Unter der azurfarbenen Oberfläche des Blautopfs in Blaubeuren eröffnet sich Höhlenforschern ein riesiges, weitverzweigtes Höhlensystem. Nur wenigen war die Expedition durch das Unterwasserlabyrinth hin zu Klüften, Höhlen und Schächten, bislang vorbehalten. Nur eine Handvoll Höhlentaucher fanden aus den Gängen lebend heraus.
Über 50 Schauhöhlen gibt es in Deutschland, die mit einem Wegenetz für Touristen zugänglich gemacht wurden. Die Atta-Höhle im südlichen Sauerland (Nordrhein-Westfalen) ist die größte unter ihnen und sicherlich auch eine der schönsten Deutschlands. Gewaltige Tropfsteine lockten bislang mehr als 40 Millionen Besucher in die selbsterklärte Königin unter den Tropfsteinhöhlen.
Den wenigsten ist das Rübeland im Landkreis Harz ein Begriff – und doch befindet sich hier die älteste Schauhöhle Deutschlands, die Baumannshöhle. Seit fast 370 Jahren werden Besucher durch die Höhle hin zum „Goethesaal“ geführt. Hier werden auf Deutschlands einziger unterirdischer Naturbühne Theaterstücke und Konzerte aufgeführt.
Im südhessischen Kubach, am Nordrand des Taunus, befindet sich nicht nur die einzige Kristallhöhle in ganz Deutschland: Mit 30 Metern ist sie auch die höchste Schauhöhle. Unzählige Kristalle und Perltropfsteine schmücken die Decken, Wände und Böden, der 350 Millionen Jahre alten freigelegten Gänge.
Die meisten Höhlen der Welt auf kleinstem Gebiet befinden sich in der Fränkischen Schweiz. Über 1000 Höhlen birgt das Gebiet – darunter auch die Teufelshöhle in Pottenstein. Wer sich in ihre geheimnisvolle Welt vorwagt, wird zunächst durch eine gewaltige Felsgrotte geführt. Drei Kilometer lang führen die Gänge durch eine Traumwelt unter Tage. Beeindruckend sind dabei vor allem die gewaltigen Tropfsteine und der riesige „Barbarossadom“.
Zwischen Reutlingen und Ulm, tief unter den Erhebungen der schwäbischen Alb, verbirgt sich die einzige begehbare Schachthöhle Deutschlands. 86 Meter tief gruben sich die Gänge in Jahrmillionen in den Erdboden und ziehen sich über eine Gesamtlänge von knapp 1400 Metern. Installierte Eisentreppen führen die Touristen bis auf eine Tiefe von 55 Metern, von wo aus sie Einblick in riesige Steinhallen erhalten.
Das schwere Unglück im Juni 2014 in der Riesending-Höhle bei Berchtesgaden: Der Höhlenforscher Johann Westhauser wird von einem Stein am Kopf verletzt und in einer aufwendigen Aktion gerettet. Zwei Jahren nach seinem Unfall war er wieder in die Tiefe.
Es ist dunkel, der Boden übersät mit faustgroßen Steinen. Der Lichtkegel der Stirnlampe huscht über die grauen, gewölbten, von Wasser fein geschliffenen Wände, lässt Tröpfchen an der Decke silbrig schimmern und fällt auf das Netz einer Spinne mit knubbeligem Körper, nur eine halbe Armlänge entfernt.
Als wollte sich das Mordloch bei Geislingen an der Steige in Baden-Württemberg vor unliebsamen Besuchern schützen, zeichnet sich nach rund 80 Metern ein Wasserlauf auf dem steinigen Boden ab. Wer hier weiter will, braucht eine professionelle Tauchausrüstung und die Kenntnis, wie man sich in Höhlen bewegt. Deshalb wissen nur Höhlenforscher, was sich weit hinter den Eingängen im Untergrund der Erde verbirgt.
Jahrtausende alte Archive der Erdgeschichte
Die Expeditionen haben klare Ziele, die Forscher sind spezialisiert: Die einen beobachten Fledermäuse oder andere Höhlentiere wie Spinnen und Wasserasseln. Andere interessieren sich für die Geologie der Höhle, wieder andere vermessen und dokumentieren die Unterwelt.
Viele Höhlenforscher arbeiten ehrenamtlich, doch die Freizeitaktivität ist auch positiv für die Wissenschaft: Auf Grundlage der Funde, Beobachtungen und Dokumentationen könnten Wissenschaftler Erkenntnisse über Landschafts- und Klimaentwicklung oder Trinkwasservorkommen gewinnen. Weil in Höhlen konstante Temperaturbedingungen von acht Grad Celsius über Jahrtausende hinweg herrschen, sind sie zu wahren Archiven geworden.
Nimm nichts mit und schlag nichts tot
Deshalb halten sich die in Vereinen organisierten Höhlenforscher an strenge Ethikrichtlinien. „Nimm nichts mit, lass nichts zurück, zerstöre nichts und schlag nichts tot“, heißt das Motto. Umweltschützer begrüßen das. Weil die meisten Höhlen anders als die bekanntgewordene Riesending-Schachthöhle jedoch nicht verschlossen sind, bergen abenteuerlustige Höhlentouristen Gefahren für empfindliche Mikroorganismen oder überwinternde Fledermäuse.
Um die Risiken für den Menschen in der Höhle wissen Forscher nicht erst seit dem Unfall von Johann Westhauser. Sein Unfall machte 2014 weltweit Schlagzeilen: ein Stein verletzte einen der erfahrensten deutschen Höhlenforscher am Kopf. Mehr als 700 Helfer retteten ihn in einer aufwendigen Aktion. Steinschläge und Wassereinbrüche sind die größten Risiken für Höhlenforscher. Trotz des schlimmen Vorfalls wagte sich Johann Westhauser zwei Jahre danach wieder in die Tiefe.