Wenn Attentate Geschichte schreiben
So schaffte ein einziger Schuss, die gesamte Welt ins Unglück zu stürzen: Das Attentat auf den österreichischen Erzherzog Franz Ferdinand war einer der Funken, die den Ersten Weltkrieg auslösten. Andere Attentate hätten vermutlich großes Leid zwar nicht verhindert aber möglicherweise gelindert. Hitler überlebte gleich drei Angriffe. Der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy dagegen hatte weniger Glück: Die tödlichen Schüsse auf ihn in Dallas 1963 schufen nicht nur eine der größten Verschwörungsmythen in der politischen Geschichte, sondern stellten auch die Weichen für ein ganzes Land, das nachfolgend immer tiefer in den Vietnam-Krieg gezogen wurde. Viele Opfer von Attentaten erreichten erst durch ihren Tod das, was sie zu Lebzeiten nicht schafften: Sie wurden zu Helden. Unter dem Eindruck ihres plötzlichen Todes erkannten viele ihre Ideale und Ziele. Die Täter dagegen bewirkten genau das Gegenteil dessen, was sie mit ihren heimtückischen Bluttaten beabsichtigt hatten…
Kains Brudermord: der endgültige Sündenfall
Gleich der erste auf Erden geborene Mensch drückte der Geschichte einen blutigen Stempel auf. Auch wenn die Tragödie zwischen Kain und seinem jüngeren Bruder Abel, zumindest physisch, keine ernsthaften Auswirkungen auf die Entwicklung der Menschheit hatte, zeigt die biblische Erzählung doch eines: Missachtung, Neid und Hass sind so etwas wie Ur-Motive für Morde und Attentate. Der Brudermord ist damit sozusagen die kosmische Hintergrundstrahlung des Sündenfalls.
Julius Cäsar: der Tyrannenmord
Nicht weniger als 23 Dolchstiche beendeten an den Iden des März 44 v.Chr. die selbsternannte Diktatur Julius Cäsars. Der Tyrannenmord, wie das Attentat auch in die Geschichte einging, war der verzweifelte Versuch einer Gruppe von Senatoren, der Machtkonzentration des römischen Kaisers entgegenzuwirken. Was die Verschwörer um Gaius Cassius Longinus und Marcus Iunius Brutus allerdings letztendlich erreichten, war der noch schnellere Verfall der Römischen Republik.
Lincolns Tod vereint die Nation
Welche unberechenbare Dynamik gewaltvolle Eingriffe in die Geschichte auslösen, musste auch der Attentäter von Abraham Lincoln erfahren: Am Abend des Karfreitags 1865 wurde der 16. Präsident der USA beim Besuch des Fords Theatres in Washington D.C. von John Wilkes Booth, einem fanatischen Sympathisanten der Südstaaten, in den Kopf geschossen. Lincoln erlag einen Tag später seinen schweren Verletzungen. Sein Tod besiegelte die Wiedervereinigung der US-Staaten. Posthum löste er einen neuen Patriotismus aus, der nach und nach auch auf die Südstaaten übergriff. Der Bürgerkriegspräsident hatte sich für die Abschaffung der Sklaverei stark gemacht. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass er, um die Union zu bewahren, auch vor einem Waffengang gegen die abtrünnigen Südstaaten nicht zögern durfte. Zwar war die Konföderation schon zum Zeitpunkt des Attentats geschlagen, doch wirkte sein Tod weit stärker als jedes Bataillon: Bis heute gilt Lincoln als einer der bedeutendsten Präsidenten der US-Geschichte.
Ein Schuss löst den Ersten Weltkrieg aus
Das Attentat von Sarajevo klingt bis heute als dunkles Echo in der Geschichte nach: Am 28. Juni 1914 erschoss der junge Serbe Gavrilo Princip als Mitglied der serbischen Untergrundorganisation „Schwarze Hand“ den Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand, und dessen Frau. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt bereits gewaltige politische Umbrüche in Europa stattfanden, gilt das Attentat in der bosnischen Hauptstadt als finaler Auslöser für den Ersten Weltkrieg.
