- Welt der Wunder Redaktion
- Frank Hillmann
Themen wie Energiewende und Umweltschutz haben schon lange eine wichtige Bedeutung: In der Gesellschaft wird umfassend darüber diskutiert, Forscher beschäftigen sich in Studien mit der Machbarkeit verschiedener Konzepte für nachhaltige Energiesysteme und es erscheinen immer wieder neue Technologien, die die Energiewende voranbringen sollen. Intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter sind ein aktuelles Beispiel dafür, wie neue Technologien zum Umweltschutz beitragen können. Doch gleichzeitig vertreten viele die These, dass die Digitalisierung der Energiewende sich negativ auf den Datenschutz auswirkt.
Anfänge der Energiewende
Endlichkeit fossiler Rohstoffe
Noch bis zum 18. Jahrhundert waren die Menschen überzeugt, dass Kohlevorräte unerschöpflich seien. Doch danach kamen nach und nach andere Meinungen auf. So war der englische Ökonom William Stanley Jevons 1865 überzeugt, dass der Kohleverbrauch exponentiell steigen würde. Folglich wäre jede endliche Rohstoffquelle früher oder später erschöpft – unabhängig von der Menge der Vorräte.
Auch der deutsche Physiker Rudolf Clausius zeigte sich 1885 besorgt über die Endlichkeit der Kohlevorräte und formulierte als einer der Ersten die Notwendigkeit einer Energiewende. Der schwedische Physiker und Chemiker Svante August Arrhenius vertrat die gleiche Ansicht. So wurde im 19. Jahrhundert der Grundstein der heutigen Klimaforschung gelegt. John Tyndall entdeckte etwa schon Mitte des 19. Jahrhunderts den Treibhauseffekt von Kohlenstoffdioxid und auch Svante Arrhenius beschäftigte sich mit den physikalisch-chemischen Grundlagen für die Globale Erwärmung.
Im 20. Jahrhundert kam es dann zu ersten Ansätzen in Richtung Erneuerbare Energien: 1912 verwies der italienische Chemiker Giacomo Ciamician beispielsweise auf die Vorzüge der direkten Solarenergienutzung. Schon 1913 wurde in Ägypten ein erstes Solarthermiekraftwerk errichtet, in den 1920er und 1930er Jahren wurden die technischen und physikalischen Grundlagen der modernen Windenergienutzung gelegt.
Wahrnehmung der Umwelt- und Energiekrise in Wissenschaft und Gesellschaft
Obwohl schon früh über Erneuerbare Energien diskutiert wurde, wurden überwiegend fossile Rohstoffe wie Kohle verwendet. Doch mit der ersten Ölkrise von 1973 rückte die Umwelt- und Energiekrise stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft. Zuvor war der Energieverbrauch von Erdöl als zentraler Energieträger zwischen 1950 und 1973 jedes Jahr um 4,5 Prozent angestiegen. Bereits seit den Siebzigern wurde die Globale Erwärmung vorhergesagt.
Daher liegen auch die Ursprünge der deutschen Energiewende in den 1970ern, als es zu einer großen Umwelt- und Anti-Atomkraft-Bewegung kam. Spätestens mit dem Einzug der Grünen in den Bundestag im Jahr 1983 wurde die Energiewende auch eine politische Angelegenheit: Die Grünen forderten einen sofortigen Atomausstieg. Unter Rot-Grün wurde 2000 schließlich das deutsche Gesetz für den Ausbau Erneuerbarer Energien, kurz Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet. Damit einher geht die Förderung regenerativer Energien: So erhalten die Erzeuger von Energiequellen wie Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie und Geothermie feste Vergütungssätze. Getragen werden die Kosten dieser Förderung von den Verbrauchern in Form der EEG-Umlage über den Strompreis. Die Förderung Erneuerbarer Energien zum Umweltschutz kann somit als einer der wichtigen Meilensteine sowie als entscheidender Beitrag zur Energiewende angesehen werden.
Moderne Energieforschung
Es waren neue wissenschaftliche Fachzeitschriften wie Human Ecology, Annual Review of Energy und Energy Policy, die als Grundlage für die Institutionalisierung der Energieforschung gesehen werden können. Zudem kam es zunehmend zu Studien und Veröffentlichungen rund um das Thema Energiewende. 1977 veröffentlichte der US-amerikanische Physiker Amory Lovins sein heute als bahnbrechend geltendes Buch Soft Energy Paths. Toward a Durable Peace, indem er einen Weg von einem auf fossilen und nuklearen Brennstoffen beruhenden Energiesystem hin zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energiequellen beschrieb.
In den 1990er Jahren kam es schließlich zu einem bedeutenden Wachstum der weltweiten wissenschaftlichen Forschung zu nachhaltigen Energiesystemen. Im Fokus stand besonders die Solarenergie. Ab 2010 erfolgte ein Bewusstseinswandel in der Gesellschaft: Nachdem mehrere Studien zu einer komplett regenerativen Energieversorgung veröffentlicht und als realistisch eingeschätzt wurden, kam es zu einem massiven Ausbau Erneuerbarer Energien.
