Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Wissenschaftler vermuteten seit längerem, dass es auf dem Titan flüssiges Methan, Ethan oder andere leichte Kohlenwasserstoff-Verbindungen gibt. Allerdings ist die Titanatmosphäre so dicht, dass mit gewöhnlichen Kameras nur ein verschwommener Blick auf die eisige Oberfläche des Mondes möglich ist.

Foto: NASA / JPL /University of Arizona / Space Science Institute

Raumsonde Cassini: Einblick in die eisige Welt des Saturns

Seit zehn Jahren lässt der Saturnorbiter „Cassini“ die Menschheit an faszinierenden Phänomenen aus der Umlaufbahn des Saturns teilhaben: Die filigrane Struktur der Saturnringe, Eisfontänen, die der Saturnmond Enceladus ins All schießt, oder Methanwellen auf dem Saturnmond Titan.

Der Saturn ist wie ein Sonnensystem im Kleinen“, erklärt Prof. Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institut für Planetenforschung. Anfang Juli 2004 erreichte das sechs Tonnen schwere Raumfahrzeug die Welt des Ringeplaneten.

Nach einem nahen Vorbeiflug an dem kleinen Mond Phoebe musste die Sonde in einem gewagten Manöver zunächst stark abbremsen, ehe sie in eine Umlaufbahn lenken konnte. Die Ingenieure der NASA nutzten hierzu die Anziehungskraft des riesigen Gasplaneten und steuerten die Sonde durch eine der großen Lücken in den Ringen, um dann den Saturn ein erstes Mal zu umrunden. Von da an war Cassini im Schwerefeld des Planeten „gefangen“ und ist seit dem 1. Juli 2004 der erste künstliche Satellit des Saturns.

DLR-Planetenforscher kartieren die großen Eismonde

Seither widmen sich die Wissenschaftler der Erkundung des Planeten, seiner Ringe und den über 50 Eismonden. Auf der Grundlage der hochaufgelösten Kamerabilder von Cassini kartieren sie die großen Eismonde Rhea, Dione, Iapetus, Tethys, Mimas, Enceladus und Phoebe. Lediglich Titan, der größte der Saturnmonde, entzieht sich den Blicken der Cassini-Kamera: Mit einem Durchmesser von 5.150 Kilometern ist er – nach dem Jupitermond Ganymed – der zweitgrößte Mond im Sonnensystem.

Seine dichte Atmosphäre aus Stickstoff und Kohlenwasserstoffen lässt keinen scharfen Blick auf seine Oberfläche zu. Allerdings gelingt es mit Radar und Infrarotspektrometer, Signale von der Oberfläche aufzufangen. Die europäische Weltraumorganisation ESA hat eigens zur Erforschung des Titans die Landesonde Huygens für die Mission entwickelt. Am 15. Januar 2005 schwebte sie an Fallschirmen durch diese fremdartige Atmosphäre und landete auf der minus 180 Grad Celsius kalten Eiskruste von Titan – ein Meilenstein in der Geschichte der unbemannten Raumfahrt.

Regen und Seen von flüssigen Kohlenwasserstoffen

Aus den eisigen Wolken des Titans regnet es Methan und Ethan. Diese Kohlenwasserstoffe werden bei Temperaturen von minus 182 Grad Celsius flüssig, also weit unter dem Schmelzpunkt von Wasser. Während des Landeanflugs entdeckte Huygens ein verästeltes Talsystem: Hinweis auf Niederschläge, die auf der Titanoberfläche abflossen und sich in Niederungen zu stehenden Gewässern sammelten. In den darauffolgenden Jahren entdeckten die DLR-Planetenforscher anhand von Reflexionen eine Oberfläche, die wie ein Spiegel wirkte: Es war der erste See auf einem anderen Körper des Sonnensystems, gefüllt mit gefrorenen Kohlenwasserstoffen – eine kleine wissenschaftliche Sensation.

Die DLR-Wissenschaftler konnten auch Flusssysteme identifizieren, die auf der Oberfläche Talsysteme einschneiden und sich in Vertiefungen zu großen stehenden Gewässern sammeln. „Inzwischen ist klar, dass es – abhängig von der Jahreszeit, Methan und Ethan regnet, das als Flüssigkeit über die Oberfläche fließt und wieder verdampft“, erläutert Ralf Jaumann. „Titan hat einen Flüssigkeitskreislauf wie die Erde, der aber wegen der tiefen Temperaturen nur sehr langsam abläuft; dies gilt auch für die damit verbundenen chemischen Prozesse.“

Fontänen von eisigem Vulkanismus auf Enceladus

Eine der verblüffendsten Entdeckungen gelang jedoch an einem der kleineren Trabanten, die den Saturn umgeben: Der nur 500 Kilometer große Eismond Enceladus presst Wasser aus Hohlräumen unter der Eiskruste an die Oberfläche und stößt sie in Fontänen aus. Die Kräfte, die diesen Überdruck erzeugen, sind noch nicht restlos verstanden, denn Enceladus müsste aufgrund seiner geringen Größe eigentlich vollständig durchgefroren sein. Die Wasserpartikel gefrieren nach ihrem Austritt aus den mehrere hundert Kilometer langen Spalten am Südpol sofort und rieseln zum einen als kleine Eisflöckchen auf die Oberfläche von Enceladus nieder. Zum anderen verlassen sie das geringe Schwerefeld des Mondes und speisen den hauchdünnen E-Ring, der den Saturn weit außerhalb der Hauptringebene umgibt. Die Existenz von Wasserreservoir unter der Eiskruste von Enceladus reiht diesen kleinen Himmelskörper ein in die kurze Liste der Monde im Sonnensystem, auf denen Wasser unter einer Eiskruste vorhanden sein dürfte. Neben Enceladus kann man sich das auch bei Titan sowie den Jupitermonden Ganymed und Europa und dem Zwergplaneten Ceres vorstellen. Prof. Jaumann: „Das macht diese Monde neben dem Planeten Mars, auf dem es zumindest früher einmal größere Mengen von Wasser gegeben hat, interessant hinsichtlich der Frage, ob es noch wo anders als auf der Erde im Sonnensystem zur Entwicklung von Lebensformen gekommen ist, zumindest in primitiver Form.“

Die Mission

In den zehn Jahren seit Missionsbeginn haben die etwa 250 unmittelbar beteiligten Wissenschaftler mit ihren Teams den Saturn, seine Ringe und Monde aus allen Blickwinkeln untersucht. Noch bis 2017 wird die Mission von der NASA fortgeführt, ehe die Sonde dann planmäßig in die Wolken des Planeten stürzen wird. Die Mission Cassini-Huygens ist ein gemeinsames Projekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der italienischen Raumfahrtagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena (Kalifornien) führt die Mission für das Wissenschaftsdirektorat der NASA durch. Der Cassini-Orbiter wurde am JPL entworfen, entwickelt und gebaut.

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