Autos stoßen Kohlendioxid (CO2) aus, Kühe Methan (CH4), das bei ihrer Verdauung entsteht. Beides sind Treibhausgase, die sich in der Erdatmosphäre anreichern – und so zur Erwärmung des Klimas führen. Wobei Methan in dieser Funktion sogar 20 bis 30 Mal schädlicher ist als CO2. Wäre es also nicht sinnvoll, nicht nur Autos, sondern auch Kühe umweltfreundlicher zu machen? Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, die Abgase einer Kuh zu messen und entwickeln eine Art Magenpille, um den Methanausstoß zu reduzieren.
Wie Mägen Methan machen
Zellwände knackende Mikroben
Kühe fressen am Tag rund 50 Kilogramm Grün- und Kraftfutter. Gras oder Heu schlucken sie praktisch ohne es zu zerkauen. Die Verdauung beginnt im ersten der vier Kuhmägen, dem so genannten Pansen. Um die für uns Menschen unverdaulichen Zellwände von Pflanzen zu knacken, beschäftigen Rinder in ihren Verdauungsorganen zahlreiche Bakterien und andere Mikroben. Diese mögen es warm. Es herrschen Temperaturen von 40 Grad im Rindermagen. Hier wandeln die Mikroben die Zellulose in Energie um. Dabei entsteht das gefährliche Methangas. Genau genommen ist also die Kuh nicht der Täter, sondern lediglich der Tatort.
Der mikrobielle Abbau von Zellulose heißt Fermentation und ist für Wiederkäuer lebensnotwendig. Wenn die Kuh gefressen hat, legt sie sich gemütlich zur Ruhe und beginnt mit dem Wiederkäuen. Die schon von den Bakterien angegriffenen Pflanzenteile werden vom zweiten Vormagen, dem so genannten Netzmagen, durch einen Reflex wieder ins Maul gewürgt. So gelangt auch das blähende Methan durchs Maul ins Freie.
Verdauen im Dienste der Wissenschaft
Kraftwagen contra Rindvieh
Wie Rinder umweltfreundlich werden
So wie die Autoindustrie versucht, Autos schadstoffärmer zu machen, wollen Wissenschaftler der Universität Hohenheim die Abgase aus der Kuh reduzieren. Ganz verhindern lässt sich der Gasausstoß bei Kühen allerdings nicht: Sie würden krank werden, weil ihre komplette Verdauung zusammenbrechen würde.
Doch über die Ernährung der Rinder lässt sich der Methanausstoß zumindest senken – mithilfe einer neuen, besseren Futterzusammensetzung und häufigeren Fütterungszeiten. Außerdem wird dadurch das Wohlbefinden der Kuh gesteigert, denn kontinuierliches Kauen und Verdauen ist gesünder. Es regt den körpereigenen Stoffwechsel an, erleichtert somit die Verdauung und verringert die Abgase. Wie für den Menschen so gilt auch für die Kuh: regelmäßige, kleinere Mahlzeiten statt sporadischer Fressorgien. Mit der veränderten Ernährung kann der Methanausstoß einer Kuh um 15 bis 30 Prozent verringert werden.
Die Pille für die Kuh
Kuhmist als Energielieferant
Die weltweiten Rindviecher würden Deutschlands Energiebedarf decken.
Tierischer und pflanzlicher Abfall fällt in der Landwirtschaft sowieso an. In der Biogasanlage wird er effektiv genutzt. Die Biomasse, die eine Kuh pro Jahr produziert, entspricht der Energie von 300 Litern Heizöl. Das ist genug, um ein Einfamilienhaus zwei Monate lang zu versorgen. Würde man alle Fladen der weltweit 1,4 Milliarden Rinder zur Energiegewinnung nutzen, wäre Deutschlands Energiebedarf vollständig gedeckt. Und das völlig umweltfreundlich!
Weltweit werden jährlich circa 500 Millionen Tonnen Methan emittiert. Etwa 70 Prozent davon sind auf den Menschen zurückzuführen. In den letzten 50 Jahren hat sich die Methankonzentration fast versechsfacht. Kühe tragen jedoch nur in geringem Maße zum Gesamtausstoß bei. In Deutschland waren es im Jahr 2004 lediglich 1,82 Prozent! Die Kuh ist damit ein kleiner Fisch im großen Prozess des Weltklimawandels. Der Hauptverursacher und Übeltäter ist und bleibt der Mensch.