Strahlend blauer Himmel über Ostfriesland: Für den Fahrradfahrer erscheint der Himmel blau, weil die Photonen des blauen Lichts an den Luftmolekülen gestreut werden.
Der Physiker John William Strutt, 3. Baron Rayleigh löste 1871 das Rätsel um den blauen Himmel: Er erkannte, dass die Photonen des blauen Lichts am stärksten gestreut werden.
Auch im Weltall ist das blaue Streulicht der Erdatmosphäre deutlich zu erkennen. In den obersten Schichten nimmt die Dichte der Gase ab, das Sonnenlicht kann dort nicht mehr gestreut werden.
Alan LaVern Bean, Astronaut der Apollo 12 Mission, bei einem Spaziergang auf dem Mond. Gäbe es auf der Erde keine Atmosphäre, hätten wir den gleichen Ausblick wie er – ein tiefes Schwarz.
Das direkte Sonnenlicht erscheint uns immer weiß. Erst durch die Streuung der Lichtteilchen werden die darin enthaltenen Farben sichtbar.
Sonnenaufgang im Monument Valley zwischen Arizona und Utah: Der Weg des Sonnenlichts ist jetzt zehnmal weiter, als zur Mittagszeit. Das rote Licht der Sonnenstrahlung wird deshalb stärker gestreut.
Ein einsamer Fischer auf dem Li Jiang bewundert das Lichtspektakel der Abenddämmerung. Ausschlaggebend für die Farbe des Himmels ist nicht die direkte Sonnenstrahlung, sondern das gestreute Himmelslicht.
Nach einem Vulkanausbruch, wie hier am Puyehue-Vulkan in Chile, färben die großen Partikel der Aschewolke den Himmel blutrot. Denn: Je größer die Teilchen sind, desto stärker wird rotes Licht gestreut.
Die Wassertröpfchen in den Wolken sind sehr groß, deshalb werden alle Farben des Lichts gleich stark gestreut – die Wolken erscheinen weiß.
Aufziehende Gewitterwolken über einem Getreidefeld: Mit jedem gestreutem Photon, vermindert sich die Intensität des direkten Lichts. Je dicker die Wolke, desto weniger Restlicht kommt auf der Erde an und die Wolken erscheinen bedrohlich dunkel.
Warme Temperaturen und extreme Weitsicht: so kennen die Münchner das Föhnwetter. In der trockenen und warmen Luft gibt es nur wenige große Partikel an denen weißes Licht gestreut wird. Typisch für den Föhn sind Wolkenstreifen, die sich parallel zum Gebirge erstrecken.
Der Himmel links im Bild ist tiefblau und damit trocken. Rechts ist der Blauton stark verwässert, weil die Dunstteilchen sehr groß sind.
Es war ein Rätsel, an dessen Lösung sogar einige der genialsten Wissenschaftler der Menschheitsgeschichte scheiterten. Selbst Leonardo da Vinci oder Isaac Newton konnten die Frage, warum der Himmel denn nun blau sei, nicht abschließend beantworten. Die Menschen blickten weiter fragend in den Himmel. Erst im späten 19. Jahrhundert konnte das Rätsel um das Himmelslicht gelüftet werden. Dabei ist die Erklärung ganz einfach.
Licht ist der Schlüssel
Das Sonnenlicht ist zwar nicht blau – aber im Licht liegt der Schlüssel zum Geheimnis. Denn: Licht ist nicht gleich Licht. Eigentlich ist Licht eine Aneinanderreihung von Partikeln, sogenannten Photonen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Diese Lichtteilchen sind aber nicht alle identisch. Sie können unterschiedlich viel Energie transportieren. Beispielsweise hat ultraviolettes Licht so viel Energie, dass es uns die Haut verbrennen kann – weshalb wir schnell einen Sonnenbrand bekommen.
Ultraviolettes Licht können wir allerdings nicht mit unseren Augen sehen, obwohl es von der Sonne ausgestrahlt wird. Wenn wir in die Sonne blicken, sehen wir nur ein helles, weißes Licht – das sogenannte sichtbare Licht. In diesem weißen Licht sind alle uns bekannten Farben enthalten. Sie entstehen, weil auch die Photonen im sichtbaren Licht unterschiedlich viel Energie transportieren. Blaues Licht transportiert am meisten Energie, rotes am wenigsten.
Blaues Himmelslicht
Aber warum ist der Himmel denn nun blau, wenn doch das Sonnenlicht weiß ist? Dazu muss man wissen, dass die Strahlung der Sonne nicht ungehindert auf die Erde trifft, sondern zuerst die Atmosphäre durchdringt; sie ist sozusagen die gasförmige Hülle unseres Planeten. Darin befinden sich unter anderem Stickstoff, Sauerstoff und einige Edelgase. Auf ihrem Weg zur Erde stoßen die Photonen mit diesen Luftmolekülen zusammen.
Blaues Licht hat, wie wir bereits wissen, am meisten Energie; beim Zusammenprall mit den Luftteilchen, übertragen die Photonen ihre Energie kurzzeitig an die Moleküle und werden danach zufällig in alle Richtungen geschleudert – das nennt man in der Physik Lichtstreuung. Rotes Licht hat zu wenig Energie, um die Luftteilchen zu beeinflussen, deshalb kommen die energiearmen roten Photonen ungehindert durch die Luft.
Tanz der Moleküle
Im Kleinen läuft das folgendermaßen ab: Ein Lichtstrahl trifft auf ein Luftmolekül, dabei wird das blaue Licht in alle Richtungen umgelenkt, während das rote Licht unbeeinflusst weiterläuft. Danach trifft der umgelenkte blaue Lichtstrahl auf ein weiteres Molekül und wird erneut abgelenkt.
