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Warum setzt der Energiemarkt weiterhin auf Erdgas?
Experten und Expertinnen prognostizieren, dass die Erdgasvorräte der Erde in rund 53 Jahren aufgebraucht sein werden. Trotz dieser Alarmsignale ist Erdgas ungebrochen beliebt, weil es als das umweltfreundlichste und effizienteste unter den fossilen Brennstoffen gilt.
Dementsprechend ist Erdgas nach Erdöl der zweitwichtigste Energieträger und jeder zweite Haushalt in Deutschland wird mit Erdgas beheizt. Das war jedoch nicht immer so – erst 2019 überholte der Verbrauch von Erdgas in Deutschland den Steinkohle-Verbrauch.
Die Entstehung von Erdgas in der Erdkruste
Erdgas bildet sich im Verlauf von Tausenden von Jahren. Während sich abgestorbene Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen zersetzen, werden diese allmählich von Erdschichten, Ablagerungen und Gestein bedeckt. Im Laufe der Jahrmillionen verdichtet sich das organische Material. Je tiefer die Biomasse in die Erdkruste absinkt, desto höheren Temperaturen ist sie zudem ausgesetzt.
Die Kombination aus hohem Druck und hohen Temperaturen führt dazu, dass die Kohlenstoffbindungen in der organischen Substanz aufbrechen. Durch diesen molekularen Zerfall entsteht thermogenes Methan – natürliches Gas. Methan ist die wahrscheinlich am häufigsten vorkommende organische Verbindung auf der Erde und besteht aus Kohlenstoff und Wasserstoff.
Erdgas und Erdöl treten oft gemeinsam auf
Erdgasvorkommen finden sich häufig in der Nähe von Erdöllagerstätten. Tiefere Lagerstätten, die bei höheren Temperaturen und unter höherem Druck entstanden sind, enthalten mehr Erdgas als Öl. Der Inhalt der tiefsten Reservoirs kann aus reinem Erdgas bestehen.
So entdecken Forscher Erdgas
Seismik
Seismik ist das weltweit weitverbreitetste Verfahren zur Lokalisierung von Erdgasvorkommen. Hier kommen Forschungsschiffe zum Einsatz, die mit Airguns – Luftpulser genannt – akustische Wellen im Wasser erzeugen. Diese Wellen durchdringen auch den Erdboden und werden von unterschiedlichen Bodenschichten unterschiedlich schnell reflektiert.
Anhand der Geschwindigkeitsunterschiede der reflektierten Schallwellen berechnen spezielle Computerprogramme die Zusammensetzung des Bodens. Leistungsfähige Computer sind inzwischen in der Lage, anhand dieser Daten 3D-Modelle von Bodenstrukturen und Gaslagerstätten zu erstellen.
Magnetik
Die Erde besitzt ein Magnetfeld, das größtenteils – aber nicht ausschließlich – im flüssigen äußeren Erdkern entsteht. Bestimmte Bodenstrukturen können die Stärke des Magnetfelds beeinflussen. An einer Erdgas-Lagerstätte ist das Magnetfeld in der Regel schwächer, weil deren Sedimentschicht weniger magnetisch ist als das umgebende Gestein.
Elektromagnetik
Hier werden Radarwellen in Richtung Boden ausgesendet. Ähnlich wie die Schallwellen seismischer Airguns verändern sich die reflektierten Radarsignale, wenn sie auf bestimmte Bodenstrukturen treffen.
Die gängigsten Verfahren zur Förderung von Erdgas
Vertikale Bohrungen
Erdgas wird am häufigsten durch vertikale Bohrungen von der Erdoberfläche aus gefördert. Dafür wird zuerst ein Förderplatz aufgebaut, der etwa so groß ist wie ein Fußballfeld. Hier befindet sich auch der Bohrturm. Üblicherweise findet zuerst eine Probebohrung statt.
Stößt diese auf Gas, wird die Förderbohrung durchgeführt. Dazu wird zuerst ein Standrohr in den Boden gelassen. Dieses stabilisiert das Bohrloch und dichtet das Gas-Reservoir ab, damit sein Inhalt nicht das Grundwasser kontaminieren kann.
Die Förderbohrung findet meistens im Rotary-Verfahren statt. Hier treibt ein rotierendes Bohrgestänge des Bohrturms einen ebenfalls rotierenden Meißel an, der auch harte Gesteinsschichten durchdringt. Erreicht dieser das Erdgasfeld, strömt der Inhalt aufgrund des hohen Drucks in der Regel von alleine nach oben. Sobald der Druck nachlässt, muss bei der Förderung mithilfe von Pumpen nachgeholfen werden. Die meisten Erdgasvorkommen befinden sich in vier bis sechs Kilometern Tiefe.
