Es gibt Tiere, die lebten bereits zur Zeit der Dinosaurier. Ohne sich im Laufe von Jahrmillionen verändert zu haben, bevölkern sie auch heute noch abgeschiedene Gebiete der Erde. Viele dieser lebenden Fossilien galten bereits als ausgestorben – bis sie irgendwo auf der Welt wiederentdeckt wurden.
iStock-BarashenkovAnton
Der Nautilus oder auch Perlboot genannt, gehört wohl zu den ältesten Lebewesen, die auf der Erde existieren: Wie vor fünfhundert Millionen Jahren schwebt der Kopffüßer heute noch durch die Tiefen des Meeres. Mithilfe von Gas steuert er seinen Auftrieb im Wasser.
iStock-maskalin
Das Schnabeltier wirkt wie aus mehreren Tieren zusammengestückelt: Der Schnabel wie von einer Ente, Körper und Schwanz wie ein Biber – die männlichen Tiere haben sogar einen Giftstachel. Und es wird noch kurioser: Schnabeltiere weisen gleichzeitig Merkmale von Reptilien und Säugetieren auf: Sie legen reptilienartige Eier, säugen aber die daraus geschlüpften Jungtiere wie Säugetiere mit Milch. Fossile Überreste dieser Tiere sind bis zu hundertfünfzig Millionen Jahre alt.
iStock-JohnCarnemolla
Wie das Schnabeltier gehört auch der Schnabel- oder Ameisenigel zu den sogenannten Kloakentieren: Auch er legt Eier, die er in einem Brutbeutel verwahrt und säugt seinen Nachwuchs mit Milch. Allerdings haben Schnabeligel und Schnabeltiere keine Zitzen, sondern ein Milchfeld an der Bauchseite.
iStock-Andrew-Haysom
Der Quastenflosser ist wohl das bekannteste lebende Fossil. Seinen wissenschaftlichen Namen „Latimeria chalumnae“ verdankt er seiner Entdeckerin Marjorie Courtenay-Latimer, die den seit etwa 409 Millionen Jahren in der Tiefsee lebenden Fisch 1938 in den Gewässern der Flussmündung des Chalumna aufspürte.
iStock-Atypeek
In den Regenwäldern des Kongo entdeckten Forscher am Beginn des 20. Jahrhunderts ein merkwürdiges Tier: Ähnlichkeiten mit einer Antilope oder einem Pferd, Streifen wie ein Zebra. Doch die Verwandtschaft des Okapis mag verblüffen: Giraffen.
iStock-Yobab
Sein Rüssel dient dem Tapir, ähnlich wie dem Elefanten, hauptsächlich zum Greifen. Sein nächster Verwandter ist das Nashorn. Natürliche Feinde hat der Tapir nur wenige. Gefährlich wird ihm vor allem der Mensch: Er jagt diese Tiere besonders wegen seines Felles und seines Fleisches.
iStock-Musat.
Sie sind Zeitgenossen der Dinosaurier: Die Brückenechsen bewohnen seit rund zweihundert Millionen Jahren Neuseeland. Zum Schutz vor Feinden verfallen die nachtaktiven Echsen in absolute Regungslosigkeit. Seit vor rund achthundert Jahren Menschen Neuseeland besiedelten, brachten sie neue Feinde mit, die die in der Landessprache „Tuatara“ genannten Echsen bedrohen: Ratten machen Jagd auf die Urzeitechsen.
iStock-Gordonlmages
Der Ursprung der Krokodile beginnt vor rund zweihundert Millionen Jahren auf dem Urkontinent Gondwana. Sie sind quasi die letzten überlebenden Dinosaurier, die heute noch existieren. Gut erhaltene Fossilien beweisen, dass sie sich im Laufe von Jahrmillionen quasi nicht verändert haben.
iStock-Moiz-Husein
Der Kiwi, ein kleiner Laufvogel ohne Flügel, ist das Nationalsymbol Neuseelands. Er lebt dort seit 140 Millionen Jahren und die Einwohner nennen sich selbst nach dem Vogel „Kiwi“. Auch die bekannte Frucht erhielt ihren Namen indirekt von dem Laufvogel mit dem ungewöhnlichen Äußeren.
iStock-Jason-Magerkorth
Droht Gefahr, stellt sich das Opossum einfach tot. Diese Taktik hat den Beutelratten dabei geholfen, siebzig bis achtzig Millionen Jahre auf der Erde zu überleben.
iStock-Steinthor
Neunaugen sind Aalartige Fische mit einem langgestreckten Körper, die sich seit 500 Millionen Jahren kaum verändert haben. Ihren Namen haben sie einer falschen historischen Beschreibung zu verdanken. Früher ging man davon aus, dass neben dem eigentlichen Auge auch die Nasenöffnung und die Kiemspalten Augen sind.
iStock-bit245
Das Przewalski-Pferd ist die einzige Unterart von Wildpferden. Sie stammen von den gezähmten Botai-Pferden und verwilderten sich vor ca. 5.000 Jahren. Doch heutzutage leben sie nur noch in den Steppen der Mongolei in freier Wildbahn.
iStock-mb-fotos
Es ist eine der größten Katastrophen der Erdgeschichte: Ein Meteorit, über zehn Kilometer groß, kracht auf den Golf von Mexiko. Eine riesige Flutwelle schwappt über die Erde, Staub verdunkelt den Himmel. Extreme Temperaturschwankungen und saurer Regen lassen die Nahrungsketten zusammenbrechen. Die Hälfte aller Tierarten stirbt aus, darunter die Dinosaurier, die über 160 Millionen Jahre die Erde beherrscht hatten. Doch es gibt auch Lebewesen, die diese Katastrophe vor 65 Millionen Jahren überlebten: Man nennt sie lebende Fossilien, ein Begriff, der auf Charles Darwin zurückgeht – weil sie noch heute so aussehen wie die versteinerten Überreste, die man von ihren Vorfahren fand.
