Das Glücklichsein
Das Leben in einer globalisierten und sich stetig verändernden Welt ist besonders eines: stressig. Lange Arbeitszeiten, die ständige Erreichbarkeit durch das Smartphone und veränderte Umwelteinflüsse in Städten sind nur einige Bespiele, die unseren Alltag bestimmen. Infolgedessen erkranken immer mehr Menschen an Herz-Kreislauf-Problemen, entwickeln Depressionen oder erleiden einen Burn-out. Doch wer gesund bleiben möchte, muss auf den eigenen Körper hören und vor allem lernen, glücklich zu sein. Welt der Wunder geht dem Zusammenhang von Glück und Gesundheit nach und befragte dazu Simone Debour, die Deutschlands einzige University of Happiness gründete. Sie weiß, wie jeder glücklich werden kann.
Das Glück und die Gesundheit
Lachen ist die beste Medizin – hinter dieser vermeintlich einfachen Aussage, steckt viel Wahres. Denn, wenn es um die Gesundheit geht, ist längst nicht mehr nur die körperliche gemeint. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) bedeutet gesund zu sein auch, dass der Geist, also die Seele in einem guten Zustand ist. Positive Menschen, die viel lachen und weniger psychischem Stress ausgesetzt sind, sind somit auch im Ganzen gesünder. Das Institut für Glücksforschung in München hat zudem festgestellt, dass glückliche Menschen zwischen 7,5 und 10 Jahren länger leben als unglückliche. Dieser Unterschied entspricht ungefähr der unterschiedlichen Lebenserwartung von einem Raucher und Nichtraucher. Zudem konnten Mediziner nachweisen, dass glückliche Menschen seltener einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden und auch seltener an Angina Pectoris oder Grippe erkranken. Gerade bei Frauen sei dieser Unterschied enorm: Demzufolge haben depressive Frauen ein um 58 Prozent erhöhtes Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden als nicht depressive. Grund für die psychische Verstimmung ist dabei oftmals Dauerstress.
Das Nonnenprojekt
Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Glück eigentlich genau nachweisen? An der Kentucky Universität in den USA wurde eine Studie durchgeführt, die als „Nun Study“ (zu Deutsch: „Nonnenstudie“) bekannt wurde. 600 Frauen, die in ein Kloster zogen, sollten zuvor in einem ausführlichen Fragebogen beurteilen, wie glücklich sie sind, wie viele positive und negative Gedanken sie haben, wie häufig sie Angst verspüren und Ähnliches. Interessant ist an dieser Studie: Alle Nonnen leben unter exakt denselben Lebensumständen: Sie ernähren sich gleich, haben ähnliche Aufgaben im Kloster, schlafen gleich viel und sind demselben Stress ausgesetzt. Nach mehreren Jahrzehnten schaute man sich die Sterberate im Kloster an. Es kam heraus, dass die Frauen, die sich in ihren 30er-Jahren als sehr glücklich beschrieben, im Schnitt einige Jahre länger lebten, als die Frauen, die beim Ausfüllen des Fragebogens mehr negative Gefühle hatten. Da Nonnen eine perfekte Vergleichsebene zueinander aufweisen, ist das Ergebnis der Studie für viele Wissenschaftler bis heute sehr interessant.