Der Nachteil der vertikalen Bohrung: Eine einzelne Bohrung kann nur ein einzelnes Gasreservoir abschöpfen. Gasfelder, die sich in der Nähe befinden aber nicht direkt mit der angebohrten Stelle verbunden sind, bleiben unberührt.
Horizontalbohrungen
Durch Horizontalbohrungen kann die Fläche eines vertikalen Bohrlochs erweitert werden. Nach einer vertikalen Bohrung von der Erdoberfläche aus wird diese seitlich erweitert. Dadurch können benachbarte Erdgasvorkommen ausgeschöpft werden, ohne dass mehrere Bohrstellen an der Erdoberfläche benötigt werden.
Fracking (Hydraulic Fracturing)
Hier werden Gesteinsschichten unter hohem Druck mit einem Gemisch aus Chemikalien, Wasser und Sand aufgespalten. Dazwischen enthaltenes Gas kann somit nach oben entweichen.
Durch Fracking kann jedoch hochgiftiges, häufig radioaktives Abwasser entstehen, und unterirdische Wasserquellen verseuchen. Darüber hinaus kann Fracking durch seine Destabilisierung der Erdkruste Erdbeben auslösen. Zudem werden extrem große Wassermengen benötigt. Fracking ist in Deutschland seit 2017 verboten.
Biogas als erneuerbare, nachhaltige Alternative zu Erdgas
Methan entsteht nicht nur durch den Zerfall von Fossilien in der Erdkruste. Zudem kann es durch den Energiestoffwechsel bestimmter Mikroorganismen produziert werden. Diese tragen den Namen Methanogene. Sie leben entweder im Darm bestimmter Tierarten – wie etwa von Wiederkäuern – oder in sauerstoffarmen Gebieten in der Nähe der Erdoberfläche.
Biogas ist seit dem 18. Jahrhundert bekannt
Die Wissenschaft entdeckte bereits Ende des 18. Jahrhunderts, dass sich zersetzendes biologisches Material von Methanogenen in biogenes Methan zerlegt wird. Dieser Prozess nennt sich Methanogenese.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden die ersten Versuche statt, Biogas aus Klärschlamm zu gewinnen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Landwirtschaft als Primärlieferant für Biogas entdeckt. Die von Statista erfasste Anzahl von Biogasanlagen in Deutschland betrug im Jahr 2021 mehr als 9600.
Laut dem Europäischen Biogasverband könnten bis 2030 in Europa 35 Milliarden Kubikmeter Biogas produziert werden. Dies würde die Abhängigkeit von russischem Erdgas stark verringern.
Fracking per Atombombe in den USA – mit Kanonen auf Spatzen schießen
Trotz der Katastrophen in Hiroshima und Nagasaki besaß die Atomkraft in der Mitte des 21. Jahrhunderts noch das Image fortschrittlicher Technologie – vor allem in den USA. Zu den seltsamen Auswüchsen dieses Entdeckergeists gehörten drei Versuche, durch die Explosion einer unterirdisch gezündeten Atombombe unterirdische Erdgasvorkommen nutzbar zu machen. Insgesamt wurden drei solche Versuche durchgeführt:
- Project Gasbuggy (1967): unterirdische Zündung einer Atombombe mit der Sprengkraft von 29 Kilotonnen im ländlichen New Mexico. Zum Vergleich: Die Atombombe von Hiroshima hatte eine Sprengkraft von 15 Kilotonnen.
- Project Rulison (1969): unterirdische Zündung einer Atombombe mit der Sprengkraft von 40 Kilotonnen bei Grand Valley, Colorado.
- Project Rio Blanco (1973): unterirdische Zündung von drei Atombomben mit der Sprengkraft von jeweils 33 Kilotonnen in Rio Blanco County, Colorado.
In allen drei Experimenten wurden die Gasvorkommen zwar erfolgreich freigesetzt. Zur Weiterverarbeitung waren sie jedoch zu stark radioaktiv kontaminiert.
Fünf Fakten rund um Erdgas
- Erdgas entsteht durch den Zerfall von im Boden verschütteter Biomasse.
- Erdgasvorkommen lassen sich durch die Analyse der Erdkruste von der Erdoberfläche aus bestimmen.
- Der wichtigste Inhaltsstoff von Erdgas ist Methan.
- Methan ist auch in Biogas enthalten.
- In der Mitte des 20. Jahrhunderts versuchten sich die USA an radioaktivem Fracking.