Eine Krankheit mit vielen Gesichtern
Rheuma ist eine weit verbreitete Krankheit: Laut der Deutschen Rheuma Liga leiden neun Millionen Menschen in Deutschland daran. Doch die Diagnose Rheuma bietet kein einheitliches Krankheitsbild. Spezialisten unterscheiden vier Hauptgruppen, mit jeweils unterschiedlichen Symptomen. Ein Bluttest kann bei der Suche nach dem richtigen Befund helfen. Welt der Wunder verrät, wie dieser funktioniert und welche Medikamente gegen Rheuma wirken.
Nicht nur die Gelenke sind betroffen
Der Begriff Rheuma kommt ursprünglich vom griechischen Wort rheo (,,ich fließe‘‘) und wird mit „ziehenden Schmerzen“ übersetzt. Rheumatismus bezeichnet Beschwerdebilder und Krankheiten, die mit Schmerzen einhergehen und das Bewegungssystem damit einschränken. Betroffene Stellen sind neben Gelenken auch Knochen und Muskeln sowie die Wirbelsäule und Sehnen. Rheuma kann zudem auch die Haut, innere Organe und sogar das Nervensystem angreifen.
Vier Gruppen - unterschiedliche Störungen
Es gibt vier Hauptgruppen rheumatischer Erkrankungen. Die erste Gruppe stellt entzündlich rheumatische Störungen dar. Die Entzündung beschränkt sich nicht auf einzelne Gelenke, sondern befällt meist den gesamten Körper. Die zweite Hauptgruppe bezeichnet degenerative, respektive funktionseinschränkende, rheumatische Beschwerden. In dieser Gruppe kommt es zu Schäden des Gelenkknorpels. Die Knie, sowie die Hüfte gehören häufig zu den betroffenen Stellen. In der dritten Krankheitsgruppe, dem Weichteilrheumatismus, entstehen lokale und ausgedehnte chronische Schmerzen am Bewegungssystem. Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden repräsentieren die vierte rheumatische Gruppe. Die Störungen in dieser Gruppe verändern den Knochen – und Gelenkstoffwechsel. Darüber hinaus kennt die Rheumatologie mehr als 100 verschiedene Krankheitsformen, die je nach Störung einer Hauptgruppe zugeteilt werden. |
Junge Rheumatiker
Entgegen vieler Meinungen tritt Rheuma nicht nur im hohen Alter auf. Besonders Störungen der ersten Hauptgruppe, der entzündliche rheumatische Krankheiten, kommen auch bei Kleinkindern und Jugendlichen vor. Eine von ihnen ist die Rheumatoide Arthritis. Die schmerzhafte Gelenkerkrankung ist die am häufigsten vorkommende entzündlich rheumatische Krankheit. Doch wie wird diese erkannt und behandelt?
Ausschlaggebende Entzündungsparameter
Laut der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie leiden 0,65 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland an dem entzündlichen Gelenkrheuma, bei dem sich die Innenhaut der Gelenke – die Sehnenscheiden – sowie die Schleimbeutel entzünden können. Bei dieser Form zeigt das Blutbild verstärkt auftretende Entzündungsparameter an, die im Blut nachgewiesen werden können. Ein entscheidender Parameter ist der sogenannte Rheumafaktor.
Gefährliche Antikörper
Rheumafaktoren sind Antikörper, die sich gegen körpereigene Abwehrstoffe richten. Treten sie vermehrt auf, geben sie einen Hinweis auf Arthritis – allerdings können sie nicht bei allen Betroffenen im Blut nachgewiesen werden. Weshalb das der Fall ist, konnte bisher medizinisch nicht geklärt werden. Darüber hinaus sind sogenannte CCP-Antikörper ein weiterer hilfreicher Baustein bei der Diagnosefindung. Die Antikörper lassen sich bei Betroffenen öfter nachweisen als Rheumafaktoren und sind bereits schon in Anfangsstadien der Erkrankung im Blut vorhanden. Diese Antikörper richten sich gegen die Aminosäure Citrullin, die für die Produktion wichtiger Botenstoffe im Körper verantwortlich ist. Doch gibt es auch in den anderen Rheuma-Hauptgruppen Krankheitsformen, bei denen ein Bluttest helfen kann?
