Zufallsentdeckung
Es ist ein regennasser Tag, als der neunjährige Lukas bei einem Spaziergang mit seinen Eltern etwas Blickendes am Wegesrand entdeckt. Schokoladentaler, ist sein erster Gedanke. Doch die Münzen, die er aus dem Matsch fischt, sind steinhart und aus echtem Silber. Hundertzwanzig Stück, zum Teil noch aus dem 16. Jahrhundert. Was Lukas und seine Eltern in einem Wald bei Schmallenberg finden, ist ein kleines Vermögen wert.
Unter unseren Füßen
Die Geschichte, die wie ein Märchen klingt, hat sich tatsächlich ereignet. Bis heute liegen überall in Deutschland verborgene Schätze im Boden – kleinere und größere Vermögen, versteckt vor Feinden oder zurückgelassen in einem der zahllosen Kriege. In einer Zeit, als es noch keine Banken gab, hatten die Menschen oft keine andere Wahl, als ihr Geld im Erdboden zu vergraben: Es war einfach der sicherste Ort.
Vergraben und vergessen
Doch nicht selten blieb der Schatz dort, wo er einst versteckt wurde – weil die Besitzer umkamen, ihr Geheimnis nicht rechtzeitig weitergeben konnten oder einfach nie wieder an diesen Ort zurück gelangten. Viele Schätze gerieten so in Vergessenheit. Irgendwo im Erdboden lagern sie jahrhundertelang – bis der Zufall sie wieder ans Tageslicht befördert.
Oft hilft der Zufall
Immer wieder werden in Deutschland verborgene Schätze gefunden, manchmal zufällig von Spaziergängern, manchmal von professionellen Schatzsuchern. Zahllose Hobbydetektive ziehen am Wochenende los, ausgerüstet mit Metalldetektoren, Sonden und modernstem Equipment. Im Internet tauschen sie Erfahrungen aus, berichten von eigenen Funden oder sagenhaften Schätzen.
Mehr als ein paar Silberlinge
Nicht nur kleine Münzsammlungen, sondern auch richtig große Schätze von unermesslichem Wert warten bis heute auf ihre Entdeckung. Um sie ranken sich zahllose Mythen und Theorien, die immer neue Hobbyarchäologen und Schatzsucher auf den Plan rufen. Das Bild zeigt Wikinger-Gold, das bei Ausgrabungen am Hiddensee gefunden wurden.
Gibt es den Schatz im Nibelungenlied wirklich?
Der wohl umstrittenste deutsche Schatz ist der Nibelungenhort, der sagenhafte Schatz aus dem Nibelungenlied. Bis heute konnte nicht geklärt werden, ob die "zwölf Lastwagen" voller "Edelsteine und Gold", die Hagen von Tronje (Bild: Denkmal in Worms) laut der Sage versteckt haben soll, nur eine Legende sind oder tatsächlich existierten. Fest steht, dass es durchaus Parallelen zwischen dem Nibelungenlied und historischen Personen und Ereignissen sowie noch bestehenden Orten gibt.
Bisher nur ungenügende Untersuchungen
Bis heute ist keiner dieser Orte wirklich umfassend untersucht worden. Zu groß wären vermutlich die Kosten für die Suche nach einem Schatz, von dem noch nicht einmal geklärt ist, ob er überhaupt existiert. Ein Heldenlied allein sei hinreichende Beweisgrundlage, heißt es oft. Doch viele moderne Schatzsucher geben die Hoffnung nicht auf: Ihr Vorbild ist der deutsche Kaufmann Heinrich Schliemann (Bild), der – ebenfalls nur aufgrund einer Sage, Homers "Ilias" – das antike Troja ausgegraben hatte.
Eine Frage der Interpretation
In der entscheidenden Stelle im Nibelungenlied heißt es: "Er sanc en da zem Loche allen in den Rin", was zum Beispiel "Er senkte ihn da zu Lochheim allen in den Rhein" oder auch "Er ließ ihn bei dem Loche am Rhein versenken" heißen könnte – je nach Übersetzung. Tatsächlich gibt es einen Ort Lochheim am Rhein, wo jedoch niemals Hinweise auf einen Schatz gefunden wurden.
Gold im Rhein?
Die Frage lautet auch: Hätte Hagen von Tronje, nachdem er sich einen solch unermesslichen Reichtum angeeignet hatte, tatsächlich alles in die reißenden Fluten des Rheins geworfen? Eine spätere Bergung wäre zu damaliger Zeit unmöglich gewesen. Deshalb glauben andere Forscher, der Schatz sei lediglich in einem "Loch" in der Nähe des Rheins versteckt worden – einem sicheren Verwahrungsort, aus dem Hagen von Tronje ihn hätte später wieder ausgraben können.
Neue Theorien
Im Fokus der Forscher steht deshalb auch der Ort Rheinsbach, in dem es einen Ortsteil "Loch" gibt. Dort existiert möglicherweise ein unterirdisches Höhlensystem (Symbolbild), in dem der Schatz verborgen liegen könnte. Wieder andere glauben, das Versteck könnte in der Nähe einer alten Burg nördlich von Worms liegen. Hier befindet sich ein unteririsches römisches Hafenbecken, in dem Hagen von Tronje den Schatz problemlos und sicher hätte versenken können.
