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Schlaf trägt wesentlich zur Gedächtnisbildung bei und ist für bestimmte elementare Formen der Gedächtnisbildung absolut notwendig. Damit neue Informationen langfristig abgespeichert werden können, müssen sich die entsprechenden Gedächtnisspuren erst festigen. Bevor das geschieht, werden sie nur in einer Art Zwischenspeicher abgelegt. Die unterschiedlichen Schlafstadien scheinen dabei die Gedächtnisbildung in verschiedenen Hirnregionen zu beeinflussen.
Wer gut schläft, lernt besser
Das menschliche Gehirn verarbeitet Sinneseindrücke besonders gut, die kurz vor dem Schlafengehen aufgenommen wurden. Schlaftiefe und Lernerfolg gehen dabei offenbar Hand in Hand. Studien zeigten: Je tiefer der Schlaf, desto bessere Lernerfolge waren festzustellen. Aber können wir während des Schlafens auch neue Informationen aufnehmen, zum Beispiel eine Sprache durch das Abspielen einer Tonaufnahme lernen?
Das Gehirn kann tatsächlich im Schlaf neue Vokabeln lernen – wenn auch nur eine halbe Sekunde lang
Die Psychologieprofessorin Katharina Henke und ihre Kollegen von der Universität Bern haben in einem Experiment nachgewiesen, dass Menschen im Schlaf unbewusst neue Wörter lernen können. Sie spielten 41 Versuchspersonen im Schlaf über Kopfhörer Wortpaare vor. Hiervon war ein Wort ein Begriff in einer Fantasiesprache, das andere die deutsche Übersetzung.
Nach dem Aufwachen konnten sich die Probanden tatsächlich an die Bedeutung der Vokabeln und ihre Bedeutung erinnern. Der Grund: Sie hörten die zu lernenden Vokabeln während einer bestimmten Schlafphase, dem so genannten „Up-State“. In diesem Zustand sind alle Gehirnzellen gleichzeitig aktiv. Die Forscher konnten zudem deutlich feststellen, dass die für das Lernen von Vokabeln verantwortlichen Hirnareale aktiv waren, während sich die Probanden erinnerten.
Allerdings dauert der ständig wiederkehrende „Up-State“ im Gehirn nur etwa eine halbe Sekunde. Das Zeitfenster, in dem das Gehirn im Schlaf neue Informationen aufnehmen kann, ist also extrem spezifisch. Nach Angaben der Forscher konnten die Probanden 60 Prozent der Fantasiewörter richtig einordnen, solange diese in dem sogenannten „Up-State“ über die Kopfhörer abgespielt wurden.
Im Wachzustand lernen wir – noch – um einiges besser
Ein echter Durchbruch im Bereich der Hirnforschung, also – auch wenn die Trefferquote von 60 Prozent noch ausbaufähig klingt. Wer beim Vokabellernen auf Nummer sicher gehen will, sollte sich wichtigen Lernstoff am besten vor dem Schlafengehen aneignen. Über Nacht verfestigen sich die neuen Informationen und können am nächsten Tag wieder abgerufen werden. Diese Methode ist definitiv effektiver als das berühmte Vokabelheft unter dem Kopfkissen.