Blutwerte: Helfer bei der Diagnose
Auch bei der chronischen Erkrankung Fibromyalgie, die zur dritten Gruppe, also des Weichteilrheumas, gehört, können Blutwerte bei der Diagnose helfen. Hierbei lassen sich Antikörper gegen den körpereigenen Botenstoff Serotonin nachweisen. Serotonin ist an schmerzhemmenden Vorgängen im Körper beteiligt. Bei dieser Krankheitsform klagen Betroffene über Schmerzen an der Wirbelsäule, Muskelverspannungen und Gefühlsstörungen an Händen und Füßen. Eine medikamentöse Therapie bei Fibromyalgie ist unüblich, da klassische Rheumamittel nicht wirken. Physio- und Psychotherapeuten können Betroffenen helfen, den Umgang mit den sehr starken Muskelschmerzen besser in den Griff zu bekommen.
Unauffälliges Blutbild
Doch nicht bei allen Hauptgruppen gibt das Blutbild Aufschluss über die jeweilige Erkrankung. In der Gruppe der degenerativen rheumabedingten Krankheiten, wie beispielsweise der Arthrose, wird die Diagnose anhand typischer Beschwerden festgestellt. Gelenkschmerzen und Schwellung der Gelenke können dafür typische Anzeichen sein. Auch das Röntgenbild kann Aufschlüsse geben: Dieses zeigt bei einer Erkrankung Knorpelverlust oder eine Deformierung der Gelenke an. In der Hauptgruppe der Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden verhält es sich ähnlich. Eine häufige Krankheitsform dieser Gruppe ist die Osteoporose, bei der die Knochen an Festigkeit verlieren und leichter brechen. Auch hier sind die Blutwerte unauffällig. Eine Diagnose erfolgt mit Hilfe von Röntgenbildern und einer körperlichen Untersuchung, bei der die Dichte der Knochen gemessen wird. Doch wie sieht eigentlich eine medikamentöse Therapie bei Rheuma aus und welche Medikamente helfen bei den jeweiligen Krankheitsformen?
Eine Vielfalt an Medikamenten
Bei der medikamentösen Therapie unterscheiden Spezialisten fünf Medikamenten-Gruppen. Kontrollierende Medikamente stehen für die erste Gruppe. Sie greifen so in den Krankheitsverlauf ein, dass diese sogar komplett gehemmt werden kann. Eine weitere Gruppe sind Basismedikamente. Sie leiten den Heilungsprozess ein und reparieren – im besten Fall – bereits entstandende Gelenksschäden. Sie können jedoch, im Gegensatz zu den kontrollierenden Medikamenten, die Erkrankung nicht vollständig stoppen. Basismedikamente, wie beispielsweise Sulfasalazin, werden für gewöhnlich bei der Behandlung von Rheumatoider Arthritis eingesetzt. Je nach Präparat, wirken diese Medikamente nach zwei bis sechs Wochen. So lange ist es sinnvoll zusätzlich Medikamente einzunehmen, um die Symptome schnell zu bekämpfen. Welche Arzneimittel kommen hier in Frage?
Kampf gegen den Schmerz
Kortison-Präparate ahmen das körpereigene Hormon Kortisol nach. Sie stellen eine weitere Medikamentengruppe dar und werden in Tablettenform eingenommen. Kortison-Medikamente helfen schnell und dienen oft als Therapieergänzung zu Basismedikamenten. Daneben gibt es noch die Gruppe der kortisonfreien Entzündungshemmer, wie beispielsweise Ibuprofen. Im Gegensatz zu Basismedikamenten, wirken kortisonfreie Entzündungshemmer nur wenige Stunden und müssen in regelmäßigen Abständen neu eingenommen werden, um die Entzündung zu lindern. Diese Medikamentengruppe wird oft bei Arthrose-Patienten eingesetzt. Die letzte Gruppe repräsentiert reine Schmerzmittel – Analgetika. Sie haben keinen Einfluss auf die Entzündung, sondern bekämpfen nur den Schmerz. Paracetamol und Novalgin gehören zu den klassischen Analgetika und werden bei nicht entzündlichen rheumatischen Erkrankungen eingesetzt.
Eine Alternative?
Die fünfte und letzte Medikamentengruppe ist die Gruppe der Biologika. Die sogenannte biologische Therapie greift gezielt in körpereigene Vorgänge ein. Biologika sind technisch hergestellte Eiweißstoffe und die Anwendung erfolgt durch eine Spritze. Biologika wirken zwar effektiver als klassische Basismedikamente, schwächen jedoch das Immunsystem, sodass die Patienten während der Therapie anfälliger gegenüber Infektionen sind.
Rheumabehandlung als Puzzle
Die unterschiedlichen Krankheitsformen, sowie der individuelle Verlauf erschweren die Diagnose und die damit verbundene Therapie, denn bei allen rheumatischen Erkrankungen ist sowohl die Diagnose, als auch die Behandlung, eine Summe aus verschiedenen Bausteinen. Der Rheumatologe muss, wie bei einem Puzzle, bei jedem Patienten die Stücke neu zusammensetzen.