Kampf gegen den Kältetod
Allen Insekten machen die kalten Wintermonate zu schaffen. Kein Wunder: Ihre Körper sind sehr klein und kühlen deshalb schnell aus. Außerdem waren die wechselwarmen Tiere einst ein anderes Klima gewohnt. Im Laufe der Evolution allerdings mussten sie sich anpassen – und dafür haben sie ein paar interessante Tricks entwickelt. So besitzen manche Insekten eine Art integriertes Frostschutzmittel. Damit verhindern sie, dass ihre Körperflüssigkeiten gefrieren. Andernfalls würden sich zum Beispiel im Inneren der Zellen Eiskristalle bilden und mit ihren scharfen Kanten die Zellwände aufreißen – der sichere Tod. Um das zu verhindern, verdicken sie ihre Körperflüssigkeiten zum Beispiel mit dem Alkohol Glyzerin und mit Salzen. Dadurch sinkt der Gefrierpunkt der Flüssigkeiten, und die Tiere überleben auch bei Frost.
Mücken
Ein kalter Winter schützt vor einer Mückenplage im Sommer – das glauben viele. Tatsächlich sterben aber nur männliche Stechmücken im Herbst. Weibliche Mücken – das sind die, die stechen – können Eis und Schnee problemlos überstehen. Sie verfügen über so ein körpereigenes Frostschutzmittel. Auch Eier und manchmal Larven überdauern die kalte Jahreszeit. Für die Winterstarre suchen sie sich ein geschütztes Plätzchen, zum Beispiel in Ställen. Die Eier wiederum liegen meist geschützt im Schlamm auf dem Grund von Gewässern. Statt eines kalten Winters wird Stechmücken eher ein milder Winter gefährlich: Dann nämlich lässt die Feuchtigkeit in ihren Winterquartieren ihre Flügel verschimmeln, und die blutsaugenden Plagegeister sterben.
Bienen
Auch bei den Bienen haben Männchen schlechte Karten. Während die Königin und die Arbeiterinnen sich in einer so genannten Wintertraube zusammenrotten, werden die Drohnen im Herbst aus dem Stock geworfen und sterben. Der Grund dafür ist: Bienen halten keine Winterstarre. Stattdessen werden sie in der kalten Jahreszeit erst richtig aktiv. In der Wintertraube lassen sie unablässig ihre Muskeln vibrieren und erzeugen dadurch Wärme. So hat es die Königin, die in der Mitte der Traube sitzt, immer schön mollig. Für das Bienenvolk ist es enorm wichtig, dass die Königin den Winter überlebt, denn nur sie kann Eier legen und damit den Stamm erhalten. Auf bis zu 35 Grad können Bienen ihre Wintertraube deshalb aufheizen. Damit es gerecht zugeht, lösen aufgewärmte Tiere aus dem Inneren immer wieder Kolleginnen im kühleren Außenbereich ab. Energie für diese enorme Heizleistung liefert den Bienen ihr Honigvorrat. Damit der für alle reicht, werden die Männchen aussortiert.
Wespen
Im Gegensatz zu Bienen überleben Wespen den Winter nicht – fast alle haben nur ein einziges Lebensjahr. Wespennester kann man deshalb im Winter problemlos beseitigen, ohne gestochen zu werden. Die kurze Lebensdauer der Wespen mag diejenigen freuen, die sie als lästige Plagegeister beim Picknick kennen. Doch Wespen haben eine wichtige Funktion für unser Ökosystem, denn sie machen Jagd auf Schädlinge aller Art. Wie ihr Volk stirbt im Herbst auch die Wespenkönigin. Für den Erhalt des Stammes sind dann ihre Töchter zuständig: Diese befruchteten Weibchen überstehen die kalten Monate als einzige. Dazu suchen sie sich ein geschütztes Plätzchen und verfallen in Winterstarre. Auf dieselbe Weise wie Wespen überwintern übrigens auch Hornissen.
Spinnen
Allein in Deutschland gibt es über tausend verschiedene Spinnenarten. Wie sie den Winter überstehen, ist ganz unterschiedlich. Einige Arten, zum Beispiel die Baldachinspinne, sind winteraktiv. Sie suchen sich einen warmen Rückzugsort im Keller, Schuppen, auf dem Dachboden, oder im Freien unter Laub oder Baumrinde. Dort können sie wochenlang ohne Nahrung ausharren. Andere Spinnen, wie etwa die Kreuzspinne, halten Winterstarre. Eine sehr clevere Taktik haben Wasserspinnen: Hier suchen sich die Männchen manchmal ein leeres Schneckenhaus als Winterquartier, füllen es mit Atemluft und verschließen den Eingang mit Spinnfäden. Wie ein kleiner Ballon trägt das Spinnen-Schneckenhaus dann durch die kalten Monate. Wasserspinnen sind aber auch Profis darin, als Schutzbehausung eigene Taucherglocken unter Wasser anzulegen.
