Am 28. Oktober 2002 startet der 18-jährige Mark Zuckerberg in seinem WG-Zimmer in Harvard das Online-Portal Facemash. Die Seite soll Menschen verbinden – und die Welt friedlich und frei machen. Was niemand ahnt: Es ist die größte technische Revolution der letzten 100 Jahre – und der Anfang eines beispiellosen Verrats, der 14 Jahre später die freie und friedliche Welt bedroht. Denn Facemash heißt heute Facebook und ist das soziale Netzwerk von 1,8 Milliarden Menschen. Auch Zuckerberg ist kein Student mehr, sondern der mächtigste Unternehmer der Welt – und der gefährlichste.
Der Grund: Um die Werbeeinnahmen seiner Plattform zu steigern, hat er aus dem sozialen Netzwerk die reichweitenstärkste Nachrichtenplattform der Erde gemacht – ohne sich dabei jedoch an journalistische oder medienrechtliche Regeln zu halten. Jeder kann bei Facebook Lügen verbreiten und sie Milliarden Menschen als Wahrheit verkaufen – ungeprüft und ohne Konsequenzen. Eine Eigenschaft, die Facebook in wenigen Jahren zum Tummelplatz für Populisten, Lobbyisten und professionelle Meinungsmacher gemacht hat.
Vom Visionär zum Verräter
„Facebook ist zur größten Schwachstelle geworden, wenn es darum geht, die Bürger politisch zu informieren“, erklärt Joshua Benton, Direktor des Instituts für Journalismus-Forschung an der Harvard University. Er ist einer von vielen Experten, die den Wahlsieg von Donald Trump mit einer gigantischen Lügen-Kampagne auf Facebook in Verbindung bringen. Eine Strategie, die übrigens auch das „Team Hillary“ verfolgte – nur eben nicht so erfolgreich wie Trump. Studien zeigen jedenfalls, dass die Menschen in einem noch nie da gewesenen Ausmaß belogen wurden. Kurz vor der Wahl überstieg die Anzahl der Fake-News bei Facebook erstmals die der seriösen Nachrichten.
Zuckerberg weiß um das Problem und ignoriert es dennoch. Selbst einschlägige Seiten werden nicht gesperrt – und das, obwohl der Facebook-Algorithmus jeden Tag beweist, wie präzise er in der Lage ist, Nutzeraktivitäten zu filtern und zu überwachen, z. B. um personalisierte Werbung zu versenden. Zuckerberg hat seine Ideale dem wirtschaftlichen Erfolg untergeordnet. Ein Verrat, den Espen E. Hansen, Chefredakteur der auflagenstärksten Zeitung von Norwegen, in einem offenen Brief an Zuckerberg kürzlich in folgende Worte fasste: „Du bist der mächtigste Herausgeber der Welt. Doch ich finde, Du missbrauchst diese Macht.“