Aus einem der ärmsten Länder der Welt an die Weltspitze
Im Jahr 1987 wechselte Weah im Alter von 21 Jahren nach Kamerun zu Tonnerre Yaoundè und trat dort einer der stärksten Mannschaften des afrikanischen Kontinents bei. Hier konnte er auch das Interesse der europäischen Spitzenvereine wecken und kam ein Jahr später als Mittelstürmer nach Europa, wo er unter anderen für den AS Monaco, den AC Mailand und den FC Chelsea spielte.
Dabei ließ Weah jedoch nie von seinem humanitären Engagement ab und setzte sich in seinem Heimatland für zahlreiche Projekte ein. Unter anderem gründete er dort einen Fußballverein, der viele Spieler in die liberianische Nationalmannschaft beförderte. Seit 2018 ist Weah Präsident von Liberia und zeigt, dass ein Aufstieg auch in einem der ärmsten Länder der Welt möglich ist.
Auch talentierter Nachwuchs hat es oft schwer
Überall auf der Welt träumen Kinder von einer Karriere als Profifußballer:in. In vielen Nationen ist dies auch möglich. Bringen Nachwuchs-Spieler:innen genügend Fleiß und Talent mit, werden sie ausgebildet, gefördert und gefeiert.
In anderen Ländern – wie Trinidad und Tobago oder Ghana – reichen Talent und Ehrgeiz jedoch nicht aus, um die große Karriere zu starten. Hier braucht es neben einer gehörigen Portion Glück auch großen Mut. Denn für Nachwuchs-Spieler:innen, die hier geboren sind, geht es nicht nur darum, dem Heimatland und der Familie den Rücken zu kehren. Sondern manchmal auch darum, sich gegen die Korruption aus der eigenen Regierung zu wenden.
Wie George Weah bewiesen hat, bringen auch arme Nationen dennoch echte Profis hervor, die sich einen Rang von Außenseiter:in, über Hoffnungsträger:in bis hin zum Weltstar erkämpfen.
Zwischen Leidenschaft und Korruption
Fußball ist in der Lage, Erfolgsgeschichten zu schreiben. Nicht nur für Individuen, sondern für ganze Nationen. Gewinnt eine Nationalmannschaft den Weltmeistertitel, gewinnt auch das Regime. So hoffen vor allem brüchige Staaten auf die Anerkennung durch sportliche Erfolge, die für sie durch wirtschaftliche oder politische Entwicklungen ausbleibt.
An Nachwuchsspieler:innen, die von der großen Karriere träumen, mangelt es in keinem Staat der Welt. Allerdings fehlt es oft an Organisation, Infrastruktur und Transparenz. Trainingsplätze sind oft in einem miserablen Zustand, Trainer:innen gibt es nicht und Prämien für harte Arbeit bleiben aus. Den Kindern in den Slums von Afrika fehlt es mitunter sogar an einem Ball.
Dennoch wird in die jungen Kicker:innen viel Hoffnung gesetzt – nicht nur von der Familie, sondern auch von der Regierung. Gerade in afrikanischen Ländern ist Fußball ein Gegenstand der Politik. Neben all den Aufstiegschancen weht jedoch auch immer auch ein Wind von Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Abhängigkeit.
So kommen wirtschaftliche Fördermittel selten an der geförderten Stelle an, Spielervermittler:innen gelten als skrupellos und Staatschef:innen nutzen Fußball für ihr politisches Kalkül.
Wo Frieden, Bildung, Hygiene und Perspektiven Mangelware sind, kann Sport jedoch ein Anker sein. Er stärkt das Selbstvertrauen, trägt zur Gewaltenprävention bei und hilft jungen Menschen beim Erwerb von Kompetenzen zur Kommunikation, Kooperation oder Führung. Fußball bietet ein Stück Lebensqualität und ist für viele junge Menschen der Stoff, aus dem Träume sind.
Dass Armut kein Hindernis, sondern Motor und Antrieb sein kann, machen auch diese Spieler vor. Sie haben trotz ihrer Herkunft den Sprung in den internationalen Profi-Fußball geschafft.