Digitalisierung der Energiewende: Intelligente Stromzähler zwischen Lob und Kritik
Seit kurzem ist das Thema Smart Meter in aller Munde. Diese intelligenten Stromzähler zeigen den tatsächlichen Stromverbrauch an und sind in ein Kommunikationsnetz eingebunden. Auf diese Weise erhalten Energieversorgungsunternehmen die erhobenen Daten, damit sie die Bereitstellung an den Verbrauch anpassen können. Konsumenten sollen indes einen effizienteren Umgang mit dem Strom erlernen. Schon vor der Jahrtausendwende gab es die intelligenten Zähler für Großkunden, seit 2010 können sie auch in Privathaushalten genutzt werden.
Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende
Energieeffizienz durch Transparenz und Intelligenz?
Der Beitrag der intelligenten Stromzähler zur Energiewende ist nicht von der Hand zu weisen. Aufgrund der Transparenz hinsichtlich Stromverbrauch und Stromkosten bekommen die Konsumenten einen besseren Überblick über ihr Nutzungsverhalten. Das hilft ihnen gegebenenfalls auch dabei, ihren Konsum zu verändern und so effizient Energie zu sparen. Durch die Einbindung in ein Kommunikationsnetz ermöglichen die intelligenten Stromzähler zudem eine intelligente Nutzung: So werden laufend günstigere Tarife angeboten, und Geräte wie Waschmaschinen und Geschirrspüler werden automatisch in Zeiten niedrigerer Preise eingeschaltet. Darüber hinaus kann auch die Bereitstellung dem tatsächlichen Verbrauch angepasst werden.
Doch wie lohnend sind Smart Meter tatsächlich? Es gibt diverse Studien, die sich mit dem Energieeffizienz- und Lastverlagerungspotenzial von Smart Metern auseinandergesetzt haben. Die Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler von Ernst & Young (EY) aus dem Jahr 2013 hat sich insbesondere mit der Frage beschäftigt, inwieweit sich die Smart Meter zur Ersparnis für Kleinverbraucher lohnen.
Der gläserne Verbraucher?
Doch nicht nur finanziell sind intelligente Stromzähler für die Verbraucher kein gutes Geschäft. Kritisiert an den Smart Metern werden darüber hinaus vor allem die Lücken beim Datenschutz und der Datensicherheit. Denn aus den Stromverbrauchsdaten, die die Stromlieferanten erhalten, lassen sich grundsätzlich Informationen über Lebensgewohnheiten von Bürgern ablesen – der Verbraucher wir zum gläsernen Kunden. Denn die Nutzungsdaten verraten sogar, welches Haushaltsgerät wann in Betrieb ist. Eine Tageslastkurve könnte beispielsweise genau aufzeichnen, zu welcher Uhrzeit etwa der Herd, die Dusche oder die Waschmaschine benutzt wird – daraus lässt sich dann auch ganz einfach ableiten, wann der Verbraucher aufsteht, duscht, kocht oder wäscht. Sogar das Fernsehprogramm ließ sich in einer Studie mittels der Daten feststellen. In einem derartigen Fall ist die Privatsphäre der Kunden nicht mehr geschützt. Geplant ist daher, dass die detaillierten Verbrauchsdaten nicht an die Stromlieferanten übermittelt werden dürfen. Doch auch die mögliche Fernschaltung ist aus Sicht der Privatsphäre kritisch zu betrachten. Wenn die Waschmaschine beispielsweise von alleine anspringen soll, wenn die Strompreise am günstigsten sind, müssten Energieunternehmen die Geräte im Haushalt von außen steuern können. Damit würden Kunden einen Teil ihrer Kontrolle an die Energieversorger abgeben.
Dezentrale Energieerzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2016, durchgeführt von Claudia Kemfert, Clemens Gerbaulet und Christian von Hirschhausen, hat sich mit Stromnetzen und Speichertechnologien für die Energiewende auseinandergesetzt. Hintergrund war unter anderem der Entwurf des EEG 2016, in dem behauptet wurde, dass das Tempo des Netzausbaus auch das Tempo der Energiewende bestimme und es einen Zusammenhang zwischen regionalen Netzengpässen und dem Ausbau Erneuerbarer Energien gebe. Das DIW kam jedoch auf der Grundlage aktueller Studien und Zahlen der BNetzA zu dem Ergebnis, dass Netzoptimierung, -verstärkung und -ausbau kontinuierlich voranschreiten. So kam es im Rahmen des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) sowie des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG) zwischen 2008 und 2015 zu einem umfassenden Netzausbau und -umbau. Aus diesem Grund lassen sich, anders als im Entwurf des EEG 2016 behauptet, keine strukturellen Engpässe im Netz erkennen, die den Ausbau Erneuerbarer Energien einschränken würden.
