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Seltsame Angriffe: Warum Orcas kleine Boote attackieren

Es klingt ein bisschen wie der Rachefeldzug der Wale aus Frank Schätzings Roman „Der Schwarm“ … Im Juli 2020 etwa umzingelten neun Orcas in der Straße von Gibraltar ein Segelboot und rammten es wiederholt. Erst nach einer Stunde zogen sich die zu den Delfinen zählenden Meeressäuger zurück. Die Crew blieb unverletzt, Steuerruder und Motor des Boots waren jedoch zu Bruch gegangen. Die Deutsche Stiftung Meeresschutz erklärt das eigenartige Phänomen.

Die Attacken auf Boote vor den Küsten Spaniens und Portugals und an der Straße von Gibraltar durch Orcas sind völlig untypisch und geben Anlass zu vielerlei Spekulationen. Kleinere und mittelgroße Segelboote in langsamer Fahrt scheinen sie besonders „anzuziehen“. Bekannt war bislang ein einziger Fall von 1972 vor den Galapagos-Inseln. Damals versenkte eine Orca-Gruppe das Holzsegelboot einer englischen Familie. Möglicherweise handelt es sich bei den Orca-Attacken um reines Spielverhalten, z. B. als Angriffstraining für die Kälber. Vielleicht sind es Stressreaktionen, ausgelöst durch Nahrungsmangel oder zu hohe Lärmbelastungen. Ob es sich um ein gezieltes „Beschädigen-Wollen“ handelt, ist Spekulation, auch wenn Orca-Experten es für durchaus wahrscheinlich halten, dass diese intelligenten Tiere mit der Zeit gelernt haben, wozu das Ruder eines Bootes dient. Schließt man Spielverhalten/Training aus, dann ist die Körpersprache der Tiere eindeutig. Sie fühlen sich massiv gestört und sie drücken ihren „Unwillen“ dadurch aus, dass sie in für sie attackierbare Objekte des Schiffskörpers wie das Ruder beißen. Damit wollen sie erreichen, dass sich die Boote aus ihrem Lebensraum entfernen.
Orca-Angriffe: Rache oder Umweltbelastungen?
Eine andere Theorie besagt, dass die Tiere auf einer Art „Rachefeldzug“ sind, nachdem zwei Weibchen aus ihrer Gruppe durch Fischer verletzt worden seien. Auch die Coronapandemie wird als Ursache ins Spiel gebracht. Nachdem es viele Monate sehr ruhig ihrem Lebensraum war, könnte der wieder zunehmende Schiffsverkehr Auslöser dieser ungewöhnlichen Aggressivität gewesen sein. Als weitere mögliche Ursache kann man auch Infektionen oder Vergiftungen mit Umweltgiften wie PCB nicht gänzlich ausschließen. Die etwa 50 Individuen zählende Gibraltar-Populationen steht generell unter starkem Stress durch den hier herrschenden Schiffsverkehr, durch Lärm, Verschmutzung und Überfischung. Immer wieder kommt es auch zu Konflikten mit Fischern, die mit den Delfinen um ihre Lieblingsbeute, den Roten Thunfisch, konkurrieren. Bislang zeigten sich diese Orcas allerdings sehr friedfertig und werden regelmäßig von Whalewatching-Anbietern von Juli bis Anfang September besucht. 
Im Fall der Fälle: Verhaltenstipps
Die Tiere sollte man auf keinen Fall mit Gegenständen bewerfen, oder nach ihnen schlagen, um sie so zu vertreiben. Bei einem Nachtangriff Ende März 2021 vor der marokkanischen Küste behalf sich die Crew beispielsweise mit dem Entzünden einer roten Seenotfackel. Also scheinen Lärm und grelles Licht dazu geeignet, die Tiere zu verjagen. Trifft man beim Segeln auf Orcas, so empfiehlt das spanische Verkehrsministerium, soweit dies möglich ist und man sich damit nicht in Gefahr begibt: Motor ausschalten, Segel einholen, Steuerruder auf Kurs lassen, Echolot ausschalten.
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