Eigentlich setzt das Tierschutzgesetz einen klaren Rahmen in Bezug auf Qualzucht: Die Zucht von Tieren, deren Nachkommen erwartbar von Leiden, Schmerzen und Schäden betroffen sind, wird als Qualzucht bezeichnet und ist gemäß §11b des Tierschutzgesetzes in Deutschland verboten.
Allerdings fehlt es an einer rechtlich bindenden Konkretisierung, die etwa Merkmale und Rassen definiert – entsprechend bleiben das Verständnis von Qualzucht Auslegungssache und die Zucht weit verbreitet. Die Bundesregierung will im Zuge der aktuellen Novellierung des Tierschutzgesetzes jetzt den Rechtsrahmen nachbessern, um dem Einhalt zu gebieten.
Klare Forderungen bringt dabei etwa Diana Plange ein, ehemalige Tierschutzbeauftragte von Berlin und Gründerin des Qualzucht Evidenz Netzwerks, das u. a. wissenschaftsbasierte Merkblätter zu Defekten von Qualzuchten erstellt und dabei von der Welttierschutzgesellschaft unterstützt wird. Sie erläutert: „Die Züchter von Hunderassen wie Mops, Französische und Englische Bulldogge, Boston Terrier, Affenpinscher oder Griffon Bruxellois wollen nicht einsehen, dass für die Tiere wirklich eine massive Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens besteht.“
Plange fordert u. a., dass eine Liste mit zuchtbedingtem Merkmalen erstellt werden müsse, die als Qualzucht zu bewerten sind, damit rechtssicher gegen die Problematik vorgegangen werden kann. Für die Durchsetzung des Rechtsrahmens hält sie auch Werbe-, Verkaufs- und Haltungsverbote für Qualzuchten für unbedingt erforderlich, damit die Qualen, das Leid und die Schmerzen der Tiere nicht weiter verharmlost werden können.
Ein Bereich, der nach Ansicht der Welttierschutzgesellschaft (WTG e. V.) dabei dringend mit in den Blick genommen werden muss, sind die sozialen Netzwerke. Denn Qualzuchten und ihre Leiden werden dort oftmals gänzlich unkritisch dargestellt, was einen erheblichen Anteil an der Beliebtheit der Tiere haben könne.
Untersuchungen belegen Qualzucht-Problematik in sozialen Netzwerken
Eine Auswertung der Welttierschutzgesellschaft von 200 Qualzucht-Beiträgen in den Netzwerken Instagram und Facebook aus dem Jahr 2023 hat das belegt. Werden Tiere der Rasse Mops oder aus der Gruppe der Nacktkatzen dargestellt, bleibt deren Leid nahezu immer unerwähnt. Bei Möpsen äußern sich die zuchtbedingten Probleme beispielsweise in dauerhaften Atemproblemen durch ihre kurzen Schnauzen, bei Nacktkatzen durch das Fehlen von Haarkleid und Tasthaaren, was eine erhebliche Behinderung für ein artgerechtes Verhalten darstellt.
Nur drei aus 200 Beiträgen verwiesen auf diese Qualzucht-Problematik. Fast immer fanden sich unter den entsprechenden Beiträgen positive, teils verherrlichende Kommentare und Äußerungen, die ein wachsendes Interesse an den Tieren bzw. der Rasse verdeutlichten.
Die Welttierschutzgesellschaft fordert im Rahmen der Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ deshalb ein entschlossenes Handeln sowohl von den Netzwerken als auch der Politik, um der unkritischen Darstellung von Tierleid wie Qualzucht in sozialen Netzwerken zu begegnen.
Der Verein appelliert zudem an Halterinnen und Halter von Qualzuchten: „Zu einem verantwortungsbewussten Umgang im Sinne des Tierschutzes zählt, dass alle Inhalte mit Qualzuchten einen kritischen Hinweis enthalten sollten, der über mögliche Krankheiten, Qualen, Schmerzen oder Leiden des Tieres und die Problematik dieser Zucht informiert. Nur so kann ein Beitrag geleistet werden, dass Qualzuchten keine weitere Nachfrage erfahren“, erklärt Wiebke Plasse, Leiterin Kommunikation bei der WTG.
Keine Reichweite für Qualzucht-Beiträge
Nach Empfehlung der Welttierschutzgesellschaft können auch Nutzerinnen und Nutzer, die Inhalte mit Qualzuchten sehen, dabei helfen. Es gelte, die Beiträge zu ignorieren, um ihnen keine zusätzliche Reichweite zu verschaffen. Dabei gibt Wiebke Plasse zu bedenken: „Selbst mit einer Negativreaktion verschaffen Nutzerinnen und Nutzer den Beiträgen eine größere Reichweite, weshalb unbedingt auf eine etwaige öffentliche Reaktion verzichtet werden sollte.“
Die einzig richtige Handlung in Bezug auf Tierleid-Inhalte sei nach dem Motto „Keine Likes für Tierleid“ das Ignorieren und konsequente Melden an die Moderations-Teams der Netzwerke, die angehalten sein sollten, Tierleid-Inhalte wie Qualzucht-Posts zu löschen.
Die Forderungen an die Netzwerke die und Politik für ein konsequentes Handeln in Bezug auf Tierleid-Inhalte in sozialen Netzwerken können Interessierte durch eine Petitions-Unterschrift unterstützen: https://welttierschutz.org/petition-tierleid-stoppen.
Weitere Informationen u. a. zur rechtlichen Situation von Qualzucht ebenso wie häufige Ursachen von Leiden und Schmerzen von Heimtieren stehen unter https://welttierschutz.org/qualzucht/ bereit.