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Sind chiropraktische Behandlungen ohne Wirkung?

Foto: iStock / karelnoppe

Sind chiropraktische Behandlungen ohne Wirkung?

Chiropraktik ist eine alternative Behandlungsmethode, die darauf abzielt, die Beweglichkeit der Gelenke − besonders an der Wirbelsäule − wiederherzustellen. Jedoch ist die Behandlung umstritten, da der medizinische Nutzen unklar ist.

„Ihre Gesundheit sollte Ihnen das doch wert sein – oder?“ So oder ähnlich werden Patienten in Deutschland immer wieder von Ärzten in der Sprechstunde überzeugt, sogenannte Zusatzleistungen oder Alternativbehandlungen auszuprobieren. Was die Ärzte dabei oft verschweigen: Der medizinische Nutzen dieser Behandlungen ist aus medizinischer Sicht unklar. Dennoch boomt das Geschäft mit den zweifelhaften Sondertherapien.

Welche Rolle spielt die Werbung?

Auffällig ist: Das Prinzip dahinter ist in den meisten Fällen identisch. Zuerst werden von der Industrie, von Verbänden oder Medizinern in sehr offensiven Kampagnen Millionen in Werbung und Marketing einer bestimmten Behandlungsmethode investiert – bis man praktisch aus dem Nichts einen neuen „Gesundheitstrend“ konstruiert hat. Der sorgt so lange für Gewinne, bis irgendwann die Forschung zu dem Trend aufschließt – und ihn schließlich mit Studien widerlegt oder in Frage stellt.

Ein Beispiel ist die Chiropraktik. Sie gilt unter Medizinern als die etwas sanftere Heilung – so jedenfalls wird sie den Patienten verkauft. Ihr Anspruch: mithilfe von gezielten Manipulationen der Wirbelsäule und durch einen ganzheitlichen Ansatz, der auch Ernährung und Verhaltenstherapie mit einschließt, diverse Krankheiten aus der Welt zu schaffen.

Mystische Prinzipien?

Doch spätestens 2008 geriet das Konzept der Chiropraktik ins Wanken. Einer der führenden Experten für alternative Behandlungsmethoden – Professor em. Edzard Ernst von der Universität von Exeter – kam damals in einer Übersichtsarbeit zu dem Schluss, dass chiropraktische Behandlungsmethoden auf „mystischen Prinzipien“ beruhen und wissenschaftlich nicht fundiert seien.

In einer anderen Studie überprüfte Professor Steven Paul Novella von der Yale University School of Medicine 27 Studien, die von der mächtigen British Chiropracticer’s Association (BCA) höchstselbst als Referenz für den medizinischen Nutzen chiropraktischer Behandlungsmethoden angeführt werden – und kam zu einem vernichtenden Urteil: „Das Beste, was die Liste zu bieten hat, sind schwache und schlecht designte Studien. Zudem ignoriert der Verband bessere, größere Studien, die auch negative Ergebnisse finden.“

Trends halten sich hartnäckig

Doch selbst wenn Wissenschaftler den fehlenden Nutzen eines Gesundheitstrends bewiesen haben, wird er noch lange nicht aufgegeben. Die Vergangenheit zeigt, dass die Schöpfer solcher Trends bis zuletzt um ihre lukrativen Gesundheitsprogramme kämpfen. Dieses letzte Zucken eines Gesundheitstrends erkennt man dann vielleicht an der Art, wie darum gestritten wird: nicht mithilfe unabhängiger Forschung oder der sachlichen Kontroverse – sondern mit Anwälten und Imageberatern …
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