Che Guevara: posthume Verklärung
Die posthume Verklärung zu einer fast heiligen Gestalt hat auch Ernesto „Che“ Guevara erfahren: Auch wenn es sich bei seinem Tod streng genommen nicht um ein Attentat, sondern vielmehr um einen politischen Mord handelte, wirkt seine Gestalt bis heute nach. Der Argentinier Ernesto Guevara de la Serna alias Che Guevara war neben Fidel Castro der zentrale Anführer der Kubanischen Revolution. Seine marxistisch, revolutionären Ideen und Taten strahlten auf den ganzen mittelamerikanischen Raum ab. Bei seinem Versuch, die Revolution gegen das verhasste kapitalistische System auch nach Bolivien zu tragen, wurde er von Regierungstruppen gefasst und am 9. Oktober 1967 erschossen. Schnell wurde aus dem kämpferischen Rebell ein Vorbild, eine Ikone für Freiheit, Mut und Entschlossenheit. Die US-Zeitschrift Time Magazine nahm ihn in die Liste der 100 einflussreichsten Menschen des 20. Jahrhunderts auf. 2007 wurden eine Haarlocke, Fingerabdrücke und weitere Dokumente aus der Zeit seiner Festnahme für rund 120.000 US-Dollar versteigert. Sein Konterfei hat längst Kultstatus erreicht. Die romantische Verklärung seiner Person ließ seine Radikalität schon bald in Vergessenheit geraten.
Martin Luther King: ein Leben für die Freiheit
Ein anderes Attentat offenbart die kulturelle Krise zwischen Okzident und Orient: Der niederländische Filmregisseur, Publizist und Satiriker Theo van Gogh kritisierte mit seinem Film „Submission“ die Unterdrückung der Frau durch den Islam. Die Fernsehausstrahlung im Sommer 2004 führte zu heftigen Reaktionen unter Muslimen. Am 2. November 2004 wurde er von dem islamischen Fundamentalisten Mohammed Bouyeri auf offener Straße niedergestochen. Der Regisseur war ein Urenkel von Theo van Gogh, dem Bruder Vincent van Goghs. Nach dem Mord an Theo van Gogh eskalierte die Situation in den Niederlanden. Es kam zu Brandanschlägen auf islamische und daraufhin auch auf christliche Einrichtungen. Die Unruhen lösten in Europa eine breite Diskussion über das Zusammenleben zwischen Europäern und islamischen Einwanderern aus.
John F. Kennedy: Ein Mythos wird geboren
Es ist eines der wohl berühmtesten Attentate überhaupt: der tödliche Angriff auf US-Präsident John F. Kennedy in Dallas am 22. November 1963. Bis heute sind die Hintergründe des Kennedy-Attentats umstritten. Der Hauptverdächtige Lee Harvey Oswald wurde nur zwei Tage nach seiner Verhaftung von Jack Ruby erschossen. Eine Reihe staatlicher Untersuchungen konnte nicht endgültig klären, ob Oswald tatsächlich alleine gehandelt hat – und welche Rolle Ruby spielte. Deshalb haben die Schüsse auf die Präsidentenlimousine bis heute zu zahlreichen Verschwörungstheorien geführt. Vielleicht wird das Rätsel aber doch noch gelöst – etwa im Jahr 2017. So lange nämlich bleiben die Akten über Kennedys Ermordung noch unter Verschluss.
Der Friedensmacher im Nahostkonflikt
Der Nahostkonflikt ist einer der Gordischen Knoten der Weltpolitik: Seit Jahrzehnten versuchen Politiker aus aller Welt, den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu lösen. Einer der wichtigsten Fürsprecher des Friedensprozesses, der israelische Politiker Yitzhak Rabin, bezahlte seine Politik der Annäherung mit dem Leben. Rabin wurde am Abend des 4. November 1995 auf einer großen Friedenskundgebung in Tel Aviv von Jigal Amir, einem jüdischen Fundamentalisten und Rechtsextremisten, erschossen. 1994 noch hatte Rabin gemeinsam mit seinem damaligen Außenminister Schimon Peres und dem damaligen Chef der palästinensischen Autonomiebehörde, Jassir Arafat, den Friedensnobelpreis erhalten.
Kampf der Kulturen
Ein anderes Attentat offenbart die kulturelle Krise zwischen Okzident und Orient: Der niederländische Filmregisseur, Publizist und Satiriker Theo van Gogh kritisierte mit seinem Film „Submission“ die Unterdrückung der Frau durch den Islam. Die Fernsehausstrahlung im Sommer 2004 führte zu heftigen Reaktionen unter Muslimen. Am 2. November 2004 wurde er von dem islamischen Fundamentalisten Mohammed Bouyeri auf offener Straße niedergestochen. Der Regisseur war ein Urenkel von Theo van Gogh, dem Bruder Vincent van Goghs. Nach dem Mord an Theo van Gogh eskalierte die Situation in den Niederlanden. Es kam zu Brandanschlägen auf islamische und daraufhin auch auf christliche Einrichtungen. Die Unruhen lösten in Europa eine breite Diskussion über das Zusammenleben zwischen Europäern und islamischen Einwanderern aus.