Nachdem Goebbels 1926 in das Hitler-Lager wechselt, ist er für die Entwicklung des Führerkults verantwortlich. Dabei ist er eigentlich gar kein typischer Nazi – und will mit rechtem Gedankengut nichts zu tun haben…
Seit der Parteigründung im Jahr 1925 gehört Joseph Goebbels zum linken Flügel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Er ist kein typischer Nazi – ganz im Gegenteil. Für viele Parteigenossen gilt der begnadete Redner als Hoffnungsträger und Geheimwaffe gegen den politischen Einfluss rechter Militärs und kapitalorientierter Wirtschaftseliten.
Doch der Schein trügt. Innerlich ist der seit seiner Kindheit von einem Klumpfuß entstellte und mittellose Akademiker zerrissen. Immer wieder notiert Goebbels in seinem Tagebuch, dass er sich damit überfordert fühlt, für sich selbst zu sorgen. Verzweifelt sucht er nach Sicherheit – und ist dafür sogar bereit, seine Werte zu verraten. Eine Entscheidung, die letztlich Millionen Menschen das Leben kosten wird.
Vom Antikapitalisten zum Manipulator
Anfang der 1920er-Jahre ist Goebbels vom politischen Erfolg noch weit entfernt. Als es in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg unter General Walther von Lüttwitz zum sogenannten Kapp-Putsch gegen die Weimarer Republik kommt, steht Goebbels nicht auf der Seite der Rechtsnationalen – sondern unterstützt die „Rote Ruhrarmee“, die von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) getragen wird. Der große Traum von Goebbels ist ein Deutschland nach sozialistischem Vorbild. Er spricht über das „heilige Russland“, ist überzeugter Antikapitalist, möchte den Adel und die Großindustriellen entmachten und bezeichnet sich selbst als Lenin-Bewunderer und „Deutschen Kommunisten“.
Als im Februar 1925 der Österreicher Adolf Hitler nach seiner Festungshaft die NSDAP neu gründet, führt Goebbels zusammen mit dem einflussreichen Otto Strasser den linken Flügel der Partei an. Den „kleinen Bourgeois Adolf Hitler“ hätte er damals am liebsten sofort aus der Partei ausgeschlossen. Als er 1926 mit Strasser nach Bamberg zu einer „Führertagung“ reist, um dort „die Partei auf den Kurs des Norddeutschen Sozialismus zu bringen“, setzt er Hitler unter Druck und zwingt ihn zu einer Reaktion.
Wenige Wochen später lädt Hitler Goebbels nach München ein – und dreht den überzeugten Sozialisten um. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, wie Hitler das gelungen ist. Doch Goebbels ist seit diesem Tag ein glühender Hitler-Verehrer. „Ich liebe ihn. Er hat alles durchdacht, und ich beuge mich dem politischen Genie.“ Für Hitler ist der Verrat von Goebbels ein Glücksfall, denn als sein Propagandaminister ebnet er dem „Dritten Reich“ den Weg – einen Weg in die totale Zerstörung Europas.