Bisher nur ungenügende Untersuchungen
Bis heute ist keiner dieser Orte wirklich umfassend untersucht worden. Zu groß wären vermutlich die Kosten für die Suche nach einem Schatz, von dem noch nicht einmal geklärt ist, ob er überhaupt existiert. Ein Heldenlied allein sei hinreichende Beweisgrundlage, heißt es oft. Doch viele moderne Schatzsucher geben die Hoffnung nicht auf: Ihr Vorbild ist der deutsche Kaufmann Heinrich Schliemann (Bild), der – ebenfalls nur aufgrund einer Sage, Homers "Ilias" – das antike Troja ausgegraben hatte.
Immer noch verschollen
Ein anderer, bis heute verschollener deutscher Schatz ist der Silberschatz des Kurfürsten Maximilian I. (Bild). Der bayerische Regent wollte im dreißigjährigen Krieg, kurz vor Einmarsch der schwedisch-französischen Truppen, seine Reichtümer in Sicherheit bringen. Dazu schaffte er alle wertvollen Gegenstände aus seiner Residenz auf Boote, um sie über den Inn nach Österreich zu schiffen. In der Nähe von Mühldorf kenterte eins seiner Boote und gigantische Mengen Silber stürzten in den Inn.
Silberschatz im Inn
Doch obwohl im Gegensatz zum Nibelungenschatz die Existenz und auch der ungefährere Verlustort dieses kurfürstlichen Schatzes bekannt sind, wurde er nie gefunden. Allenfalls vereinzelte Teller oder Besteckteile wurden bisher von Anglern ausgemacht. Unklar ist vor allem, ob der Schatz nach wie vor in der Nähe von Mühldorf (Bild) liegt oder durch die Strömung flussabwärts, vielleicht sogar bis in die Donau oder noch weiter getrieben wurde.
Sucher fanden nichts
Forscher glauben zwar, dass der Schatz noch bei Mühldorf zu finden sein müsste, doch auch groß angelegte Suchaktionen brachten kein Ergebnis. Vielleicht wurde er im Laufe der letzten 350 Jahre auch längst gefunden und privat versteckt – immerhin ist der Inn für jeden frei zugänglich und trägt in den Sommermonaten wenig Wasser. Über den genauen Verbleib kann also weiterhin nur spekuliert werden.
Verschleppung ins Ausland?
Viele berühmte deutsche Schätze werden mittlerweile im Ausland vermutet. Der Verlust des Bernsteinzimmers etwa beschäftigt Forscher auf der ganzen Welt, es gibt über hundert Theorien über seinen Verbleib. 1997 tauchten zwar ein Steinmosaik und eine Kommode, die eindeutig aus dem Bernsteinzimmer stammten, in Deutschland auf. Ob sich das übrige Inventar ebenfalls hier befindet, bezweifeln viele. Zuletzt wurde das Bernsteinzimmer in Königsberg, im heutigen Kaliningrad gesehen – wo es auch bis heute vermutet wird. Das Bild zeigt die Nachbildung des Bernsteinzimmers im Katharinenpalast in Puschkin.
Ewige Rätsel, offene Fragen
Ebenfalls unklar ist, ob sich all die von Deutschen im Zweiten Weltkrieg erbeuteten Reichtümer, das so genannte "Nazigold", noch in Deutschland befinden. Einige hundert Tonnen des Reichsbankgoldes wurden nach dem Krieg im thüringischen Merkers gefunden. Historiker vermuten jedoch, dass das übrige Vermögen nach Argentinien geschafft wurde. Auf dem Bild sieht man die Suche nach dem Nazi-Goldzug in Polen.
Kleine Schätze
Doch es sind nicht nur die großen und sagenumwobenen Schätze, die Schatzsucher auf den Plan rufen. Im Erdboden schlummern auch zahlreiche kleinere Schätze: Münzen, altes Besteck oder Silbergeschirr zum Beispiel, einst private Wertgegenstände, die von ihren Besitzern versteckt wurden.
In der Geschichte stöbern
In jeder örtlichen Bibliothek oder im Stadtarchiv lagern Bücher, die Hobbyschatzsuchern Hinweise auf mögliche Funde liefern. In heimatgeschichtlichen Werken, Chroniken, alten Sagen oder Erzählungen finden sich immer wieder Stellen, in denen von versteckten oder geraubten Wertgegenständen die Rede ist. Auch alte Gerichtsprotokolle oder historische Karten können sehr aufschlussreich sein. Antike Funde sind zum Beispiel in der Nähe alter römischer Stätten oder Straßen möglich; Überreste aus germanischer Zeit können in der Nähe von Quellen oder großen Eichen lagern, wo man früher den Göttern huldigte.
Wer darf den Schatz behalten?
Wie im Falle des neunjährigen Lukas sind es oft Privatpersonen oder Hobbybuddler, die die Schätze aus dem Boden ziehen. Doch nicht immer profitiert der Finder davon. Nach § 984 des BGB gilt, dass der Schatz – sofern kein Eigentümer mehr auszumachen ist – geteilt wird: Die eine Hälfte geht an den Finder, die andere an den Grundbesitzer, oft also das jeweilige Bundesland. Neben dieser "Hadrianischen Teilung" gibt es allerdings Ausnahmen: Das "Schatzregal" etwa spricht viele Funde allein dem Staat zu, und auch in den je nach Bundesland unterschiedlichen Denkmalschutzgesetzen gibt es abweichende Regelungen.
Rechtliche Absicherung
Häufig enden einst glückliche Funde in einem jahrelangen Rechtsstreit. Auch wer illegal herumbuddelt oder im schlimmsten Fall einen Fund unterschlägt, macht sich strafbar. Hobbyschatzsucher sollten sich daher vor der Schatzsuche genau über die jeweilige Gesetzgebung informieren.