Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Schwarze Todesboten: Warum haben Raben einen so schlechten Ruf?

Foto: Envato / CreativeNature_nl

Schwarze Todesboten: Warum haben Raben einen so schlechten Ruf?

Früher galten Raben als Boten von Tod und Unglück. Viele düstere Legenden rankten sich um die schwarzgefiederten Tiere. Inzwischen ist bekannt, dass Raben zu den intelligentesten Singvögeln zählen.

Keinem anderen Vogel wurden so häufig übernatürliche Kräfte nachgesagt. In vielen Geschichten taucht der Kolkrabe, die größte Art unter den Rabenvögeln, als Begleiter von Hexen und Zauberern auf. Die Gründe sind vermutlich die schwarze Farbe seiner Federn und seine dunkle, krächzende Stimme.

Aus Furcht haben ihn die Menschen gejagt, bis er fast ausstarb. Der angeblich schlechte Charakter des großen Vogels wurde sogar sprichwörtlich, zum Beispiel „Klauen wie ein Rabe“ oder „Rabeneltern“.

Über das wahre Wesen dieser Tiere wissen Forscher heute wesentlich mehr: Raben sind neugierig, listig und sehr verspielt. Und sie haben einen ausgeprägten Familiensinn. Ihren Nachwuchs umsorgen sie mit großer Hingabe und ihrem Partner sind sie ein Leben lang treu.

Mythen und Aberglaube

Den Indianern Nordamerikas gilt der Rabe als heilig. Nach ihrem Glauben ist der schwarze Vogel der höchste göttliche Schöpfer. Auch in anderen Kulturen hat die Rabenverehrung Tradition. Eine große Rolle spielten die Vögel zum Beispiel in den Mythen der Germanen: So sitzen auf den Schultern des germanischen Kriegsgottes Odin die Raben Hugin und Munin – als Symbole für Gedanken und Erinnerung.

Im Mittelalter prägten vor allem abergläubische Vorstellungen das Bild des Raben. Er galt sogar als Todesbote, weil er oft auf Schlachtfeldern zu sehen war. Viele Märchen und Geschichten rankten sich um den düsteren, unheilvoll krächzenden Vogel.

Die Raben von London

Die Raben im Tower von London haben eine große Verantwortung: Nach einer Legende wären die Briten ohne die Vögel ihren Feinden schutzlos ausgeliefert. Das Königreich würde unweigerlich untergehen. Inzwischen leben die Raben seit mehr als 900 Jahren im Tower, und auch heute noch will man kein Risiko eingehen. Die Vögel haben eigene Wärter, die für ihr Wohl verantwortlich sind – und dafür sorgen, dass die Raben nicht wegfliegen können. In einem schmerzfreien Verfahren stutzen sie die Flügel der Tiere und machen sie so flugunfähig. Der Respekt der Briten vor den Raben ist so groß, dass sie diese nach ihrem Tod in einem speziellen Grab bestatten.

Schlimmer Rufmord

Bösartige Gerüchte haben dazu geführt, dass die Raben fast ausgerottet wurden. Lange Zeit hielt sich zum Beispiel die Vorstellung, dass Raben Schafherden überfallen und Jungtiere töten. Auch andere Singvögel gehörten angeblich zu ihren Opfern. In der Folge wurden die mutmaßlichen Schädlinge erbarmungslos gejagt. Inzwischen konnten Experten die Schauergeschichten eindeutig widerlegen.

Über 80 Jahre lang gab es fast keine Raben mehr in Deutschland. Seit einigen Jahrzehnten wächst der Bestand wieder. Nach erfolgreichen Auswilderungen leben zurzeit mehr als 5000 Kolkraben in deutschen Wäldern.

Klug und treu

Winterzeit ist für viele Tiere Hungerzeit. Auch die Raben müssen um ihr Überleben kämpfen. Doch sie wissen sich zu helfen. Sie halten sich in der Nähe von Wolfsrudeln auf und beobachten sie beim Jagen. Sind die Wölfe erfolgreich, nähern sich die Vögel der Beute. Da Raben auch Fleisch fressen, wartet hier eine üppige Mahlzeit auf sie. Wenn die Wölfe ihren Hunger gestillt haben, können sich die großen Vögel gefahrlos satt fressen.

Für Experten ist diese Vorgehensweise ein Zeichen von hoher Intelligenz. Auch ein anderes Verhalten beweist, wie schlau Raben sind: Sie spielen. Meistens mit ihren Artgenossen, gerne aber auch mit glänzenden Gegenständen. Manchmal können sie nicht widerstehen und nehmen das Spielzeug mit in ihr Nest.

Für immer und ewig

Raben nehmen es bei der Partnerwahl sehr genau – schließlich gilt diese Entscheidung für ein ganzes Leben. Nur wenn sich ein Paar in der Luft gut versteht, hat die Beziehung eine Chance. Fliegen beide im selben Rhythmus, ist die Verbindung besiegelt.

Raben sind – ganz im Gegensatz zu ihrem Ruf – gute Eltern. Einmal im Jahr bekommen sie Nachwuchs und versorgen bis zu sechs Küken. Nach ungefähr 40 Tagen werden die Jungtiere flügge und starten ihre ersten Flugversuche. Da die jungen Raben leichte Beute für Eulen und Wildtiere sind, bleiben die Eltern immer in der Nähe des Nests – und attackieren jeden Angreifer.

Der schwarze Riese

Mit 60 Zentimetern Höhe ist der Rabe oder Kolkrabe der Riese unter den Rabenvögeln (zu denen auch Krähen, Dohlen, Häher und Elstern zählen). In seiner Größe ist er Raubvögeln wie dem Bussard vergleichbar. Außerdem hält der Kolkrabe noch einen weiteren Rekord: Er ist auch der größte Singvogel.

Kaum ein anderer Vogel ist so anpassungsfähig. Kolkraben leben auf fast allen Kontinenten und in unterschiedlichsten Klimazonen. Was ihre Nahrung betrifft, sind die Tiere nicht wählerisch. Sie sind Allesfresser. Kolkraben werden oft mit Krähen verwechselt. Doch der schwarze Riese überragt seinen kleineren Verwandten um ungefähr 15 Zentimeter.

 

Welt der Wunder - Die App

Kostenfrei
Ansehen