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Roopkund: Welches Geheimnis birgt der See der Skelette?

Foto: Wikimedia Commons / Ashokyadav739 / CC BY-SA 4.0

Roopkund: Welches Geheimnis birgt der See der Skelette?

Der indische Ranger Hari Kishan Madhwal spürt, wie sich seine Nackenhaare aufrichten. Ein kalter Schauer läuft ihm den Rücken hinunter. Er steht im Jahr 1942 am Rande des Roopkund ...

Hoch oben im Himalaja, auf 5000 Metern Höhe, liegt ein kleiner, abgelegener Gebirgssee, der in völliger Abgeschiedenheit von schroffen Gipfeln und steilen Felswänden umgeben ist. Hier herrscht Stille, nur unterbrochen vom pfeifenden Wind und dem fernen Knirschen des Gletschers.

Der geheimnisvolle See im Himalaja

Der See wirkt auf den ersten Blick unscheinbar, wie ein gläserner Spiegel inmitten der rauen Landschaft. Doch am Rand des Wassers, wo die Wellen leise ans Ufer schlagen, erkennt man von Weitem etwas, das dort nicht hingehören zu scheint.

Als der erfahrene Ranger Madhwal sich nähert, bleibt er wie angewurzelt stehen. Es sind menschliche Überreste, unzählige Schädel und Knochen, bleich und ausgewaschen von der Sonne und den kalten Bergwinden. Auf etwa 300 Skelette schätzt Madhwal den unheimlichen Fund. Doch was könnte solch ein Massengrab in dieser einsamen Höhe erklären? Die Gedanken schießen ihm durch den Kopf, während er die Knochen inspiziert. Eine Tragödie? Ein Massaker? Eine vergessene Expedition?

Die Theorie aus Großbritannien

Die britischen Kolonialherren, die von dem Fund hören, entwickeln bald eine Theorie: Sie glauben, es könnte sich um eine japanische Sondereinheit handeln, die zu Beginn des Zweiten Weltkriegs heimlich über die Berge nach Indien eingedrungen war, um Sabotageakte zu verüben. Eine plausible Erklärung – doch die Wahrheit ist weitaus rätselhafter.

Als die Knochen einer Radiokohlenstoffdatierung unterzogen werden, ergibt die Analyse ein überraschendes Ergebnis: Die Überreste sind mehr als 1000 Jahre alt. Statt Antworten zu liefern, wirft der Test nur noch mehr Fragen auf. Was könnte diese Menschen damals hierhergeführt haben, und vor allem: Was hat sie getötet?

Der Roopkund-See wird fortan nur noch „Skelettsee“ genannt. Die Einheimischen meiden ihn, sprechen hinter vorgehaltener Hand von einem verfluchten Ort, von Geistern und Dämonen, die in den kalten, dunklen Wassern hausen. Über sechs Jahrzehnte bleibt das Rätsel ungelöst, die Knochen erzählen ihre Geschichte nur dem eisigen Wind. Erst im Jahr 2004 brechen Wissenschaftler der renommierten Oxford University auf, um dem Geheimnis des Skelettsees ein für alle Mal auf den Grund zu gehen.

Moderne Technologie auf Spurensuche

Mit neuester Technologie untersuchen sie die Überreste erneut. Die Forscher datieren den Todeszeitpunkt auf das Jahr 850 n. Chr. – und entdecken schließlich auch die grausame Todesursache: Jeder Einzelne dieser Menschen starb durch brutale Schläge auf den Schädel. Doch es waren keine Waffen, die diese Verletzungen verursachten. Die Schuldigen sind tennisballgroße Hagelkörner, die in einem unerwarteten Eissturm wie tödliche Geschosse vom Himmel fielen. Im ungeschützten Tal fanden die Reisenden keinen Unterschlupf, und das Hagel-Inferno wurde ihnen zum Verhängnis.

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