Die Walpurgisnacht mischt mehrere christliche und heidnische Traditionen
Im Mittelalter ist die Angst der Menschen vor Hexen und bösen Geistern auf ihrem Höhepunkt. Etwa zu dieser Zeit entsteht auch der Mythos um die Nacht der Hexen, die Walpurgisnacht. Beschreibungen des Hexensabbats aus dem 15. und 16. Jahrhundert beflügeln die Vorstellungen der tiefreligiösen Bevölkerung. Als die katholische Kirche noch in ihren Kinderschuhen steckte, sollten durch solche Verunglimpfung der heidnischen Traditionen die Menschen zum Christentum bekehrt werden. Aber woher stammt das Brauchtum, das am 1. Mai zelebriert wird?
Das Beltane-Fest der Kelten
Vor der Ausbreitung des katholischen Glaubens, wurden auch in Deutschland heidnische Feste gefeiert. Noch heute zelebrieren wir deren Brauchtum an einigen Feiertagen – oft ohne es zu wissen. Auch der „Tanz in den Mai“ ist eine keltische Tradition, die die Tag- und Nachtgleiche feiert, also den Beginn des Sommers und später zur Walpurgis- oder auch Hexennacht wurde.
Ursprünglich traf man sich nach keltischem Brauch seit etwa 800 v. Chr. in der Nacht zum 1. Mai, hängte bunte Bänder in die Bäume und tanzte ausgelassen um ein großes Lagerfeuer, an dem das ganze Dorf versammelt war. Außerdem glaubte man, dass Kobolde und Feen in dieser Nacht besonders ihren Schabernack trieben, damit sie den Rest des verbleibenden Jahres die Natur hüten konnten.
Die keltische Tradition heute
Einige dieser Traditionen lassen sich auch im 21. Jahrhundert noch erkennen. Zum Beispiel wird in Deutschland der Maibaum aufgestellt und ebenfalls mit bunten Bändern geschmückt. Auch der Tanz und das Maifeuer als Treffpunkt einer großen Gemeinschaft haben sich als Brauch über die Jahrhunderte erhalten. Den Schabernack der Feen und Kobolde finden wir heute wohl eher in der Ausgelassenheit der Jugendlichen in der Freinacht.
Walpurga – Schutzheilige und Namensgeberin
Die mystische Hexennacht wurde nach einer Äbtissin benannt, die im 8. Jahrhundert in England lebte. Warum gerade sie als Schutzheilige der Seefahrer und Patronin der Wöchnerinnen, Seeleute, Bauern und Haustiere die Namensgeberin der Hexennacht wurde, ist nicht genau bekannt. Vermutlich wird die Nacht zum 1. Mai – der Tag ihrer Heiligsprechung – als Walpurgisnacht gefeiert, da die Kirche sie als Gegenpol der Hexen und Teufelsanbeter stellen wollte. Eine junge Frau, die Zeit ihres Lebens dem christlichen Glauben verschrieben war und als Nonne ausschließlich in Klöstern lebte, schien dem Klerus dafür wie geschaffen.
Der Hexenmythos
Die Hexenverfolgung ist ein dunkles Kapitel in der Geschichte. Frauen, besonders Hebammen oder Apothekerinnen, wurden im Mittelalter oft mit dem Teufel in Verbindung gebracht, da ihre Heilkunde den Menschen nicht durch die Natur erklärbar schien. Später wurden Frauen an sich der Hexerei beschuldigt. Denn die Kirche meinte wissenschaftlich zu begründen, dass der Begriff „femina“ sich ableite von „fe“ (der Glaube) und „minus“ (weniger). Da die Frauen nun von Natur aus „weniger Glauben“ besäßen, wären sie auch anfälliger für den Teufel. Ein weit verbreiteter Irrglaube, der dazu führte, dass im Spätmittelalter mehrere tausend Frauen in Deutschland auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden.
Die Angst vor den dämonischen Kräften saß tief, die Menschen hielten die Gefahr von Besessenheit und Hexerei für real. Deshalb erdachte man allerlei Schutzzauber und Amulette, um sich gegen die dunkle Magie zu wappnen.