Weitere Erfolgsgeschichten, die der Fußballsport schreibt
Shaun Goater (Bermudas)
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Shaun Goater gilt heute als wahre Legende unter den ehemaligen Spielern von Manchester City.
Der Mann aus der Karibik kommt zwar aus einer vermeintlichen Traumregion, doch die politische Lage gilt als instabil und auch im Weltfußball haben die Bermudas nahezu keine Bedeutung.
Dennoch schaffte es Goater, der als Student in den USA von einem Scout entdeckt wurde, zu Manchester United und anderen englischen Fußballvereinen. Heute ist er Trainer und wurde mit dem Orden „Member of British Empire“ ausgestattet, da er die jungen Menschen auf den Bermudas für den Fußballsport begeistern will.
Dwight Yorke (Trinidad & Tobago)
Zu Dwight Yorkes Durchbruch kam es während eines Freundschaftsspiels gegen Aston Villa. Er war nur 17 Jahre alt.
Der 72-fache Nationalspieler Dwight Yorke wurde in seinem Heimatland Trinidad und Tobago entdeckt, woraufhin er in den 90ern in den Spitzenclub Manchester United aufgenommen wurde. Einige Jahre später gewann er die Champions League und wurde als Torschützenkönig der Premier League ausgezeichnet. Bis heute gilt er als bester Fußballer, den der Karibikstaat Trinidad und Tobago hervorbrachte.
Roger Milla (Kamerun)
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Roger Milla nahm an drei Weltmeisterschaften teil und war einer der ersten internationalen Superstars aus Afrika.
Die Fähigkeiten und der Einfallsreichtum des jungen Milla erregten die Aufmerksamkeit des Vereins Éclair aus Douala, der ihn 1965 als Amateur unter Vertrag nahm. Als Stürmer spielte Roger Milla in der kamerunischen Nationalmannschaft, die als erste afrikanische Mannschaft das Viertelfinale der Fußballweltmeisterschaft erreichte. Er wurde zweimal zu Afrikas Spieler des Jahres gewählt (1976 und 1990).
Ende der 1970er zog Milla nach Frankreich und war Mitglied der Clubs FC Valenciennes, AS Monaco, SC Bastia, AS Saint-Étienne und Montpellier HSC. In den 1980er und 90er Jahren wurden Milla und die kamerunische Nationalmannschaft, die sogenannten „unzähmbaren Löwen“, weltberühmt.
Bei der Weltmeisterschaft 1990 erzielte der 38-jährige Milla als Einwechselspieler vier Tore und führte Kamerun bis ins Viertelfinale. Millas Jubeltanz an der Eckfahne nach seinem Siegtreffer gegen Kolumbien wurde von Torschützen in der ganzen Fußballwelt nachgeahmt. Als er für die Weltmeisterschaft 1994 aus dem Ruhestand zurückkehrte, wurde der damals 42-jährige Milla zum ältesten Spieler, der bei einer WM-Endrunde ein Tor erzielte.
Fußball als Ausweg aus der Misere?
Leider gelten Fußballstars aus armen instabilen Nationen noch immer als Exot:innen. Spieler:innen hierzulande genießen eine frühe Ausbildung, während die Star-Kicker:innen vom anderen Ende der Welt das große Glück brauchen, entdeckt zu werden.
Um auch ohne Glück ans Ziel zu kommen, brauchen arme Länder einen regulären Spielbetrieb und Vereine, die ihren Spieler:innen eine transparente Struktur und angemessene Gehälter bieten – fernab einer Instrumentalisierung der Politik.
Auch wenn dies in naher Zukunft nicht greifbar erscheint, wirkt das Vorhandensein der Hoffnung auf gesellschaftliche Aufstiegschancen durch Fußball systemstabilisierend – in einem Umfeld, wo Perspektiven sonst rar sind.
So sind es wohl genau diese Erfolgsmärchen von Weah, Goater, Yorke und Milla, die dem Fußball in armen Nationen den Spiegel gesellschaftlicher, sozialer und politischer Missstände für einen kurzen Moment entreißen.