Vereinfacht kann man sich einen Raum voller blauer Bälle vorstellen, die mit Lichtgeschwindigkeit durcheinander und in alle Richtungen hüpfen, während die roten Bälle einem geraden Verlauf folgen. In dem ganzen Durcheinander würde der Betrachter nur noch die blauen Bälle erkennen können.
Zusammenwirken von Licht und Atmosphäre
Und genauso ist es in der Atmosphäre: Weil das blaue Licht gestreut wird, sieht der Beobachter auf der Erde eine Vielzahl von blau schimmernden Luftmolekülen, die in ihrer Gesamtheit den blauen Himmel entstehen lassen. Das Blau des Himmels entsteht also durch ein Zusammenwirken von Sonnenlicht und Atmosphäre. Ohne die Atmosphäre wäre der Himmel schwarz, denn es gäbe keine Partikel, welche die Lichtstrahlen umlenken könnten. Nur die direkte Sonnenstrahlung mit weißem Licht würde auf die Erde treffen.
Damit würde der Himmel auf der Erde genauso aussehen, wie der auf dem Mond und wir könnten tagsüber die Sterne sehen. Dank der Atmosphäre gibt es also zwei Arten von Strahlung auf unseren Planeten: zum einen die direkte Sonnenstrahlung und zum anderen die indirekte Himmelsstrahlung, die durch die Streuung entsteht. Das Licht der Sonne ist zwar weiß, entscheidend für die Farbe des Himmels ist aber das gestreute Licht.
Rotes Dämmerlicht
Jetzt könnte man sich natürlich fragen, wie die rote Färbung des Himmels in der Dämmerung zustande kommt: Immerhin sind die Photonen des roten Lichts energiearm und werden an den Luftmolekülen nicht gestreut. Doch weit gefehlt: Rote Photonen können auch gestreut werden. Im 19. Jahrhundert erforschten die Physiker John William Strutt, 3. Baron Rayleigh und Gustav Mie die Streuung des Lichts.
Dank ihnen wissen wir heute, dass Photonen in Abhängigkeit der Teilchengröße gestreut werden. Das heißt: Mit zunehmender Größe der Partikel in der Luft wird blaues Licht immer weniger gestreut, rotes dafür aber mehr. Normalerweise sind also die Teilchen in der Luft zu klein, um rotes Licht zu streuen; nach einem Vulkanausbruch beispielsweise, befinden sich aber viele große Partikel in der Atmosphäre – der Himmel erscheint dann blutrot.
Der Sonnenstand entscheidet
In der Dämmerung spielt ein zusätzlicher Faktor eine wichtige Rolle: nämlich der Sonnenstand. Der Weg, den ein Lichtstrahl von der Sonne zur Erde zurücklegt, ist mittags am kürzesten; denn dann steht die Sonne direkt über uns. Abends, wenn die Sonne untergeht, ist der Weg aber zehnmal so weit. Je länger der Weg des Lichts ist, desto mehr Blau wird weggestreut, denn: Ein einzelnes Photon transportiert zwar immer die gleiche Energiemenge, egal wie weit der Weg ist, aber mit zunehmender Strecke nimmt die Photonendichte ab – das blaue Licht ist dadurch schwächer.
Da das rote Licht weniger gestreut wird, wirkt es, trotz des langen Weges durch die Atmosphäre, viel intensiver als das blaue. In unserem Beispiel mit den bunten Bällen kann man sich vorstellen, wie der Raum in die Länge und Breite gezogen wird; die Anzahl der Bälle bleibt aber gleich. Jetzt, wo die Abstände zwischen den umherhüpfenden blauen Bällen größer geworden sind, können wir die roten Bälle deutlich besser erkennen.
Trübes Blau
Wenn man sich den Himmel etwas genauer ansieht, merkt man aber schnell, dass blau nicht gleich blau ist. Manchmal hat der Himmel über uns, nichts mit dem strahlenden, blauen Himmelszelt der Reiseprospekte zu tun – vielmehr sieht er wie eine ausgewaschene Jeans aus.
Der Einfluss der Luftfeuchtigkeit
Tatsächlich kann uns ein Blick in den Himmel verraten, wie feucht die Luft ist: Wie wir bereits wissen, ist die Größe der Teilchen in der Luft entscheidend dafür, welche Farbe des Sonnenlichts gestreut wird. Bei sehr großen Teilchen, wie zum Beispiel Wassertropfen, spielt es keine Rolle mehr, wie viel Energie die Photonen transportieren – alle Photonen werden gleich stark gestreut.
Das heißt: Es wird nur weißes Licht gestreut. Daraus kann man dann schließen, dass ein trockener Himmel tiefblau ist, weil es nur wenige Wassertröpfchen gibt, an denen sich das weiße Licht streuen kann.
Ist der Blauton des Himmels verwässert oder vielleicht sogar blaugrau, enthält die Luft viele Dunstteilchen und Partikel, die sehr groß sind. Bei feuchter Luft mischt sich also das weiße Streulicht der Wassertröpfchen mit dem satten Blau des Streulichts der Atmosphäre zu einem hellblauen Himmelslicht.
Übrigens: So etwas wie den „blausten Himmel“ gibt es nicht – auch wenn uns das so mancher Reiseveranstalter weismachen möchte. Das Blau des Himmels ist immer eine Momentaufnahme und abhängig von der Größe und Dichte der Teilchen in der Atmosphäre – und das kann sich stündlich ändern.