Vom Einzelnen gefürchtet, für die Medizin eine der größten Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft: die Diagnose Krebs. Für das Jahr 2018 sagen Experten einen Anstieg auf fast 500.000 Neuerkrankungen in Deutschland voraus. Kommen neue Behandlungsmethoden dagegen an?
Vergleicht man die prognostizierte Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland mit dem Jahr 1970, hat sich die Zahl der Betroffenen fast verdoppelt. Doch was ist der Grund – leben die Deutschen ungesünder als zuvor oder sind etwa neue Krebsarten hinzugekommen? Nein! Es liegt hauptsächlich daran, dass wir älter werden. Rechnet man die zunehmende Lebenserwartung aus der Statistik heraus, wird deutlich: Die Erkrankungszahlen sind bei Männern sogar gesunken, nur bei den Frauen haben sie leicht zugenommen. Diesen Anstieg führen Experten auf den vermehrten Zigarettenkonsum von Frauen seit den 1980er-Jahren zurück.
Doch was hat das Alter mit dem Krebsrisiko zu tun? Es ist tatsächlich so, dass ältere Menschen eher an Krebs erkranken als jüngere. Dem Krebsinformationsdienst zufolge kommen auf einen unter 15-Jährigen bis zu 300 80-Jährige, die die geführchtete Diagnose erhalten. Während die meisten Männer an Lungenkrebs sterben, steht bei Frauen Brustkrebs auf Platz Eins der Todesursachen, gefolgt von Lungenkrebs.
Heilungschancen bei Krebs?
Die Medizin ist leider noch nicht so weit, dass sie jede Krebserkrankung dauerhaft heilen kann – auch wenn die Behandlungen besser geworden sind. So ist die Sterblichkeit in den letzten zehn Jahren zurückgegangen: bei Männern um zwölf, bei Frauen um sieben Prozent. Immerhin mehr als die Hälfte der Krebspatienten kann heutzutage geheilt werden.
Neben neuen Behandlungsmethoden sind die Heilungschancen umso besser, je eher die Krankheit diagnostiziert wird. Anfang dieses Jahres sorgte beispielsweise ein neuer Bluttest namens „CancerSEEK“ für Aufmerksamkeit in den Medien. US-Forscher wollen mit dem speziellen Test die Tumoren in einem frühen Stadium ausfindig machen und Rückschlüsse auf die anatomische Lage ermöglichen. Dabei zielt das Verfahren auf bestimmte Tumorproteine und Tumor-DNA ab, die im Blut zirkulieren.
Wie das Ärzteblatt berichtet, testeten die Forscher 1.005 Patienten, die bereits an einer der Krebserkrankungen litten. Ausgewählt wurden Eierstock-, Leber-, Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen-, Magen-, Darm-, Lungen- und Brustkrebspatienten, da diese Tumoren am häufigsten auftreten. Das Ergebnis: Der Bluttest erreichte eine Sensitivität von 70 Prozent für die Gesamtgruppe. Diese stieg mit steigendem Stadium der Krebserkrankung. Von 812 gesunden Kontroll-Probanden hatten allerdings immerhin sieben ein falsch-positives Ergebnis.
Deutsche Experten wie Klaus Pantel, Direktor des Instituts für Tumorbiologie am Universitätsklinikum Eppendorf, stehen dem Test kritisch gegenüber. „Relevant für die Früherkennung ist die Frage, inwieweit der Bluttest Patienten in frühen Krebsstadien – also Stadium I oder noch besser Vorläuferläsionen – erkennen kann.“ Und hier schwächelt der „CancerSEEK“: Im Stadium I schaffte er lediglich eine Sensitivität von 43 Prozent. Auch Udo Siebholt und seine Kollegen von der Deutschen Gesellschaft für Pathologie warnen vor zu großer Begeisterung. Die Gefahr von falsch-positiven Testergebnissen sei extrem hoch. Er ist der Meinung, dass gezielte Screenings bessere Ergebnisse erzielen würden. Nichtsdestotrotz markiere der Bluttest auch einen „Meilenstein auf dem Weg zur verbesserten Früherkennung“, so Holger Sültmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz).
Gesundheitsbewusstes Verhalten kann Leben retten
Experten appellieren immer wieder, dass insbesondere Personen, die genetisch vorbelastet sind, auf ihren Lebensstil achten und vorbeugende Maßnahmen treffen sollten. Eine ungesunde Ernährung, ein hoher Zigaretten- und Alkoholkonsum fördern das Tumorwachstum, wie der Welt-Krebsbericht von 2014 bestätigt. So berichtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass vor allem mehr Menschen in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern erkrankten, weil sie immer mehr schädliche Lebensgewohnheiten reicherer Staaten angenommen haben.
Mitautor Bernard Stewart wies der Politik eine hohe Verantwortung zu: Sie müsste Gesetze zum Rauchen und zur Regulierung des Konsums von Alkohol und zuckerhaltigen Getränken verschärfen. Beim Rauchen seien durch höhere Steuern, Werbeverbote und andere Maßnahmen bereits Erfolge erzielt worden, wie das Beispiel Bayern zeigt: Seit über sieben Jahren gilt hier in öffentlichen Orten wie Bars, Kinos oder Restaurant in striktes Rauchverbot. Präsident der Bayerischen Krebsgesellschaft, Günter Schlimok, geht zwar davon aus, dass sich der Effekt des Rauchverbotes frühestens in 20 bis 30 Jahren bemerkbar machen wird. Hinzu kommt, dass das Rauchverbot nicht unweigerlich dazu führt, dass die Menschen weniger rauchen.
Nichtsdestotrotz zeigen die Zahlen des Landesamts für Statistik: Immer weniger Menschen greifen seit der Nichtraucherkampagne zur Zigarette. Gerademal 22 Prozent der bayrischen Bevölkerung rauchte 2013 (zehn Jahre zuvor waren es noch 25 Prozent). In Bayern und in Baden-Württemberg fanden sich sogar die wenigsten Raucher deutschlandweit. Der Tabakatlas aus dem Jahr 2015 bestätigt die Zahlen: In Bayern sterben unterdurchschnittlich viele Menschen an den Folgen ihres Nikotinkonsums.
Welchen Einfluss hat die Ernährung?
Aber auch die Kombination aus Über- und Fehlernährung, Übergewicht und Stoffwechselstörungen sind einer der entscheidenden Krebsrisikofaktoren. Laut dem dkfz sind vor allem ungesunde Ernährungsgewohnheiten an der Entstehung von Krebs beteiligt – der Anteil liegt etwa bei 20 bis 42 Prozent. Experten empfehlen daher eine abwechslungsreiche Kost, die reich an pflanzlichen Lebensmitteln ist (GALERIE: Zehn Lebensmittel, die das Krebsrisiko verringern können). Aber auch Bewegung spielt als vorsorgende Maßnahme eine entscheidende Rolle. Denn Übergewicht erhöht einer Studie der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) zufolge das Erkrankungsrisiko von mindestens 13 Krebsarten. Natürlich kann es auch Normalgewichtige, Sportler und Gesundheitsfanatiker treffen – niemand ist zu 100 Prozent vor Krebs sicher. Daher sei jedem geraten, regelmäßig zur Krebsvorsorge zu gehen.