Allerdings muss festgehalten werden, dass der Netzausbau die noch sehr CO2-intensive Stromproduktion fördert, was mittelfristig tatsächlich die Stromwende erschwert: Denn dadurch wird der Bau und Erhalt bestehender fossiler Kraftwerke gefördert. Von den Autoren wird das als Lock-in-Effekt beschrieben. Dennoch ist der Anteil Erneuerbarer Energien im deutschen Stromsystem stark gewachsen, ohne die Versorgungssicherheit oder Netzstabilität zu beeinträchtigen. Demnach steht dem Ausbau Erneuerbarer Energien entgegen der Aussage im Entwurf des EEG 2016 nichts im Wege. Stattdessen haben sich laut DIW die Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren Energien in den letzten Jahren verbessert und technische Fragen für ein auf 80-100 Prozent Erneuerbare Energien basierendes Stromsystem gelten als gelöst.
Da der Netzausbau zurzeit jedoch eine CO2-intensive Stromproduktion fördert, ist es sinnvoll, diesen auf Dauer zu reduzieren. Ein Projekt im Rahmen des E-Energy-Förderprogramms, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert wurde, testete daher die Auswirkungen intelligenter Stromnetze und ihre praktische Umsetzung in realen Stromversorgungsnetzen. Das Ergebnis: Smart Grids sind in der Lage, den Netzausbau in Zukunft deutlich zu reduzieren.
Smart Grids zeichnen sich hauptsächlich dadurch aus, dass sie ein besseres Zusammenspiel von Energieangebot und -nachfrage ermöglichen: Durch die engere Verknüpfung von Stromproduzenten und -konsumenten ist es möglich, nur so viel Strom zu produzieren, wie tatsächlich gebraucht wird. Um einen zeitlich und räumlich homogeneren Verbrauch entstehen zu lassen, werden Nutzer und dezentrale Energielieferanten in die Steuerung einbezogen. Sollte doch einmal ein Überschuss an Strom vorhanden sein, weil zu viel produziert oder weniger davon verbraucht wurde, kann dieser überflüssige Strom von den Verbrauchern zurück ins Netz gespeist werden oder über das Internet am Markt angeboten werden. Auf diese Weise ermöglichen die intelligenten Stromnetze also einen effizienteren Umgang mit dem Strom.
Doch Kritiker stehen der Intelligenz der Grids, die zur Energieeffizienz beitragen soll, misstrauisch gegenüber. So sehen sie die mobilen, drahtlosen Übertragungswege als potenzielle Schwachstelle im Hinblick auf den Datenschutz. Demnach birgt die Intelligenz und Kommunikationsfähigkeit der Smart Grids die Gefahr feindlicher Angriffe, um an sensible Kundeninformationen über Energieverbräuche oder Kreditkarten zu gelangen und sich dadurch finanzielle Vorteile zu verschaffen. Hinzu kommen die generellen Auswirkungen auf die Privatsphäre.
Fazit
Das Bewusstsein der Gesellschaft für den Schutz der Umwelt begann schon früh: Bereits im 19. Jahrhundert wurde über die Notwendigkeit einer Energiewende gesprochen. Die Ursprünge der deutschen Energiewende liegen in den 1970er Jahren begründet, mit dem Einzug der Grünen in den Bundestag im Jahr 1983 bekam die Energiewende auch eine politische Bedeutung. Gerade in den letzten Jahren wachsen die Bemühungen, mit neuen Technologien wie dem Smart Meter und dem Smart Grid zum Umweltschutz beizutragen. Durch ihre Intelligenz vermögen solche Technologien es, für mehr Energieeffizienz zu sorgen. Doch in punkto Datenschutz werden der intelligente Stromzähler und das intelligente Stromnetz kritisch betrachtet: Es wird befürchtet, dass die Daten, die an Stromlieferanten weitergeleitet werden könnten, Rückschlüsse auf die Lebensgewohnheiten der einzelnen Verbraucher zulassen. Privatsphäre wäre auf diese Weise nicht mehr möglich, zudem müssten die Nutzer einen Teil ihrer Kontrolle an die Energielieferanten abgeben. Die These, dass die Digitalisierung der Energiewende sich negativ auf den Datenschutz auswirkt, bewahrheitet sich aus dieser Perspektive also. Bei der Energiewende durch neue Technologien stehen Verbraucher – sofern sie überhaupt die Entscheidungsmöglichkeit haben – also immer vor der Wahl zwischen Umweltschutz und Datenschutz. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Energiewende zwar mithilfe neuer, intelligenter Technologien voranzubringen, gleichzeitig aber dafür zu sorgen, dass die Daten der Verbraucher dabei geschützt werden.