Glücklich werden in drei Schritten
Die University of Happiness bietet verschiedene Kurse an, die lehren, glücklich zu werden. Online kann sich jeder Interessierte Kurse ansehen, aussuchen und diese belegen. Für Menschen, die es mal ausprobieren möchten, gibt es auch einen Schnupperkurs. „Jeden Tag gibt es bei uns ein Tagesmotto, welches Kraft verleiht und außerdem gibt es auf unserer Seite keinerlei negative Nachrichten“, erklärt Simone Debour. Glücklich zu werden, kann ein komplexes Unterfangen sein. Jedoch nennt Debour drei Schritte, die jeder tun kann, um sich selbst besser zu fühlen. Der erste Schritt ist die veränderte Wahrnehmung der Dinge: „Oft hilft es, einfach einen bisher unbekannten Weg zu Arbeit zu nehmen oder mit einem Obdachlosen zu sprechen. Dinge, die man noch nie getan hat, können zu Glücksmomenten führen, weil sie uns die Wahrnehmung ändern lassen.“ Der zweite Schritt ist es, die Vergangenheit loszulassen. Egal, ob es sich um zerbrochene Freundschaften handelt oder Dinge, die in der Kindheit vorgefallen sind: Wer es schafft, frühere Ereignisse ruhen zu lassen, fühlt sich leichter. „Man muss Frieden mit der Vergangenheit finden, bevor man zum dritten und schwierigsten Schritt übergehen kann.“ Diesen beschreibt Debour als Selbstliebe. Doch was bedeutet das?
Sich selbst lieben, glücklich und gesund sein
Der University of Happiness zufolge ist das Thema Selbstliebe eng mit dem Empfinden von Glück verknüpft. Einfach gesagt, muss jeder Mensch lernen, sich selbst zu lieben – ehrlich und im Gesamten. „Selbstliebe ist kein Egoismus, sondern bedeutet sorgsam mit sich selbst umzugehen, die eigenen Grenzen nicht zu überschreiten, das eigene Leben zu leben und sich nicht an Erwartungen anderer zu orientieren“, erklärt die Expertin. Mit sich selbst im Reinen zu sein, bedeutet auch, weniger verletzbar und angreifbar zu sein. Vieles, was wir machen und was uns keine Freude macht, führt zu Stress. Und dieser kann verschiedene Krankheiten auslösen. Um dem vorzubeugen und gesund zu bleiben oder zu werden, empfiehlt Debour sich jeden Tag mindestens eine halbe Stunde nur für sich selbst Zeit zu nehmen und das zu tun, was nur man selbst sich wünscht. Zudem sollte sich jeder täglich fragen: Handle ich aus eigenem Willen heraus oder weil es von mir erwartet wird? Die Expertin ist sich ihrer Sache sicher: „Wer alle Schritte befolgt und wirklich an sich arbeitet, wird nicht nur glücklich, sondern lebt gesünder und somit länger.“
Wege zum Glück
Eines steht fest: Geld macht nicht glücklich. Zwar empfinden viele Menschen finanzielle Sicherheit als positiv, es lässt sie sorgloser Leben. Jedoch gibt es keinen Beweis dafür, dass Unmengen an Geld Zufriedenheit bedeutet. Viel wichtiger ist das soziale Umfeld: Wer gute Freunde und eine Familie hat, wiegt sich selbst in sicherer Position. Menschen, die weniger negative Gedanken haben, wie Sorgen oder Ängste, sind im Durchschnitt deutlich glücklicher. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ heißt bereits ein altes deutsches Sprichwort. Und auch Simone Debour kennt Wege, die zum Glück führen.
Was ist Glück?
„Alle Menschen wollen glücklich werden“ – das sagte bereits Aristoteles mehr als 300 Jahre vor Christus und beeinflusste damit viele Philosophen, die dieser Aussage nachgingen. Doch was ist dieses Glück eigentlich? Einfach ausgedrückt ist Glück in erster Linie ein subjektiv empfundenes Wohlbefinden des Menschen. Glück ist eine mentale Verfassung und somit eine Gemüts-, Denk- oder auch Geistesverfassung, bei der es um die Frage geht: Wie sehe ich mich selbst und wie die Welt? Eines steht für die Forschung fest: Es gibt kein objektiv wahres, kein allgemeines Glück, das für jeden Menschen im gleichen Maße gilt. Dazu sind die Individuen zu unterschiedlich, genauso wie der jeweilige Lebenskontext. Ein solches Gefühl wie das Glück kann in der Forschung eigentlich nicht nachgewiesen werden. Trotzdem weiß man in der heutigen Medizin, dass gewisse Botenstoffe des Gehirns für das Glücklichsein benötigt werden. Die wichtigsten Stoffe hierfür sind Dopamin, Noradrenalin, Beta-Endorphin und Serotonin.