Auf dem Blocksberg
Der Blocksberg ist der wohl berühmteste Berg im Harz, da er als Synonym für Hexenversammlungen und Treffpunkt zum Hexensabbat verwendet wird. Tatsächlich ist „Block“ im späten Mittelalter ein anderes Wort für „Brocken“ oder „Felsen“ und beschreibt damit nur eine Erhebung. Der Mythos besagt, dass Hexen sich in der Walpurgisnacht auf ihre Besen setzten und zum Blocksberg flogen. Dort tanzten sie mit dem Rücken zueinander ums Feuer und zogen sich nackt aus. Am Ende des Festes erneuerten sie ihren Pakt mit dem Teufel, indem sie ihm den Hintern küssten. Nach heutigem Kenntnisstand der Historiker sind diese Beschreibungen eines Hexensabbats in der katholischen Kirche entstanden, in der Absicht heidnische Bräuche zu verunglimpfen.
Der Ritt auf dem Besen
Die häufigste Darstellung einer Hexe, ist auf einem Besen sitzend durch die Luft fliegend. Auch die kleine Bibi Blocksberg, eine Zeichentrickfigur aus den 1980er Jahren, sieht man oft auf ihrem Besen namens Kartoffelbrei durch die Lüfte gleiten. Bereits im Mittelalter glaubte man an diese Fähigkeit der Hexen. Allerdings brauchten sie zum Fliegen außer einem Zauberspruch angeblich eine Mixtur aus gemahlenen Kinderknochen und verschiedenen Kräutern, die sie zusammen mit Öl auf den Besen auftragen mussten.
Zaubersprüche und Kräuterkunde
In der Mythologie der Hexen spielen Kräuter und geheimnisvolle Mixturen oft eine zentrale Rolle. Vor allem kräuterkundige Frauen, die um die Heilkräfte und Wirkstoffe in verschiedenen Pflanzen wussten, wurden deshalb oft der Hexerei beschuldigt. Heute ist längst bekannt, dass die lindernde Wirkung von Pfefferminze bei Magenschmerzen oder die schmerzstillende Wirkung von Salbei keine Hexerei ist. Im Mittelalter wurden aus einfachen Rezepten okkulte Rituale, in denen zur Vollmondnacht magische Zeremonien vollzogen wurden. Oft spielen feste Regeln dabei eine wichtige Rolle: So konnte ein Zauber beispielsweise angeblich nur seine Wirkung entfalten, wenn sieben Kräuter in sieben Nächten gesammelt wurden.
Glocken und Graberde schützen vor Hexen
Da Hexen durch den Beschluss der Priester und Stadträte nicht auf dem Friedhof begraben werden durften, glaubten die Menschen in der geweihten Erde ein wirksames Mittel gegen die dunkle Magie gefunden zu haben. Man trug deshalb als Talisman immer eine Hand voll Graberde, verpackt in Leinen- oder Stoffstücke mit sich. Wer sich sicher sein wollte, ließ das Päckchen bei der täglichen Messe in der Kirche vom Priester zusätzlich weihen. Oft wurde dieser Schutz kombiniert mit kleinen Glocken, die man an Körbe, Schuhe oder den Rockzipfel knotete. Das Klingeln der Glocken sollte ebenfalls die Hexen verscheuchen.
Lavendel, Mohn und Salz
Auch Körner und Samen wurden oft zum Schutz gegen das Böse und Hexen verwendet. Angeblich müsse man eine Hand voll Lavendel oder Mohn hinter sich streuen, wurde man von einem Geist heimgesucht und verfolgt. Denn, so der Glaube, müsse der Geist stehen bleiben und die vielen Körner zählen. Je weiter man die Samen verstreue, desto länger wäre die ruhelose Seele beschäftigt und man könnte entkommen.
Auch Salz diente als Schutzwall gegen Dämonen. Der Teufel könne einen Kreis aus Salz nicht überschreiten. Der Kreis müsse jedoch mindestens einen Radius von eineinhalb Armlängen haben, da sonst der Teufel immer noch hineingreifen könne.
Die alltägliche Magie
Magie und Hexerei gehören heute für die meisten nur noch zu Märchen und Schauergeschichten. Trotzdem findet sich die ganz alltägliche Magie überall. Ein Zaubertrick zum Beispiel, der garantiert immer funktioniert, ist das Abzählen der Blütenblätter eines Gänseblümchens. Wer mit „Er liebt mich“ beginnt, wird auch immer zu einem positiven Ergebnis kommen. Der Grund dafür ist, dass die Blüten der Gänseblümchen immer in ungerader Zahl wachsen.