Eines dieser Tiere ist der Nautilus. Er lebt in den Tiefen des Meeres und gehört wie der Tintenfisch zur Gruppe der Kopffüßer. Anders als dieser bewohnt der Nautilus aber eine Kalkschale, die seinen weichen Körper schützt – ähnlich wie das Haus einer Schnecke. Deshalb wird er auch Perlboot genannt. Sein Überleben sicherte sich der Nautilus durch eine Klappe, mit der er seine Schale bei feindlichen Angriffen verschließen kann. In vierhundert Metern Tiefe lebt er an Riffhängen und geht nur nachts auf die Jagd nach kleinen Krebsen und Fischen. In dieser abgeschiedenen Welt gelang es ihm, fünfhundert Millionen Jahre zu überleben. Während der gesamten Zeit hat er sich kaum verändert, wie viele versteinerte Überreste beweisen. Damit ist der Nautilus eines der ältesten Tiere der Welt.
Auch das Krokodil, die Schildkröte oder die Echse sind solche lebenden Fossilien. Sie gibt es schon seit rund zweihundert Millionen Jahren – und bei ihrem Anblick fällt es nicht schwer zu glauben, dass sie schon seit Urzeiten existieren. Andere Beispiele sind Insekten wie Libellen, Ameisen und Kakerlaken. Forschern ermöglichen diese Tiere einen Einblick in längst vergangene Zeiten.
Evolution – nein, danke
Dass sich die lebenden Fossilien über einen so großen Zeitraum kaum verändert haben, ist erstaunlich – denn in der Natur gilt meist: Wer sich anpasst, hat die besseren Chancen. Sie dagegen blieben von der Evolution nahezu unberührt. Überleben konnten sie, weil sie in abgeschiedenen Lebensräumen Platz fanden, in denen sich seit Urzeiten nichts verändert hat. Im südlichen Zentralchina zum Beispiel entsprechen die Umweltbedingungen der Zeit der Dinosaurier – und so werden dort bis heute lebende Fossilien entdeckt. 2005 etwa stießen Forscher hier auf eine Mischung aus Ratte und Eichhörnchen, die Laotische Felsenratte.
Immer wieder entdecken Wissenschaftler auch Tiere, von denen man geglaubt hatte, sie seien längst ausgestorben. Dieses vermeintliche Wiederauftauchen nennt man Lazarus-Effekt – nach der biblischen Geschichte, in der Jesus den verstorbenen Lazarus wieder zum Leben erweckt. Ein Beispiel für ein solches Tier ist das Okapi: Erst 1901 entdeckte man die Waldgiraffe in den Regenwäldern des Kongo. Lange rätselten Biologen über die Herkunft dieses eigenartigen Tieres. Doch dann identifizierte man das Okapi als Nachfahren des Helladotheriums, einer Giraffenart, die vor Millionen von Jahren lebte.
Ein weiteres Beispiel für den Lazarus-Effekt: Im Dezember 1938 ging Fischern im Indischen Ozean ein Fisch ins Netz, den sie noch nie zuvor gesehen hatten. Er war blau, eineinhalb Meter lang, 52 Kilogramm schwer und hatte außergewöhnliche Flossen und dicke Schuppen. Auch Forscher staunten. Sie kannten das Tier lediglich von Fossilien, die über siebzig Millionen Jahre alt waren: denen des Quastenflossers. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man geglaubt, dass der Quastenflosser bei dem Massensterben vor 65 Millionen Jahren ausgestorben war. Tatsächlich aber hatte er überlebt – über rund vierhundert Millionen Jahre hinweg.
Heute jedoch müssen viele lebende Fossilien um ihre Existenz bangen. Grund: der Mensch. Der Nautilus zum Beispiel gilt als bedroht, weil seine Schale ein beliebtes Sammlerstück ist. Wie seine Artgenossen, die Tintenfische, landet er außerdem häufig auf dem Speiseteller. Der Tapir teilt dieses Schicksal ebenfalls: Wegen seines Felles und seines Fleisches wird er vom Menschen gejagt und gilt deshalb mittlerweile als gefährdet. Dadurch schwinden die Lebensräume der lebenden Fossilien. Weil sie sich aber nie an ihre Umwelt anpassen mussten, können sie nur schwer auf andere Gebiete ausweichen.
Und so haben die lebenden Fossilien zwar einen Meteoriten und damit eine globale Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes überlebt – ob sie aber dem Menschen standhalten werden, bleibt derzeit noch fraglich.