Der Schwebeflug verlangt dem Körper der Kolibris alles ab
Kolibris gehören zu den kleinsten, aber auch wendigsten Vögeln der Welt. Um ihre beeindruckenden Flugmanöver ausführen zu können, muss ihr Körper einiges leisten. Keine Fortbewegungsart im Tierreich verbraucht mehr Energie als die Flugmanöver der Kolibris. Dementsprechend läuft ihr Stoffwechsel auf Hochtouren und ist so aktiv wie bei keinem anderen Wirbeltier.
Kolibris haben also einen enormen Energiebedarf. Diesen decken sie mit Zucker aus dem Blütennektar. Anders als wir Menschen können die kleinen Vögel Fruktose genauso effizient verstoffwechseln wie Glukose. Wissenschaftler des hessischen LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik wollten jetzt herausfinden, ob es in der Entwicklung der Kolibris spezielle Evolutionssprünge gegeben hat, die ihnen ihre Flugkünste ermöglichen.
Kolibris wurden durch Verlust eines Gens zu Flugkünstlern
Für ihre Studie analysierten die Forscher um Studienleiter Michael Hiller das Erbgut des Langschwanz-Schattenkolibris und anderer Kolibriarten. Anschließend verglichen sie es mit dem Erbgut von 45 anderen Vögeln, darunter Hühner, Tauben und Adler. Dabei stießen sie auf eine markante Besonderheit im Erbgut der Kolibris: Ihnen fehlt offenbar ein funktionsfähiges Gen für das Muskelenzym Fructose-Bisphosphatase 2, kurz FBP2.
Die Forscher fanden auch heraus, dass die Kolibris dieses Gen genau zu der Zeit verloren, als sich ihr heute typischer Schwebeflug entwickelte und die Vögel begannen, sich hauptsächlich von Blütennektar zu ernähren. Diese Entwicklung fand vor 48 bis 30 Millionen Jahren statt.
Fehlen des FBP2-Gens als Muskel-Turbo-Booster
Zudem stellten die Forscher fest, dass das Gen ausschließlich in Muskelzellen vorkommt. Die Ergebnisse deuten daher darauf hin, dass dessen Verlust bei den Vorfahren der Kolibris ein wichtiger Schritt für die Anpassung des Muskelstoffwechsels war. Ferner konnten Hiller und sein Team in Experimenten mit Muskelzellen feststellen, dass das Fehlen des FBP2-Gens den Zuckerstoffwechsel generell erhöht.
Die weitere Bedeutung dieser Genveränderung für die evolutionäre Anpassung des Stoffwechsels müsse in weiteren Studien geklärt werden, so die Forscher.