Was macht glücklich?
Genauso wie es kein allgemeines Glücksempfinden gibt, bedeutet auch Glück auf der Gefühlsebene für jeden Menschen etwas Anderes: Erfülltheit, Seligkeit, Lust oder Behaglichkeit – all das ist Glück. Medizinischen Forschungen nach gibt es wahre Glücksmomente, die durch die genannten Botenstoffe ausgelöst werden. Solche Momente sollen zwischen acht und zehn Sekunden andauern. Jeder, der dieses Gefühl also erlebt hat, weiß, wie sich echtes körperliches und seelisches Glücklichsein anfühlt. Jedoch gibt es keine allgemeingültige Anleitung dafür. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was einen zufrieden macht: „Das meiste ist eine Frage der Wahrnehmung, die ganz einfache Frage nach dem halb vollen und halb leeren Glas. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch glücklich sein kann“, erklärt die Gründerin der University of Happiness, Simone Debour. „Der richtige Weg zum Glück kommt immer aus einem selbst heraus!“
Kann man das Glücklichsein erlernen?
Es existiert zwar keine mathematische Glücksformel, doch lässt sich Zufriedenheit und Seligkeit erlernen. Interessant ist, dass das durchschnittliche Glücksempfinden im Alter zunimmt. Die meisten Menschen werden im Alter gelassener, ausgeglichener und lassen sich von kaum mehr etwas aus der Ruhe bringen. Diese Dinge führen automatisch zu weniger Stress und somit auch zu mehr Freude. Zwar ist dies eine motivierende Erkenntnis, jedoch gibt es auch Wege bereits vor einem höheren Alter glücklich zu sein. „Unsere frühkindliche Prägung ist sehr wichtig für unseren Blick auf die Welt“, weiß Simone Debour von der Berliner Glücks-Universität. „Trotzdem sind erlernte Sichtweisen veränderbar.“ Optimismus ist eine wichtige Voraussetzung für ein freudiges Leben. Menschen, die positiv auf sich selbst und auf die Welt blicken, sind zufriedener, glücklicher und strahlen mehr Energie aus. „Egal, ob man sich dazu entscheidet eine neue Sportart auszuprobieren oder eben dazu, glücklich zu sein - die Entscheidung trifft jeder allein für sich“, erklärt die Glücksexpertin. Für sie ist besonders Dankbarkeit ein erster Weg in die richtige Richtung: „Dankbarkeit ist ein Träger des Glücks. Man kann sich über den Regen ärgern oder sich sagen: ,Zum Glück habe ich ein Dach über dem Kopf!‘“ Wer sich schnell vergegenwärtige, was er oder sie an Besitztümern und wie wenig Grund zum Jammern hat, desto eher empfinde man innere Zufriedenheit.
Zufriedenheit trainieren
Voltaire stellte bereits im 18. Jahrhundert fest: „Ich habe beschlossen glücklich zu sein, weil es meiner Gesundheit förderlich ist.“ Tatsächlich gehört zu einem gesunden Leben nicht nur die richtige Ernährung und genügend körperliche Bewegung, sondern eben auch die mentale Verfassung. Wie Simone Debour bereits versicherte, lässt sich das Glücklichsein trainieren. Jedoch macht ein einmaliges Joggen niemanden zum Marathonläufer. Wer also ernsthaft und langfristig glücklich und folglich gesünder sein möchte, sollte sich mit sich selbst auseinandersetzen, dankbar und aufmerksam sein, Ängste und Sorgen bekämpfen und versuchen seinen Blick auf die Welt positiv zu verändern. Viel küssen und tanzen können dabei auch helfen.