so weit, dass jemand, der einer Kuh das Leben nimmt, im hinduistischen Glauben als Mörder verurteilt wird.
Laut dem Hinduismus geben die Kühe den Menschen fünf heilige Gaben. Die erste Gabe ist das Ghee. Damit ist das Butterschmalz gemeint, das sowohl zur Zubereitung von Speisen als auch bei religiösen Zeremonien zur Verwendung kommt. Die zweite Gabe ist der Mist der Kuh. Dieser dient als Brennmaterial und kann sogar als Bindemittel zwischen Lehm und Stroh für den Hausbau genutzt werden.
Die dritte Gabe ist der Urin der Kuh. Er soll eine heilende Wirkung haben und gegen Zahnschmerzen und Karies helfen und hat zudem auch eine religiöse Bedeutung. Jeder, der zum Hinduismus konvertiert, wird nämlich mit Urin bespritzt. Die vierte Gabe ist die Gabe der Milch. Es ist kein Zufall, dass das beliebteste Getränk Indiens der Chai-Tee ist, der mit Milch getrunken wird und der an fast jeder Straßenecke gekauft werden kann. Die letzte Gabe ist Lasshi. Lasshi ist ein Joghurtgetränk, das bei großer Hitze als Erfrischung dient. Auch Lasshi gehört zu den beliebtesten Getränken Indiens.
Kühe gehören zum täglichen Straßenbild Indiens dazu. Sie haben im Verkehr immer Vorfahrt, werden durch Gesetze geschützt und dürfen nicht misshandelt werden. Die Kühe, die frei umherstreifen, haben jedoch alle einen Besitzer. Meistens können diese sich jedoch kein Futter für die Tiere leisten, weshalb die Kühe die Straßen nach Nahrung durchkämen und den biologischen Abfall fressen. Wenn sie körperlich stark genug sind, werden Kühe trotz des heiligen Status in der Landwirtschaft eingesetzt.
Viele von uns schmunzeln bei dem Gedanken, dass ein Tier derart verehrt werden kann. Viele können nicht nachvollziehen, dass manche Menschen in Indien, die kaum zu essen haben, das Wenige, das sie besitzen, mit diesen Tieren teilen. Aber wenn wir daran denken, wie viele Haustiere bei uns geliebt und verhätschelt werden, dann ist der Unterschied gar nicht mehr so groß. Hier weitere Informationen zu Reisen nach Indien.