Es ist eine wagemutige Attacke. Mit seinen 5000 Elite-Reitern greift Michel Ney, der Marschall von Frankreich, die britischen Truppen an. Es ist genau 14 Uhr am 18. Juni 1815, als sich die Kavallerie in Bewegung setzt.
„Für unseren Kaiser Napoleon, für Frankreich“, ruft Ney und gibt das Signal zum Stürmen. Sie müssen schnell zuschlagen. Auf der Anhöhe vor ihnen steht das Heer des Duke of Wellington – Musketiere und Reiter. Doch was Ney am meisten fürchtet, sind die 156 Kanonen, die genau auf seine Kavallerie zielen. Wie oft werden die Kanoniere feuern können, bevor Wellingtons Reiter sie überrollen?
Der letzte Flügelschlag …
Wie oft wird ein Schmetterling mit den Flügeln schlagen, bis die Geschichte verändert ist? Hinter der Kavallerie schlägt die erste Salve im Boden ein, Erde und Gras spritzen in die Luft. Noch eine Salve – wieder hinter den Reitern. „Allez! Allez!“ „Gleich da“, denkt sich Ney.
Ein letzter Flügelschlag: Im nächsten Augenblick schlägt die letzte Kanonensalve mitten in die Reihen der vorrückenden Reiter ein. Dutzende Pferde werden zu Boden gerissen. Aber der Angriff der Franzosen ist nicht mehr zu stoppen. Mit ihren Lanzen spießen sie die fliehenden Kanoniere auf, während sich die britische Infanterie zurückzieht.
Die 156 Kanonen sind nun in der Gewalt der Franzosen – und sie könnten den Krieg entscheiden: Sobald die Kanoniere Napoleons die Kanonen umdrehen und bemannen, kann nichts die Allianz aus Briten und Preußen vor ihrer Niederlage bewahren. Mehr noch: Allein der Verlust der Kanonen reicht aus, um Napoleon nach seiner Verbannung wieder zum unangefochtenen Herrscher Europas zu machen. Noch wissen die Franzosen nicht, dass der letzte Flügelschlag bereits über ihr Schicksal entschieden hat …
… zur endgültigen Niederlage
Denn das Blatt hat sich bereits gewendet. Jetzt gibt der Herzog von Wellington seiner schweren Kavallerie den Befehl zum Gegenangriff: Die Artillerie muss unter allen Umständen zurückerobert werden. Auch die Infanterie ist wieder in Musketen-Reichweite. Michel Ney weiß, dass er keine Chance hat, die Kanonen noch einzusetzen. Doch er kann dafür sorgen, dass niemand mehr diese Kanonen benutzt. In jeder Einheit gibt es Soldaten, die kopflose Nägel und Hämmer mit sich tragen, um die Zündlöcher der Bronzekanonen zu verstopfen. Doch wo sind sie?
Neys Adjutant läuft durch die eigenen Reihen und schreit nach Nägeln. Niemand antwortet ihm. Denn zufällig sind genau diese Soldaten beim letzten Artilleriefeuer getötet worden. Keiner kommt auf die Idee, Nägel aus dem Unterbau der Kanonen oder aus den Ladestäben zu ziehen. Ney gibt den Befehl zum Rückzug – in wenigen Stunden werden diese 156 Kanonen die Franzosen bezwingen und Napoleon endgültig besiegen.