Der Geheimcode der Bienen
Bienen können selbst geringste Mengen von bestimmten Duftstoffen aus mehreren Kilometern Entfernung riechen. Ihre Fühler bestehen aus tausend einzelnen Sinneszellen. Zudem hat jedes Bienenvolk seinen ganz eigenen Geruchs-Code – zusammengesetzt aus Holzarten, dem Bienenharz, Pollen und Honig – den jede Biene an sich trägt. Das hat zwei Vorteile. Erstens: Der Geruch hilft der Biene, ihren Stock wiederzufinden. Zweitens: Die Wächterinnen eines Bienenvolks erkennen umgehend, wenn eine fremde Biene in den Stock eindringen will.
Ein Leben in Zeitlupe
Bienen sind rotblind, ein Mohnfeld ist für sie schwarz, sie fliegen daher bevorzugt blaue und gelbe Blüten an. Zudem können die je 6000 Facetten der beiden Augen ultraviolettes Licht registrieren und sich so am Stand der Sonne orientieren. Und: Bienen sehen in Zeitlupe. Das bedeutet: Schnelle Bewegungen, die uns verwischt erscheinen, sehen sie in jeder Phase scharf.
Gestreifte Genies
Die ergiebigste Blumenwiese, der kürzeste Weg dorthin, die Menge an aufgenommenem Nektar – Forscher konnten jetzt nachweisen, dass Bienen all diese Informationen in ihrem gerade einmal einen Kubikmillimeter großen Gehirn bewusst abspeichern und im Bienenstock dann an andere Sammlerinnen mithilfe ihrer codierten Körpersprache weitergeben.
Über 600.000 Kilometer am Tag
15-mal um die Erde fliegen die etwa 50.000 Angehörigen eines Bienenvolkes – und das jeden Tag. Während sie ausschwärmen, den Nektar einsammeln und wieder zu ihrem Nest zurückkehren, leeren sie unfassbare 30 Millionen Blüten. Heimische Bienenvölker produzieren so zusammen im Jahr rund 25.000 Tonnen Honig.
Summ, summ, summ
200-mal pro Sekunde schlagen die vier Flügel der Biene. Diese hohe Frequenz beziehungsweise Vibration sorgt für das charakteristische Bienensummen. Damit erreicht eine Sammlerin eine Geschwindigkeit von 30 km/h. Nicht alle gestreiften Flugakrobaten fliegen jedoch gleich schnell. Forscher haben herausgefunden, dass sogenannte Flitzer-Bienen in der oberen Hälfte des Schwarms stets etwas schneller fliegen als der Rest und ihren Artgenossinnen den richtigen Weg weisen.
Ein hochsensibles Warnsystem
Spinnen, Hornissen, Vögel – wird eine Biene beim Nektarsammeln angegriffen, markiert sie mit einem Duftstoff die Blüte, in deren Nähe Gefahr drohte. Will nun im Laufe des Tages eine andere Arbeiterin aus dem Bienenvolk auf dieser Blüte landen, registriert sie schon beim Anflug die Warnung und dreht ab.
Muskulöse Wärmegeneratoren
Bienen lieben Wärme: Zwischen 33 und 35 Grad Celsius herrschen im Inneren eines Bienenstocks, selbst wenn es draußen friert. Sinkt die Temperatur im Stock unter 30 Grad, stirbt die Brut. Die nötige Wärme produzieren die Bienen allein durch die Bewegung ihrer Flügelmuskeln.
Tanzende Navigationswunder
Eine Schwingung des Hinterleibs nach links oder rechts entspricht 32 Metern, eine komplette Schwänzelbewegung etwa 65 Metern: Honigbienen sind Meister der Körpersprache. Hat eine von ihnen ein Blütenfeld entdeckt, zeigt sie ihren Gefährtinnen die Position per Schwänzeltanz. Die Entfernung schätzen Bienen über einen „optischen Kilometerzähler“. Für die Entschlüsselung des sogenannten Bienentanzes, dieser im gesamten Tierreich einzigartigen Kommunikation, wurde der österreichische Zoologe Karl von Frisch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Die letzte Option
Eine Biene sticht nur zu, wenn sie keine andere Möglichkeit der Verteidigung mehr sieht. Denn der Verlust des Stachels bedeutet ihren Tod. Für Menschen ist der Stich schmerzhaft, aber ungefährlich (Ausnahme Allergiker und Luftröhrenstiche). Tatsächlich kann Honigbienengift sogar Beschwerden bei Rheuma oder Arthrose lindern. So wird beispielsweise bei einer Therapie eine Biene auf dem betroffenen Gelenk zum Stich angeregt. Damit die Biene überlebt, liegt zwischen Biene und Haut ein Netz, sodass der Stachel nicht zu tief in die Haut dringt und nicht herausgerissen wird.
Die Geburt einer neuen Kolonie
Im Frühjahr legt die Königin jeden Tag bis zu 2000 Eier. Aus ihnen entwickeln sich innerhalb von 16 bis 21 Tagen je nach Wabenform und Futtersaft Arbeiterinnen und neue Königinnen. Letztere fliegen Ende Mai, wenn es im Nest zu eng wird, mit Tausenden Begleiterinnen aus, und gründen ein neues Bienenvolk.
Alles für das Volk
Im Bienenvolk regiert eine Königin. Ihr dient ein Heer von Arbeiterinnen. Unter ihnen herrscht perfektes Teamwork: Wächterinnen, Reinigungsbienen, Honigmacherinnen, Ammen, Königinnenbetreuerinnen und Bestatterinnen – jede Biene weiß instinktiv, was zu tun ist. Dabei gibt es jedoch keine lebenslange Spezialisierung, jede kommt mit allem mal dran. Erst im fortgeschrittenen Alter wird eine Arbeiterin zur Sammlerin.
Das Gold der Königin
Während die Larven der Arbeiterinnen hauptsächlich mit Pollen und Honig gefüttert werden, erhalten die Larven, die zu Königinnen werden, nur das sogenannte Gelée royale, einen extrem nahrhaften und süßen Futtersaft, mit dem auch die Waben fixiert werden. Ein Kilogramm des edlen Honigs kostet in Deutschland zwischen 100 und 130 Euro.
Der Anfang vom Ende
Nach 24 Tagen schlüpfen aus den Brutzellen Drohnen. Sie besitzen keinen Stachel, können keinen Honig sammeln und müssen gefüttert werden. Ihre einzige – aber für die Bienen überlebenswichtige Aufgabe: Eine Königin begatten. Ende Juni kommt es dann zur sogenannten Drohnenschlacht. Die Drohnen werden aus dem Nest geworfen, sodass man zu dieser Zeit viele herumkrabbelnde Drohnen beobachten kann.
Flexible Baumeister
Der chinesische Imker Ren Ri entwickelte für ein Kunstprojekt durchsichtige Plastik-Skulpturen, um zu demonstrieren, wie anpassungsfähig und zugleich kreativ Bienen sind. Die Königin setzte er in die Mitte der Kisten, während die Bienen um sie herum ihren Bau schufen. Alle sieben Tage veränderte Ren Ri ihre Position in der Kiste nach dem Zufallsprinzip – und damit auch die Form der Wabenkonstruktion.
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