Schmetterlinge
Nur etwa eine Handvoll aller Schmetterlingsarten in Deutschland überwintern als ausgewachsene Falter. Dazu hören allerdings einige bekannte Arten: der Zitronenfalter, das Tagpfauenauge oder auch der Kleine Fuchs. Für die Kältestarre sichern sie sich ein geschütztes Plätzchen, zum Beispiel in einem hohlen Baum. Andere Arten, dazu gehört zum Beispiel der Admiral, vertragen keinen Frost – sie flüchten in den wärmeren Süden. Deshalb heißen sie Wanderfalter. Wieder andere Schmetterlinge überwintern, je nach Art, im Eistadion, als Puppe oder als Raupe. Dabei sind sie erstaunlich widerstandsfähig: Einfach nur an Pflanzen angeklebt, überleben die Eier und manche Raupen sogar Minusgrade. Andere suchen sich ein warmes Versteck oder spinnen sich ein.
Marienkäfer
Marienkäfer überwintern nur einmal in ihrem Leben. Wenn es kalt wird, rotten sie sich zu großen Gruppen zusammen – manchmal bis zu hundert Stück und mehr. Gemeinsam richten sie sich ein Winterquartier unter einem Laubhaufen, Holzstapel oder inzwischen vermehrt auch an Häuserwänden ein. Damit die Tiere sich gegenseitig finden, senden sie einen speziellen Duftstoff aus, der ihnen den Weg zu den Artgenossen weist. Wie Ameisen verfügen auch Marienkäfer über ein körpereigenes Frostschutzmittel, das sie nicht erfrieren lässt. Außerdem praktisch: In dem großen Überwinterungshaufen suchen sich Marienkäfer gleich einen passenden Partner fürs Frühjahr. Auf diese Weise sparen sie sich die lästige Suche, wenn es warm wird.
Ameisen
Ameisen besitzen ein körpereigenes Frostschutzmittel. In Sibirien gibt es sogar eine Ameisenart, die damit Temperaturen von minus vierzig Grad und weniger aushält. Während der kalten Monate halten Ameisen dann Winterstarre. Dazu graben sie sich tief in die Erde ein, manchmal mehrere Meter. Ihr Bau an der Oberfläche schützt sie dabei vor der Kälte. Während der gesamten Zeit beschränken sie Bewegungen auf das Notwendigste und nehmen keine Nahrung zu sich.
Winterlibelle
Libellen ist nur ein kurzes Leben beschert. Für gerade einmal sechs bis acht Wochen schwirren sie mit ihren bunten Flügeln über Weiher und Seen. Den Winter überstehen nur ihre Eier und Larven. Die einzige Ausnahme ist die Winterlibelle: Sie hält Winterstarre und kann dadurch fast ein komplettes Jahr überleben. Die harte Prozedur kann man den Winterlibellen sogar ansehen – die Augen der Tiere, die es bis zum Frühjahr geschafft haben, haben sich von braun in leuchtend blau verfärbt.
Fliegen
Stubenfliegen können den Winter problemlos überstehen – theoretisch. Normalerweise halten sie Winterruhe an geschützten Orten, sobald es kalt wird. Allerdings werden viele Fliegen im Herbst vom so genannten Fliegentöter befallen, einer Pilzart, die ihre Körperflüssigkeit aufsaugt. Da befallene Fliegen auf ihre Artgenossen attraktiv wirken, ist die Ansteckungsgefahr sehr hoch – und ein Massensterben die Folge. Trotz der Fähigkeit zur Winterruhe kann die Zahl der Fliegen deshalb im Frühjahr dezimiert sein. Stubenfliegen leben übrigens nicht dauerhaft in unserer Wohnung – trotz ihres Namens. Sie legen ihre Eier im Freien und kommen nur zur Futtersuche herein. Anders Fruchtfliegen: Sie überleben Frost nicht. Mit gekauftem Obst nach Hause gebracht, finden sie aber in der Wohnung ideale Lebensbedingungen, denn es ist gleichbleibend warm. Oft schwirren sie deshalb auch im Winter durch die Küche.
Zecken
Zecken sind zäh. Sie überleben sogar Temperaturen von minus zehn Grad – ob als Ei, als Larve oder ausgewachsenes Tier. Und ist der Winter sehr mild, lassen ihre Winterruhe gleich ganz sausen. Allerdings haben Zecken während der kalten Saison ein anderes Problem: Da die Minustemperaturen ihren potenziellen Wirten wie zum Beispiel Mäusen zusetzen, finden sie weniger Möglichkeiten zum Blutsaugen. Dann können sie sich schlechter verbreiten oder auch sterben.